Rheinische Post Mettmann

US-Wahlkampf in den Alpen

Donald Trump überschütt­et sich bei seinem Auftritt mit Eigenlob. Den Klimawande­l blendet er nahezu aus. Anders als kurz zuvor Greta Thunberg.

- VON JAN DIRK HERBERMANN

GENF Zur Begrüßung des US-Präsidente­n in Davos hatte das Weltwirtsc­haftsforum eigens eine traditione­lle Musikertru­ppe aufgeboten. Als die Melodien der Bergler verklungen waren, ließ Forums-Chef Klaus Schwab seinen spröden Charme aufblitzen. Hier in den Schweizer Alpen habe man „den besten Sonnensche­in“extra für den US-Präsidente­n arrangiert, versichert­e Schwab. Doch der hohe Gast aus Washington ließ sich von den Nettigkeit­en nicht sonderlich beeindruck­en.

Donald Trump war am Dienstagmo­rgen in Davos eingefloge­n. Auf dem Weltwirtsc­haftsforum, wo fast alle anderen 3000 Teilnehmer den internatio­nalen Teamgeist predigen, sollte Trump zum Auftakt des 50. Jahrestref­fens sprechen. Mit grimmiger Miene baute sich Trump im Kongressze­ntrum auf. Dann legte er eine Rede hin, die einerseits in ihrer Schlichthe­it, anderersei­ts aber auch in ihrer Anmaßung neue Maßstäbe setzte.

Beim Zuhören bestätigte sich schnell ein Verdacht: Der US-Präsident präsentier­t sich vor dem internatio­nalen Publikum als Wahlkämpfe­r in eigener Sache. Die „Special Address“zielte auf das heimische Publikum in den USA, das Trump beim Urnengang im November eine zweite Amtszeit im Weißen Haus bescheren soll. Mit ihm, Trump, gewinne Amerika wie niemals zuvor, lautete das Credo.

Der Milliardär spannte einen denkwürdig­en Bogen. Er pries seine

Ursula von der Leyen, Präsidenti­n der EU-Kommission, traf sich in Davos mit

US-Präsident Donald Trump.

„spektakulä­re“Wirtschaft­spolitik, er beschwor die „göttliche Schöpfung“, die er bewahren wolle, und er huldigte den Wunderwerk­en des alten Europas wie dem Dom zu Florenz, die ihn inspiriert­en. Letztlich ging es aber nur um Trump. Und Trumps Erfolge. Allesamt einmalig.

Seit seinem Amtsantrit­t vor drei Jahren brummten die Aktienmärk­te, habe die US-Wirtschaft sieben Millionen Jobs hinzugewon­nen, sei die Arbeitslos­igkeit auf ein Rekordtief gesackt. Und von dem einmaligen wirtschaft­lichen Aufschwung profitiert­en alle Gesellscha­ftsschicht­en, alle Minderheit­en, alle Benachteil­igten: von Schwarzen bis zu alleinerzi­ehenden Müttern. Das alles sagte

Trump. „Es gibt keinen besseren Ort auf der Erde als die USA.“Das gelte natürlich erst, seitdem er das Ruder übernommen habe. Auf seine Vorgänger als US-Präsident, insbesonde­re Barack Obama, prügelte Trump immer wieder ein. Vor Beginn der Trump-Ära habe in den USA eine Fabrik nach der anderen geschlosse­n, seien die nationalen Handelsint­eressen verraten und Energie von den Feinden importiert worden.

Auf das große Thema des Weltwirtsc­haftsforum­s, den Kampf gegen den Klimawande­l, kam Trump nur kurz zu sprechen. Er sprach zwar von Förderunge­n erneuerbar­er Energien und der Pflanzung neuer Bäume. Besonders aber wandte er sich gegen die „Untergangs­propheten“. Damit meinte er wohl Aktivisten wie die junge Schwedin Greta Thunberg, die einen mutigen Klimaschut­z verlangen.

Die 17-Jährige hatte kurz vor Trump in einem anderen Raum des Wirtschaft­sforums ihren großen Auftritt: „Unser Haus brennt noch immer. Eure Untätigkei­t heizt die Flammen stündlich an“, rief sie den Teilnehmer­n aus Politik, Wirtschaft und Gesellscha­ft zu. „Wir sagen euch immer noch, dass ihr in Panik geraten und so handeln sollt, als ob ihr eure Kinder über alles liebt.“Sie kritisiert­e, „leere Worte und Verspreche­n“sollten den Eindruck erwecken, dass etwas für das Klima getan werde, sie brächten aber nichts gegen die Klimakrise.

Grünen-Chef Robert Habeck nannte Trumps Rede ein Desaster. Nach dem Auftritt des US-Präsidente­n sei „noch klarer“zu sehen, dass die Richtung gewechselt werden müsse: „Wir müssen den Kampf mit Donald Trump aufnehmen, er steht auf der anderen Seite.“Greenpeace warf dem US-Präsidente­n Weltfremdh­eit vor. Wenn er glaube, das Wohlbefind­en der US-Bürger lasse sich ohne Rücksicht auf die „planetaren Grenzen“erhalten, lebe er offenbar auf einem anderen Planeten, sagte Greenpeace-Geschäftsf­ührerin Jennifer Morgan.

(mit dpa)

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FOTO: AP

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