Rheinische Post Mettmann

Licht, Luft und Sonne für alle

„Wem gehört die Stadt?“So lautete die Frage beim jüngsten Bürger-Dinner-Spezial.

- VON DANINA ESAU

Jeder Mensch braucht Licht, Luft und Sonne, das wusste Architekt und Stadtplane­r Le Corbusier vor hundert Jahren schon. Er beschäftig­te sich damals mit der immensen Wohnungsno­t nach dem Ersten Weltkrieg. Heute ist seine These immer noch aktuell; bezahlbare­n Wohnraum für alle Bevölkerun­gsgruppen zu schaffen und zu sichern, das ist wohl die soziale Frage des 21. Jahrhunder­ts. Und es war Thema des Bürger-Dinner-Spezials, das ausnahmswe­ise nicht im Jungen Schauspiel­haus stattfand. Zum Jubiläum zog die Café-Eden-Crew mit ihrem Programm an den Gründgens-Platz und erprobte das neue Foyer als öffentlich­en Raum für alle.

„Wem gehört die Stadt?“– mit dieser Frage beschäftig­ten sich die vier Redner in ihren Kurzbeiträ­gen, die anschließe­nd bei Wein, Bruschetta, Pasta und Schokolade­ntarte von den Bürgern diskutiert werden sollten. Den Anfang machte Stadtsozio­loge Reinhold Knopp, der die

Aufteilung der Stadt anhand eines Monopoly-Bretts erklärte. Auch das Spiel beschäftig­t sich mit der Frage, wem eine Stadt eigentlich gehört. Stadtstraß­en, wie etwa die Schlossall­ee, werden wie wirtschaft­liche Güter behandelt, deren Wert über die Lage bestimmt wird. Schlagwort Top-Down Gentrifizi­erung: Flingern ist ein gutes Beispiel dafür: früher lebten hier Künstler, heute reihen sich die Hotels, gebaut wird im Hochpreiss­egment.

Oberbürger­meister Thomas Geisel hat jahrelang im Prenzlauer Berg gelebt, also dem Paradebeis­piel von Gentrifizi­erung. Zu Beginn sei der Stadtteil kunterbunt gewesen, inzwischen lebe dort eine homogene Masse aus Rechtsanwä­lten und Wirtschaft­sberatern. Einen Mietendeck­el einzuführe­n, so wie Berlin es geplant hat, ist seiner Meinung nach keine nachhaltig­e Lösung. Stattdesse­n brauchten wir mehr attraktive Sozialwohn­ungen, nicht nur am Stadtrand. Ein weiteres wichtiges Thema sprach er an: Airbnb. „Wenn eine Familie eine Wohnung in der Innenstadt einer beliebten Metropole hat und diese während ihres Urlaubs an Dritte vermietet, dann ist das völlig in Ordnung“, sagte er. Problemati­sch werde es nur, wenn Wohnungen dem Markt entzogen werden. Er fordert eine Meldepflic­ht der Plattformb­etreiber, um der Zweckentfr­emdung entgegenzu­wirken.

Von einer anderen Perspektiv­e näherte sich Barbara Kempnich, Leiterin der Bahnhofsmi­ssion. Sie brachte den Aspekt verschiede­ner Lebensentw­ürfe ein, mit dem vor allem Obdachlose konfrontie­rt werden. „Warum stören wir uns an Lebensmode­llen, die sich von unseren unterschei­den?“, fragte sie und appelliert­e an die Stadt: „Wer A sagt, muss nicht B sagen. Wir können mutig vorangehen.“

Frankonia-Chef Uwe Schmitz sah die Thematik etwas wirtschaft­licher: Die Stadt gehöre denen, die im Grundbuch stünden; Sinn und Zweck einer Stadt sei der Handel. Eine steile These, die vom Publikum angeregt diskutiert wurde.

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