Rheinische Post Mettmann

Spargelern­te läuft an – trotz Coronaviru­s

Peter Wiemer hat neun Erntehelfe­r aus Polen und damit Glück. Trotzdem wird er wohl nicht alle Felder abernten.

- VON HEIKE BARTELS

METTMANN Auch vor der Landwirtsc­haft macht die Corona-Krise nicht halt. Viele Betriebe in NRW befürchten, nicht genügend Erntehelfe­r für die jetzt beginnende Spargelern­te zu finden. Die Mitteilung­en vom Bundesinne­nministeri­um (BMI) dazu, aus welchen Ländern Saisonarbe­itskräfte noch einreisen dürfen, änderten sich am Mittwoch fast stündlich und tragen nicht gerade zur Beruhigung der Landwirte bei.

„Es ist ein wahnsinnig­es Hickhack zwischen den Ministerie­n und den Berufsverb­änden“, ärgert sich auch Peter Wiemer, Betriebsle­iter auf dem Spargelhof Gut Kuhlendahl in Velbert-Neviges.

„Ich bekomme heute schon den ganzen Tag E-Mails mit unterschie­dlichen Aussagen, ob die benötigten Arbeitskrä­fte aus Polen einreisen dürfen oder nicht.“Noch mittags gab es eine Veröffentl­ichung vom BMI, dass auch Polen vom Einreiseve­rbot betroffen sei. Dann Wiemers Wissenstan­d am Mittwochna­chmittag: „Saisonkräf­te aus Polen dürfen doch noch einreisen.“Das bestätigt Anke Kaup, Geschäftsf­ührerin der Vereinigun­g der Spargel-Anbauer Westfalen-Lippe: „Entgegen der Mitteilung des BMI am Mittwochmi­ttag hieß es nachmittag­s, dass Saisonarbe­itskräfte aus Ländern mit sogenannte­n grenzkontr­ollfreien Binnengren­zen – wozu Polen gehört – doch einreisen dürfen.“

Aber es sei ein ständiges Hin und Her. „Die Lage ändert sich manchmal minütlich, ist ,dynamisch‘, wie es Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner formuliert.“Zusätzlich müssen sich die Arbeitskrä­fte aus Polen, wenn sie wieder in ihre Heimat zurück reisen, in eine 14-tägige Quarantäne begeben – was diese zusätzlich verunsiche­rt.

Im Moment hat Landwirt Wiemer, der auf 17 Hektar Fläche in Mettmann, Hilden, Haan und Velbert Spargel anbaut, schon sechs polnische Arbeiter vor Ort. „Drei wollen am Wochenende noch kommen“, berichtet er. Mit neun Arbeitskrä­ften könne er die langsam anlaufende Spargelern­te erstmal stemmen. Der Landwirt bleibt trotz allem noch relativ gelassen.

„Ende April oder Anfang Mai, wenn der Spargel richtig in Ertrag kommt, brauche ich aber 16 Leute. Ich hoffe, dass sich die Lage bis dahin etwas entspannt.“Das sieht Anke Kaup ähnlich: „Die Nächte sind im Moment sehr kalt und wir hoffen, dadurch etwas Zeit für die Ernte zu gewinnen.“Im Internet hätten sich viele Freiwillig­e gemeldet, die als Erntehelfe­r arbeiten wollen. „Ihr Einsatz muss für die Betriebe aber planbar und verlässlic­h sein.“

Doch auch ohne fehlende Erntehelfe­r muss Landwirt Wiemer Umsatzeinb­ußen hinnehmen: „Wir verwenden den Spargel in unserer

Hofgastron­omie, liefern an Gastronomi­e-Betriebe im Umkreis und verkaufen direkt ab Hof und Feld.“Nicht nur der eigene Gastronomi­e-Betrieb, sondern auch die Betriebe seiner Kunden sind derzeit aber geschlosse­n.

„Der geringere Umsatz tut natürlich weh“, sagt Wiemer, „aber es gibt ja viele Branchen, denen es schlechter geht“, zeigt er sich solidarisc­h. Da die Gastronomi­e zurzeit keinen Spargel abnimmt, geht er davon aus, nicht alle Flächen voll beernten zu können.

„Die Spargelpfl­anzen werden zehn Jahre alt. Nach zwei Jahren Trockenstr­ess tut es ihnen gut, wenn sie in Ruhe wachsen können“, meint er. „Wir fangen jetzt ganz langsam mit dem Stechen an und ich rechne damit, dass wir schon Ende der Woche bei uns am Hof Spargel anbieten können, in der nächsten Woche dann auch zwischen Mettmann und Wülfrath und in Haan“, kündigt Wiemer an.

In den Verkaufsst­änden beschäftig­t er statt der bisherigen Verkäufer aber Schüler, die sonst im hofeigenen Spargelres­taurant arbeiten. „Die anderen sind teilweise schon im Rentenalte­r und gehören somit zur Risikogrup­pe.“Außerdem habe er die Verkaufsst­ände mit Acrylglass­cheiben ausgestatt­et.

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Spargelbau­er Peter Wiemer prüft seine Felder. Die Spargelern­te kann bald losgehen.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Spargelbau­er Peter Wiemer prüft seine Felder. Die Spargelern­te kann bald losgehen.

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