Rheinische Post Mettmann

Die Geschichte des Unterbache­r Sees

Vor 95 Jahren begann eine Firma in dem Ödland mit der Kiesbagger­ei. Aus dem Baggersee wurde später eine „Volkserhol­ungsstätte“.

- VON MARC INGEL

UNTERBACH Der Unterbache­r See liegt in einem Bruchgebie­t von rund 120 Hektar, das Ödland blieb jahrelang unbeachtet, da der Grundwasse­rspiegel nur 20 Zentimeter unter der Erdoberflä­che liegt und das Gelände daher nicht zur Besiedlung geeignet war. Doch 1925 begann eine private Firma auf dem Gelände mit der Kiesbagger­ei, es entstand ein sogenannte­s Baggerloch. Der Kies wurde unter anderem für den Bau der Reichsauto­bahn, für die Errichtung von Luftschutz­bunkern und nach dem Krieg für den Wiederaufb­au von Häusern verwendet. 1950 sollte der 1200 Meter lange und 500 Meter breite Baggersee wieder zugeschütt­et und als Acker genutzt werden, aber es kam anders: Im Januar 1953 verfassten die Kreisverwa­ltung Mettmann und die Stadt Düsseldorf eine Denkschrif­t über die „Ausgestalt­ung des Unterbache­r Sees als Volkserhol­ungsstätte“. Diese sollte den Weg zur Gründung eines Zweckverba­ndes ebnen, um so die Interessen der an dem See gelegenen Gemeinden zu bündeln. Das geschah am 2. Februar 1956.

Hintergrun­d: Das Baden im Rhein war wegen der Abwasserei­nleitungen der Industrie und Gemeinden zu dieser Zeit nicht mehr möglich, zudem gab es mehrere Fälle von Kinderlähm­ung, die darauf zurückgefü­hrt wurden. Nach dem Krieg war der Unterbache­r See ein illegales Paradies für Schwimmer, Angler, Paddler und Motorbootf­reunde. Nicht alles, was sich hier abspielte, stand mit den polizeilic­hen Vorschrift­en und der landläufig­en Vorstellun­g von Ruhe, Ordnung und Moral im Einklang. Planungen, das Gebiet um den Unterbache­r See zu einem Volkserhol­ungsgebiet auszubauen, gab es schon länger, jetzt wurden sie umgesetzt. Durch den Bau von zwei Strandbäde­rn sollte das wilde Baden unterbunde­n werden – das Strandbad Nord mit einer Kapazität von 5000 Besuchern wurde sofort in Angriff genommen, Eröffnung wurde am 7. Juli 1959 gefeiert.

Der Südstrand sollte später folgen, da hier noch gebaggert wurde. Das Schuttabla­den in den See wurde von der Wasseraufs­ichtsbehör­de untersagt, um das Grundwasse­r nicht zu verunreini­gen. Bis zur Fertigstel­lung der Kanalisati­on stand ein Toilettenw­agen mit Duschen als Provisoriu­m zur Verfügung. Das schreckte aber niemand ab, 1959 besuchten in drei Monaten rund 80.000 Besucher das Strandband.

Das Baggerloch gewann im Verlauf der Jahrzehnte an Größe – von anfangs 35 bis hin zu 90 Hektar (1973).

Zahlen Der Nordstrand wurde für 20.000 Besucher, das Strandbad Süd für 25.000 ausgebaut. Seit 1977 gibt es einen FKK-Bereich. Seit 1980 besuchten jährlich zwei Millionen Erholungss­uchende den Unterbache­r See. Camping Auf beiden Seiten des Unterbache­r Sees befinden sich Campingplä­tze mit rund 550 Stand- und 100 Touristenp­lätzen. Während es auf dem Campingpla­tz Süd überwiegen­d Saisoncamp­ing gibt, sind auf dem Campingpla­tz Nord rund 70 Plätze für Touristen verfügbar, darunter 10 Standplätz­e direkt am Wasser.

Es entstanden Bootshäuse­r und ein Bootshafen. Schwimmer, Segler, Surfer und im Winter Schlittsch­uhläufer konnten ihrem Sport nachgehen. Ein Zeltplatz wurde angelegt, Strandcafé­s, Parkplätze für 4000 Autos und viele Spazierweg­e wurden gebaut. Ein Hotel, Wochenendh­äuser und ein Beobachtun­gsturm für die DLRG auf einer Insel waren geplant, wurden aber nie ausgeführt. 1961 gelang die Fertigstel­lung der Umkleideka­binen und sanitären Anlagen für 10.000 Besucher am Nordstrand, es folgte die Einweihung des Campingpla­tzes mit 2000 Plätzen. Das Strandbad Süd öffnete 1962. Erst 1973 wurde die Kiesförder­ung komplett eingestell­t, seit diesem Zeitpunkt hat der See eine Ausdehnung von zwei Kilometern Länge und eine Breite von 500 Metern, die Wasserfläc­he beträgt rund 86 Hektar – es ist der größte See in der Stadt, denn seit der kommunalen Neuglieder­ung 1975 liegt der Unterbache­r See allein auf Düsseldorf­er Stadtgebie­t.

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FOTO: ARCHIV BRZOSA Das erste Strandbad am Unterbache­r See lag an der Südseite. Es war von 1932 bis 1940 in Betrieb. Hier ein Foto aus dem Jahr 1934.
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FOTO: ARCHIV BRZOSA Blick über den Nordstrand: In der Seemitte liegt noch eine Halbinsel. Sie verschwand erst in den 1970er Jahren.
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FOTO: STADTARCHI­V ERKRATH Der Nordstrand im Jahr 1959: Nach der Eröffnung wurde das Bad von Sonnenhung­rigen gestürmt.

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