„Ich möchte kein Abi, das wie geschenkt aussieht“
Die Abitur-Prüfungen werden verschoben. Nicht alle sind glücklich mit dieser Lösung, wie Reaktionen von Schülern, Eltern und Lehrern zeigen.
Florian Edel, 18, Gymnasium Kerpen: „Ich bin zufrieden, dass die Prüfungen verschoben und nicht abgesagt sind. Eine Lösung über das Durchschnittsabitur (Notenschnitt bisheriger Leistungen, Anm. d. Red.) hätte ich nicht gut gefunden. Gerade die Abiturprüfungen bieten für viele Schüler die Möglichkeit, sich zu verbessern. Außerdem hätte es sicherlich in Zukunft dazu geführt, dass unser Abitur weniger anerkannt worden wäre.“
Lisa König, 18, Märkisches-Gymnasium Schwelm: „Für den Anfang ist es erstmal eine sinnvolle Entscheidung. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass es in zwei oder drei Wochen schon wieder eine neue Regelung gibt und sich alles wieder ändert. Es ist für uns alle ziemlich frustrierend, nicht genau zu wissen, was ist. Keiner weiß genau, ob sich der Termin nicht noch weiter verschieben wird oder ob wir überhaupt Abitur machen können.“
Lauen Arif, 17, Rurtal-Gymnasium, Düren: „Die Verschiebung ist eine verantwortungsvolle Entscheidung, die nicht nur bei mir den Stresspegel senkt. Wir werden täglich mit neuen Informationen überschüttet. Durch die Verlängerung haben wir nun mehr Zeit und können uns besser vorbereiten. Viel besser fände ich, wenn es eine Wahloption gäbe, in der die Schüler individuell entscheiden könnten. So wäre es für jeden eine Win-Win-Situation.“
Sophie Halley, 18, Anne-Frank-Gesamtschule, Viersen: „Die Verschiebung ist eine Entlastung und geht in die richtige Richtung. Leider fehlt die von uns als Landesschüler*innenvertretung geforderte Auswahlmöglichkeit: Prüfungen schreiben oder Durchschnittsabitur. Beim Abitur geht es darum, auf den Punkt zu lernen, das ist aktuell nicht möglich. Noch gibt es keinen Klausurplan, und wie der Unterricht Ende April ablaufen soll, ist noch unklar.“
DÜSSELDORF Eltern und Lehrer in NRW haben die Verschiebung der Abiturprüfungen um drei Wochen überwiegend begrüßt. „Mit der Entscheidung, die Abiturprüfungen zu verschieben, wird verhindert, dass der diesjährige Abiturjahrgang eine Hochschulreife ‚light’ bekommt, deren Anerkennung und Akzeptanz zweifelhaft wäre“, sagte Sabine Mistler, Vorsitzende des Philologen-Verbands NRW. Damit sei gewährleistet, dass noch fehlende Vor-Abitur-Klausuren im Anschluss an die Osterferien geschrieben und Zulassungen erteilt werden können. Für die Schüler sei ebenso eine angemessene Vorbereitung auf die Abiturprüfungen sichergestellt. „Mit Sorge schauen wir auf den stark verkürzten Korrekturzeitraum, dieser kann zur Überbelastung von Lehrkräften führen“, so Mistler.
„Die Verschiebung ist richtig und verhindert ein Abi-Chaos“, sagte auch Andrea Heck, Vorsitzende des Elternvereins in NRW. Schüler bräuchten in dieser Ausnahmesituation Sicherheit und sollten nicht weiter Nachteile zu spüren bekommen. „Meistens bemühen sich die Schüler viel mehr für die Abi-Prüfungen als bei anderen Klausuren“, sagt Heck. Den Abiturienten diese Chance durch eine Absage zu nehmen, sei einfach falsch. „Das Abitur ist für die Jugendlichen ein entscheidender Schritt in die Zukunft, den sie aktiv selbst tun müssen und um den man sie nicht bringen darf.“
Kritisch äußerte sich hingegen der Verband Lehrer NRW, der die Interessen der Real- und Hauptschüler vertritt zur Verschiebung der Prüfungen für den Mittleren und den Hauptschulabschluss um nur fünf Tage. „Es ist illusorisch zu glauben, dass der in drei Wochen ausgefallene Stoff in so kurzer Zeit nachgeholt werden kann“, sagte die Landesvorsitzende Brigitte Balbach.