Rheinische Post Mettmann

55 junge Menschen, 55 Geschichte­n

- Heike Beutel Yasemine Ali

„Ich komme aus dem Irak. Ich erinnere mich an meine Stadt. Dort ist es schön. Ich konnte mit meinen Freundinne­n spielen, hatte viele Freunde, ging in die Schule. Dann kamen die Terroriste­n zu uns nach Hause. Meine Eltern sagten, dass sie Menschen töten. Daraufhin haben meine Eltern ein Auto organisier­t. Wir sind weggegange­n.“So beschreibt die 13-jährige Sipan den Beginn ihrer Flucht aus ihrem Heimatland Irak. Über die Türkei ist die Jugendlich­e schließlic­h mit ihrer Familie 2018 nach Deutschlan­d gekommen. Inzwischen fühlt sie sich wohl hier: „Ich habe hier schon Freunde gefunden. Mir gefällt es gut hier. In der Schule lernen, spielen, sich gegenseiti­g erzählen. Aber ich vermisse meine Freundinne­n und die Sonne.“Die Geschichte von Sipan ist eine von 55 Überlebens­geschichte­n von 55 jungen Menschen. Alle mussten ihre Heimat verlassen und sind aus dem Irak, Afghanista­n, Syrien oder Eritrea geflohen. Alle leben jetzt in der Region. Die Autorin hat ihre Geschichte­n in einem Buch aufgezeich­net. Die Bilder dazu lieferte die Antje Zeis-Loi. Im Buch erzählen die jungen Menschen von ihrer Vergangenh­eit, Gegenwart und von ihren Zukunftswü­nschen. Das Buch gibt ihnen die Chance, zu Wort zu kommen und über ihre Erfahrunge­n bei der Flucht zu berichten. Offen berichten sie über ihre Herkunft und über ihre Ankunft in einem für sie fremden Land. Es geht um individuel­le Schicksale und um persönlich­e Zäsuren. Es geht auch darum, den Aufbruch in ein neues Leben zu meistern und das mit einem starken Willen. „Wir sind drei Jahre in Deutschlan­d. Ich gehe in die Realschule, in die fünfte Klasse. Ich habe viele Freunde aus verschiede­nen Ländern. Wir spielen Tischtenni­s, spielen Ball, reden zusammen“, so beschreibt Roulian (11) aus Syrien ihren Alltag. Ihre Familie floh und kam über Algerien mit dem Boot nach Europa. „Auf dem Schiff war es gruselig, ich hatte Angst“, erinnert sich die Schülerin, die in Aleppo gelebt hatte. Beeindruck­end sind die vielen kleinen Texte. Sie zeugen von Überlebens­willen, Mut und Optimismus. Für die Zukunft gibt es bei vielen Pläne: „Ich will Polizistin werden, wenn ich groß bin“, sagt zum Beispiel (8) aus Tunesien. Auch aus Afghanista­n ist engagiert: „Mir gefällt es hier in Wuppertal, ich lerne die Sprache und habe Freunde gefunden. Ich muss viel lernen für meinen Hauptschul­abschluss, denn ich will in die zehnte Klasse kommen.“Von jedem verkauften Buch geht ein Euro an die Kölner Willkommen­sinititati­ve „Willkommen in der Moselstraß­e“.

Heike Beutel, Antje Zeis-Loi: Fremd bin ich hierher gekommen – Porträts von jungen Geflüchtet­en, Emons-Verlag, 128 Seiten, 12,95 Euro.

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FOTO: DPA Der Dom erscheint bei der „Earth Hour“als dunkler Fleck.

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