Von Klopapier, Arschwurzen und lebenden Hühnern
Wer braucht schon Toilettenpapier? Experten des Neanderthal Museums überlegen, wie wohl steinzeitliche Körperhygiene war.
METTMANN (sue) Durch die derzeitigen Hamsterkäufe gelangte das alltägliche Klopapier zu neuem Ruhm. Doch woher kommt das Toilettenpapier eigentlich und was haben die Leute vorher benutzt? Unsere Redaktion fragte die Fachleute des Neanderthal Museums. Hat auch der Neandertaler schon Blätter oder Moos gehortet?
„Bei den Neanderthalern können wir nur spekulieren, ob und wie die Körperpflege stattgefunden hat“, sagt Melanie Wunsch, Leiterin Ausstellungsmanagement des Neanderthal Museums. „Da Neanderthaler bereits ausgefeilte Werkzeuge, Kleidung und Schmuck gemacht und sich um die Heilung von Verletzungen gekümmert haben, können wir davon ausgehen, dass sie im damals möglichen Rahmen auch Körperpflege betrieben haben.“
Wasser zur Reinigung war vorhanden. „Pflanzenmaterial zum Abwischen kann natürlich auch benutzt worden sein“, sagt Wunsch. Es gibt archäologische Funde im ältesten Salzbergwerk der Welt bei Hallstatt, die vermuten lassen, dass Pestwurzen-Blätter in der Bronzezeit als Toilettenpapier verwendet wurden. Daher wird diese Pflanze noch heute in Bayern auch „Arschwurzen“genannt. „Die Römer nutzten öffentliche Toiletten“, erzählt Melanie Wunsch. „Dort saßen sie oft in großer Runde und verrichteten ihr Geschäft.“Toilettenpapier gab es noch keins, aber vor den Latrinen gab es eine kleine Wasserrinne mit fließendem Frischwasser und zu jedem Sitzplatz ein Schwämmchen am Stock. „Das sah vermutlich ähnlich aus wie unsere Klobürste
heute“, meint Wunsch. „Man tauchte das Schwämmchen in die Wasserrinne und säuberte sich damit nach seinem Geschäft. Danach reinigte man das Schwämmchen, indem man es wieder in die Wasserrinne hielt.“
In jedem Fall hygienischer als im mittelalterlichen Europa, wo zumeist alte Stoffreste, Moos, Blätter und manchmal sogar lebendes Federvieh als Klopapier benutzt wurden. Wem also das Toilettenpapier ausgeht, könnte es mal mit Wasser versuchen – oder er sollte sich Hühner anschaffen.