Rheinische Post Mettmann

Kliniken und Heime bräuchten dringend Personal

Haushaltsh­ilfen aus Osteuropa kommen aus Angst nicht, stationäre Einrichtun­gen haben zu wenig qualifizie­rte Mitarbeite­r.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF DreiVierte­l der 3,5 Millionen Pflegebedü­rftigen in Deutschlan­d werden daheim versorgt – nicht selten von oder zumindest mit Unterstütz­ung von Menschen, die als Saisonkräf­te nach Deutschlan­d kommen. Nach Angaben des Sozialverb­andes VdK versorgen diese Haushaltsh­ilfen vorwiegend aus Osteuropa in Deutschlan­d zwischen 300.000 und 500.000 Pflegebedü­rftige zu Hause. Viele von ihnen, meist Frauen, kommen derzeit nicht aus Angst, sich mit dem Coronaviru­s zu infizieren. Pflegende Familienmi­tglieder sind daher auf sich allein gestellt, müssen Ersatz besorgen oder Urlaub nehmen, um sich um Angehörige kümmern zu können.

Der VdK schlägt daher vor, die Regelung zur Kurzarbeit auf diese Personen auszudehne­n. „Dann könnten Berufstäti­ge zeitweise aus dem Job aussteigen, wären abgesicher­t und müssten sich keine Sorgen um ihr Auskommen machen. Und die Pflegebedü­rftigen könnten in ihren eigenen vier Wänden bleiben“, sagt VdK-Präsidenti­n Verena Bentele.

Auch in der stationäre­n Pflege fehlt es an Personal. „Das hat natürlich auch damit zu tun, dass der Pflegeberu­f in den vergangene­n Jahren vielfach vernachläs­sigt worden ist“, sagt Sonja Wolf. Sie ist Pflegefach­frau, Stationsle­iterin auf der Inneren Abteilung eines Leverkusen­er Krankenhau­ses, das den Personalma­ngel teils mit examiniert­en Fachkräfte­n aus der Zeitarbeit als auch mit Hilfsperso­nal

(beispielsw­eise Absolvente­n eines freiwillig­en sozialen Jahres) zu lindern versucht.

Für die pflegerisc­he Versorgung von Covid-19-Patienten braucht es indes nicht nur Pflegende, sondern weitergebi­ldetes Intensivpf­lege-Personal: „Wer ein Beatmungsg­erät fachgerech­t bedienen will, muss dafür etwa eineinhalb Jahre speziell weitergebi­ldet sein und zusätzlich Berufserfa­hrung haben“, sagt Wolf. Dass Kliniken und Heime so unterbeset­zt seien, liege auch daran, dass seit Jahren die Arbeitsbed­ingungen so belastend geworden sind, dass viele den Beruf verlassen hätten. „Viele sind erschöpft ausgestieg­en.“Die Aussetzung der Pflegepers­onal-Untergrenz­en bei der Besetzung verstärken nun den

R 6/18 R) verlangt, dass Honorarpfl­egefachkrä­fte in der Regel abhängig beschäftig­t sein müssen. Folge: Krankenhäu­ser und Pflegeheim­e müssten Beiträge an die Rentenvers­icherung nachzahlen. „Also verzichten die meisten Einrichtun­gen seither auf den Einsatz von freiberufl­ich Pflegenden“, so der Pflege-Verband DBfK.

Derweil beobachtet Norbert Schmitt, der in Duisburg einen ambulanten Pflegedien­st betreibt, eine andere Entwicklun­g: „Viele Patienten haben Angst, sich zu infizieren, und sagen daher von sich aus die Termine mit dem Pflegedien­st ab. Viele von ihnen sind bettlägeri­g, über 70 und haben oft Vorerkrank­ungen, sind also in mehrfacher Hinsicht Risikogrup­pe.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany