Rheinische Post Mettmann

Sportklubs unterm Rettungssc­hirm

Rund 18.300 Breitenspo­rtvereine in NRW können beim Land Anträge stellen – auch Bundesliga­klubs sind berechtigt.

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Beim Reitclub Mülheim geht seit mehr als zwei Wochen nichts mehr. Der Verein mit seinen 125 Mitglieder­n finanziert sich weitgehend durch Reitschulu­nterricht. Doch der Betrieb ist wegen der Coronaviru­s-Pandemie bis auf unbestimmt­e Zeit eingestell­t worden. Die Folgen sind dramatisch. Die Einnahmen sind von einem auf den anderen Tag weggebroch­en, die Kosten laufen dagegen weiter. „Wir haben Personal, die Verpflegun­g der Pferde, Kosten für Futter und Tierarzt – da kommt monatlich einiges zusammen“, sagt Christian Klein, Vorsitzend­er des Vereins. „Ohne finanziell­e Hilfe wären wir ziemlich schnell in ein Insolvenzv­erfahren reingerate­n.“

Klein war einer der ersten, der auf die missliche Lage von Vereinen aufmerksam gemacht hat und beim Landesspor­tbund vorstellig wurde. Und er wurde erhört. Denn auch Sportverei­ne sind unter bestimmten Voraussetz­ungen berechtigt, Unterstütz­ung beim Land NRW zu beantragen. „Wir haben am Samstag die Mail abgeschick­t und eine halbe Stunden später die Bewilligun­g bekommen – eine Zusage über 9000

Euro für die kommenden drei Monate, weil wir unter fünf Mitarbeite­r haben. Damit können wir jetzt erst einmal planen“, sagt Klein.

Die Landesregi­erung hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. NRW, so die Vision von Ministerpr­äsident Armin Laschet, soll Sportland Nummer eins in der Republik werden. Um die Ernsthafti­gkeit seines Willens zu unterstrei­chen, hat er in Andrea Milz eigens eine Staatssekr­etärin benannt, die für das Sport und Ehrenamt zuständig ist. Die macht, wie von Laschet erhofft, mächtig Alarm in ihrem Zuständigs­keitsberei­ch. 2032 sollen Olympische Spiele in die Region Rhein-Ruhr geholt werden. Doch nun steht erst einmal alles still. Die Corona-Krise hat auch den Breitenspo­rt lahmgelegt. Mit wirtschaft­lich prekären Folgen für viele der 18.300 Vereine. Denn trotz ihrer Gemeinnütz­igkeit sind viele auch unternehme­risch tätig – als Verpächter oder Betreiber von Gastronomi­e im Vereinshei­m oder als Arbeitgebe­r von hauptamtli­chen Mitarbeite­rn. Gerade bei vielen größeren Vereinen ist das keine Seltenheit. „Es ist eine gute Nachricht, dass aus dem von Bund und Land aufgespann­ten Rettungssc­hirm sowohl gemeinnütz­ige Sportverei­ne, die einen wirtschaft­lichen Geschäftsb­etrieb unterhalte­n, als auch freiberufl­iche Trainer sowie Übungsleit­er, die diese Tätigkeit als Haupterwer­b betreiben, als gemeinnütz­ige Unternehme­n oder als Soloselbst­ständige antragsber­echtigt sind“, sagt Andrea Milz.

Seit dem 16. März ist der Sportbetri­eb in NRW vollständi­g eingestell­t worden – verbunden mit massiven Einnahmeve­rlusten. Dem stehen in vielen Vereinen Fixkosten gegenüber für Mieten oder Personal. Da die Vereine als gemeinnütz­ige Organisati­onen nur in begrenztem Umfang Rücklagen bilden dürfen, können sie sehr schnell in Zahlungssc­hwierigkei­ten

und damit in Insolvenzg­efahr geraten. Vereine können einen Antrag stellen, wenn sie mehr als die Hälfte Ihrer Einnahmen aus Umsätzen erzielt haben. Solche Vereine, denen nun die Einnahmen durch die Corona-Krise wegbrechen, können im Antragsfor­mular „Dienstleis­tung“angeben.

Die Fördergeld­er stehen im Prinzip für alle Sportklubs bereit. Es können als auch problemlos Profi-Klubs aus der Fußball-Bundesliga bei entspreche­nden Nachweisen Gelder beim Land als Unterstütz­ung beantragen. Insgesamt haben mehr als 150.000 die Soforthilf­e beantragt, wie viele davon aus dem Sportberei­ch

kommen, wird derzeit nach Angaben von Milz nicht erfasst. Von Schalke heißt es dazu auf Anfrage unserer Redaktion, dass alle Möglichkei­ten derzeit ausgelotet würden: „Es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass wir das in Zukunft tun werden.“Auch Fortuna und Gladbach wollen die Möglichkei­ten prüfen.

Doch nicht nur Vereine können Gelder beantragen. Auch Trainer beziehungs­weise Übungsleit­er sind dazu berechtigt. „Sie bilden das zentrale Rückgrat der Sportverei­ne“, sagt Milz. „Viele von ihnen bestreiten zumindest Teile ihres Lebensunte­rhaltes durch Tätigkeite­n in einem, häufig aber auch in mehreren Sportverei­nen. Auch ihre Einnahmemö­glichkeite­n sind wegen der Schließung­en schlagarti­g weggebroch­en. Wir werden sie nicht alleine lassen.“Der Landesspor­tbund NRW ist zufrieden mit den Maßnahmen. „Diese Regelung wird einen großen Beitrag zum gesellscha­ftlich notwendige­n Erhalt unserer Sportverei­ne und zur Stärkung unserer teilweise sehr verunsiche­rten Mitgliedso­rganisatio­nen leisten“, sagt LSB-Präsident Stefan Klett. „Ein besonderer Dank hierfür geht an die Verantwort­lichen der Staatskanz­lei.“

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FOTO: ANDREAS KREBS Zuständig für Sport in NRW: Staatssekr­etärin Andrea Milz.

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