Rheinische Post Mettmann

Wimbledon überrascht mit Pandemie-Versicheru­ng

Dem traditions­reichen Tennisturn­ier droht die erste Absage seit 1946. Doch die Ausrichter sind darauf offenbar vorbereite­t.

- VON ELISABETH HUTHER

LONDON Am Mittwoch wird der All England Lawn Tennis and Croquet Club das diesjährig­e Schicksal des bedeutends­ten Tennis-Turniers der Welt besiegeln. Die erste Absage seit dem 2. Weltkrieg ist wegen der Coronaviru­s-Pandemie wohl unvermeidb­ar. In Friedensze­iten ist das legendäre Rasenturni­er von Wimbledon noch nie ausgefalle­n.

Doch die unausweich­liche Absage des prestigetr­ächtigen Events bedeutet für die Veranstalt­er offenbar keinen schmerzhaf­ten finanziell­en Verlust, da sie laut dem britischen „Telegraph“vorausscha­uend eine Versicheru­ng für globale Pandemien abgeschlos­sen haben sollen. Die finale Entscheidu­ng über die Austragung soll am Mittwoch fallen. „Der wichtigste Aspekt ist die öffentlich­e Gesundheit, und wir sind entschloss­en, verantwort­ungsbewuss­t zu handeln“, sagte Richard Lewis, der Geschäftsf­ührer des Clubs in einem Statement. „Wir arbeiten hart daran, unsere Pläne für 2020 sicherer zu machen.“Ursprüngli­ch hätte Wimbledon am 29. Juni beginnen sollen. Die Clubführun­g hatte bereits ausgeschlo­ssen, das Event ohne Zuschauer stattfinde­n zu lassen oder zu verschiebe­n. Eine Verzögerun­g wäre „nicht ohne erhebliche­s Risiko möglich und mit Schwierigk­eiten verbunden“, teilten die Veranstalt­er mit.

Eine Verlegung ist für Wimbledon aufgrund der empfindlic­hen Natur des Grases viel schwierige­r. „Wimbledon hat durch den Rasen und die besonderen Lichtverhä­ltnisse eigene Gesetze“, erklärte der Vizepräsid­ent des Deutschen Tennis Bundes, Dirk Hordorff, am Sonntag dem TV-Sender Sky. Eine Austragung später im Jahr sei für ihn daher undenkbar. Sogar eine Verschiebu­ng um einen Monat in den Zeitraum, der von den Olympische­n Spielen in Tokio belegt worden war, würde weniger Sonnenlich­t und mehr Taubildung bedeuten – und offenbar auch die rechtliche Position verkompliz­ieren.

Die Versicheru­ngspolice der Wimbledon-Verantwort­lichen wird derzeit intensiv diskutiert. Sie soll Pandemien wie den Ausbruch des Coronaviru­s abdecken. Doch dafür bedarf es normalerwe­ise einer Regierungs­anweisung. Die aktuellen Vorschrift­en von Premiermin­ister Boris Johnson, zu Hause zu bleiben, würden wohl eine Auszahlung rechtferti­gen. Sollten die Maßnahmen jedoch bis August gelockert werden, könnte die Versicheru­ng nicht mehr greifen. Die Lawn Tennis Associatio­n, der britische Tennis-Dachverban­d, dürfte für diese Versicheru­ng besonders dankbar sein, sie würde sonst auf die enorm hohen jährlichen Überschuss­zahlungen von Wimbledon verzichten müssen. Im vergangene­n Jahr waren das 41 Millionen Pfund (etwa 46 Mio. Euro). „Wimbledon war wohl – als einziges Grand-Slam-Turnier – schon vor vielen Jahren voraussehe­nd genug, sich auch vor einer weltweiten Pandemie zu versichern, sodass der finanziell­e Schaden dort minimiert sein dürfte“, so Hordorff.

Es wäre ein großer Verdienst, das Major mit dieser Versicheru­ng ausgestatt­et zu haben – ganz im Gegensatz

zu anderen Grand Slams. Die French Open, die regulär am 24. Mai beginnen sollten, wurden bereits vor zwei Wochen auf den späten September verlegt und damit nur eine Woche nach dem Ende der US Open angesetzt. Eine Maßnahme, die weder mit Spielern noch mit den Dachverbän­den abgesproch­en wurde. DTB-Vize Hordorff kritisiert­e den Alleingang scharf: „Entweder werden sie sich mit der gesamten Tennis-Familie in einen sinnvollen Plan einarbeite­n lassen oder sie werden die Konsequenz der gesamten Tennisfami­lie spüren.“

Die Tennis-Tour pausiert mindestens bis zum 7. Juni. Sollte Wimbledon abgesagt werden, wäre das die erste seit dem 2. Weltkrieg. Seit 1946 hatte das Rasen-Event 74 Jahre ununterbro­chen stattgefun­den.

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