Firmen leiden stark unter der Krise. Doch Finanzexperten machen Mut, durchzuhalten und sogar neue Chancen zu erkennen.
Von heute auf morgen keine Umsätze mehr, aber laufende Kosten. Unternehmen kann das in den Ruin treiben. Schnelle Hilfe ist da gefordert, und angesprochen sind hier die Politik und die Banken. „Wir bekommen derzeit jeden Tag sehr viele Anfragen“, sagt Rainer Mellis, Vorstandssprecher der Volksbank Düsseldorf Neuss. „Und wir nehmen die Wünsche und Sorgen der gewerblichen Kunden sehr ernst.“Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass die Bank selbst erst mal handlungsfähig ist – die Sicherheitsmaßnahmen treffen sie ja wie alle anderen ebenfalls. „Wir haben unsere Mitarbeiter so auf die Standorte verteilt, dass wir unsere Dienstleistungen maximal gewährleisten können“, betont der Volksbank-Chef.
In den Gesprächen mit den Firmenkunden geht es natürlich auch um die staatlichen Hilfspakete. Mellis begrüßt die Ankündigungen aus der Politik, dass alle Unternehmen, die gut gewirtschaftet haben, auf Hilfe hoffen können. Allerdings seien die Abwicklungstruktur und die Prozesse für die Banken noch nicht final geklärt. „Wir sprechen aber natürlich schon jetzt mit den Kunden darüber.“
Den Volksbank-Chef erstaunen viele Anfragen von Nichtkunden. „Offenbar zeigen sich Wettbewerber nicht offen für die Probleme der Unternehmer.“Den eigenen Hausbank-Kunden kann die Volksbank oft schon jetzt schnell helfen, zum Beispiel über bestehende Rahmen für Kontokorrentkredite oder Tilgungsaussetzungen. Mellis stellt indes fest, dass viele Unternehmen noch über vernünftige Liquidität verfügen. Aus den Erfahrungen der Finanzkrise heraus haben sie sich auf Krisen vorbereitet, ihre Eigenkapitalquoten verbessert und Finanzierungsstrukturen optimiert. „In der langen Phase der Boomjahre haben viele Betriebe zudem gut verdient und Reserven aufgebaut.“
Diese könnten sie jetzt als Sicherheiten etwa für zusätzliche Kredite einsetzen, die dann auch schnell fließen können. Und jetzt schon gebe es auch Gewinner der Krise, zum Beispiel Lebensmittel-Einzelhändler oder Lieferservice-Unternehmen. Allerdings gebe es natürlich auch große Probleme, etwa in der Gastronomie, beim Messebau und bei kleinen Handwerksbetrieben. Gerade für sie seien zügige Hilfspakete wichtig. Mellis erwartet indes, dass es nicht alle schaffen. „Wir werden viele Unternehmen halten können, aber leider wohl nicht alle.“
Dass die Hilfspakete bald greifen, hofft auch Jens Koschik, Niederlassungsleiter Firmenkunden der Commerzbank in Düsseldorf: „Politik und Förderbanken ziehen alle an einem Strang. Die entsprechenden Prozesse werden jetzt schnell implementiert.“Koschik sieht dabei auch die Banken in der Verantwortung. „Wir müssen schauen, was wir dazu beitragen können, zum Beispiel die Liquidität sicherzustellen.“Wie andere Institute erlebt auch die Commerzbank einen hohen Auskunftsbedarf. „Wir haben so viele
Anfragen wie wohl nie zuvor.“Koschik, der selbst Mittelständler ab 15 Millionen Euro betreut, spürt bei den Kunden eine „extrem hohe Unsicherheit“.
„In den Kundengesprächen diskutieren wir unterschiedliche Szenarien“, beschreibt der Firmenkundenexperte die tägliche Arbeit. Man analysiert gemeinsam Liefer- und Abnehmerketten, schaut, was da wegbrechen könnte, und bespricht, wie die Unternehmen nun Vorsorge treffen. „Proaktiv weisen wir sie auch auf Risiken hin.“Die Bank konzentriert sich dabei wie andere Institute zuerst auf die Bestandskunden, „ihnen stehen wir loyal zur Seite“, betont Koschik. „Je besser man den Kunden und sein Geschäftsmodell kennt, desto einfacher und schneller ist natürlich auch die Kreditprüfung.“
Die Hilfe geht dabei über reine Kreditzusagen hinaus. Es gehe darum, den Netzwerk-Gedanken zu etablieren, sagt der Finanzexperte. Und wo die Bank dabei helfen und Kontakte vermitteln kann, tue man das auch. Koschik stellt dabei fest, dass sich die Unternehmen auch untereinander helfen, wo sie können. In der Krise sollte man nichts unversucht lassen. Unternehmen könnten zum Beispiel mit Vermietern über Stundungen der Miete sprechen, regt Koschik an. Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung sieht hier vor, dass Mieter vor Kündigungen geschützt werden sollen. Einvernehmlich regelt man solche Dinge natürlich besser im Gespräch. Ebenso könne man das Finanzamt ansprechen und um Stundungen der Steuervorauszahlungen bitten. Der Düsseldorfer Steuerberater Patrick Mönnighoff weist auf zahlreiche steuerliche Erleichterungen hin, die bereits beschlossen sind. „Dies betrifft Stundungen aktueller Zahlungen, die unkomplizierte Herabsetzung von Vorauszahlungen und sogar die Erstattung der am Anfang des Jahres gezahlten Umsatzsteuersondervorauszahlung.“Mönnighoff empfiehlt aber, die Anträge zusammen mit Steuerexperten
auszufüllen. Laufende Umsatzund Lohnsteuern sollten – soweit möglich – bedient werden. „Bitte beachten Sie immer, dass es sich nicht um einen Erlass von Steuern handelt, sondern lediglich um eine Stundung“, rät Mönnighoff seinen Mandanten.
Im Mittelstand kennt sich Hans-Jürgen Friedrich, Gründer und Vorstand der KFM Deutsche Mittelstand AG, bestens aus. Der Düsseldorfer Fonds-Manager verwaltet einen Fonds, der ausschließlich in Mittelstandsanleihen investiert. Als erfahrener Spezialist für Unternehmenskredite weiß er, worauf man bei der Auswahl von Anleihen achten muss. Derzeit zeigen sich die Stärken des deutschen Mittelstandes, wie Friedrich registriert: „Wie Schnellboote reagieren die Mittelständer derzeit extrem schnell auf die Krise.“
Viele Unternehmen hätten den „Schalter umgelegt“, sprich: ihre Produktion an neuen Bedarf angepasst. Als Beispiele nennt Friedrich das Duisburger Spezialchemieunternehmen PCC, das jetzt die Produktion von Seifen und Desinfektionsmitteln drastisch ausgeweitet hat, oder den Hemdenhersteller Eterna, der nun Mund- und Nasenschutzmasken herstellt. Automobilzulieferer prüfen, ob sie auch medizinische Geräte produzieren können.
Die Spezialisten von KFM sprechen mit den Unternehmen – sie müssen sie schließlich laufend überprüfen, wenn sich deren Anleihen im Bestand des Fonds befinden. „Wir schauen uns die aktuelle Liquiditätsverfassung an. Aber noch wichtiger ist, wie sie mit ihren Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden umgehen“, erklärt Friedrich. Er stellt fest, dass Mittelständler hier auf Langfristigkeit achten. „Sie wollen die Belegschaften halten, weil sie wissen: Das sind ihre Assets.“Ebenso pflegen sie die Beziehungen zu Lieferanten und Abnehmern. „Sie gehen davon aus, dass diese Krise überbrückbar ist“, betont der Anleihenexperte. „Das sollte allen Menschen Mut machen.“