Rheinische Post Mettmann

Die Krise hat auch die Depots von Anlegern schwer getroffen. Für Panik sehen Marktexper­ten aber keine Grundlage – im Gegenteil.

- VON JÜRGEN GROSCHE

Viele Menschen machen sich aktuell nicht nur um die Gesundheit Sorgen, sondern auch um ihr Vermögen. Die Aktienmärk­te sind massiv eingebroch­en. In Panik sind Anleger aus den Aktienmärk­ten geflüchtet. Keine gute Idee, findet Gregor Neuhäuser, Niederlass­ungsleiter Düsseldorf der Walser Privatbank. „Es ist jetzt voraussich­tlich der falsche Zeitpunkt auszusteig­en.“Wenn die Kurse erst einmal derart gefallen sind, ist es meist schon zu spät – und es ist auch nicht sinnvoll. Im Gegenteil: „Wenn man vorhat, in die Aktienmärk­te zu investiere­n und nach und nach einsteigt, wäre jetzt vermutlich ein geeigneter Zeitpunkt.“

Die massiven Kursverlus­te der vergangene­n Wochen sollten Anleger nicht zu hoch bewerten – vorausgese­tzt, sie haben Zeit. Alle Erfahrunge­n lehren: Nach ein paar Jahren, manchmal vielleicht auch erst nach sieben oder acht, haben die Depots ihre Verluste ausgeglich­en; Aktien erwirtscha­ften in solchen Zeiträumen fast immer positive Renditen.

„Anleger sollten sich überlegen: Was kann denn passieren?“, empfiehlt der Experte. Zurzeit ist das gesellscha­ftliche wie das wirtschaft­liche Leben herunterge­fahren worden. Die wirtschaft­lichen Schäden sind noch nicht absehbar. Allerdings reagiert die Politik weltweit. Immense

Stützungsp­rogramme sollen die Unternehme­n am Leben erhalten und Arbeitsplä­tze sichern. Ein Impfstoff könnte schon bald auf den Markt kommen. Dann sollte es auch mit der Wirtschaft wieder bergauf gehen.

Natürlich werden die meisten Unternehme­n jetzt erst einmal nicht die Gewinnerwa­rtungen erfüllen können, die ihnen vor der Krise vielleicht zugetraut worden waren. Entspreche­nd haben sich nun ja auch die Börsen entwickelt. „Die Kurse haben jetzt wieder ein vermeintli­ch gerechtfer­tigtes, attraktive­s Niveau erreicht“, konstatier­t Neuhäuser. „Und wenn es der Wirtschaft wieder besser geht, werden in der Folge auch die Gewinne und damit die Notierunge­n wieder anziehen.“

Der Düsseldorf­er Vermögensv­erwalter Thomas Hünicke (WBS Hünicke) ruft ebenfalls zur Ruhe auf. „Die historisch­en Daten zeigen, dass auch nach schweren Einbrüchen es immer wieder zu einer langanhalt­enden Erholungsp­hase gekommen ist. Darauf können Anleger auch diesmal setzen.“Man wisse nur nicht, wie diese verlaufen werde, da die Weltwirtsc­haft in eine Rezession abgleiten werde, so viel stehe bereits fest.

Thomas Hünicke bezeichnet diese aktuelle Phase dennoch als „einmalige Chance“, günstig Werte mit sehr guter Substanz zu erwerben, um damit ein Aktienverm­ögen aufzubauen. „Der konkrete Zeitpunkt dafür ist aber noch nicht da. Es gilt also weiterhin, die Märkte und Tendenzen genau zu beobachten, um daraus bestimmte Erkenntnis­se für den Einstieg abzuleiten.“

Auf den Anleihemär­kten sieht es ebenfalls nicht so düster aus, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Zumindest ein Segment bietet auch und gerade jetzt Anlegern Chancen: der

Mittelstan­d. Davon jedenfalls ist Hans-Jürgen Friedrich überzeugt. Der Gründer und Vorstand der KFM Deutsche Mittelstan­d AG, die den Deutschen Mittelstan­dsanleihen­fonds managt, weiß, wovon er spricht.

Seit Jahren analysiert er mit seinen Spezialist­en Unternehme­n, um gute Papiere für den Fonds zu finden. Friedrich stellt fest, dass es jetzt – ähnlich wie bei Aktien – auch bei Anleihen „völlig überzogene Kursverlus­te bonitätsst­arker Unternehme­n“gegeben habe. Er setzt daher auf eine schnelle Erholung – vielleicht nicht sofort und steil, also in einer V-förmigen Weise, aber doch nach kurzer Zeit der Krise wieder deutlich – eine U-förmige Erholung.

Für die extremen Kursverlus­te macht er unter anderem auch Marktmecha­nismen verantwort­lich, die nichts mit den tatsächlic­hen wirtschaft­lichen Gegebenhei­ten zu tun haben. An den Börsen laufen viele Käufe und Verkäufe heute automatisi­ert. „Doch die meisten Algorithme­n sind für normale Marktlagen programmie­rt“, erklärt Friedrich. „Sie können in der aktuellen Situation nicht funktionie­ren.“Realwirtsc­haftlich sehe es dagegen an vielen Stellen anders aus, sagt Friedrich: „Wir haben eine starke Volkswirts­chaft, die über viel Ingenieur-Know-how und Wissen verfügt, gerade im Mittelstan­d.“Er ist daher zuversicht­lich, dass sich die Lage wieder stabilisie­rt – auch für die Anleger.

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FOTO: GETTYIMAGE­S/ANYABERKUT Anleger sind derzeit oft von Panik ergriffen. Doch Anlageexpe­rten machen Mut: Langfristi­g bleibt das Investment in Aktien rentabel.

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