Rheinische Post Mettmann

Flaschenpo­st-Mitarbeite­r wählen erstmals Betriebsra­t

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Gesichtsma­sken, Handschuhe, Abstandsma­rkierungen und für jeden Wähler einen neuen Kugelschre­iber – der Wahlvorsta­nd hatte sich vorbereite­t. Nichts sollte die erstmalige Betriebsra­tswahl in einem Flaschenpo­st-Logistikze­ntrum gefährden. Der Getränke-Lieferdien­st hatte im Vorfeld versucht, die Wahl in Düsseldorf gerichtlic­h zu stoppen, war aber vor dem Landesarbe­itsgericht gescheiter­t. Dann kam Corona.

Das Virus hat die Bestellung­en bei Flaschenpo­st rasant ansteigen lassen. Seit am Mittwoch ein weiteres Logistikze­ntrum in Langenfeld eröffnet wurde, beliefert Flaschenpo­st auch Kunden in der Stadt sowie in Leverkusen, Solingen, Haan, Monheim, Hilden, Leichlinge­n und Erkrath. Die Geschäfte, hört man, laufen hervorrage­nd.

Der Wahlvorsta­nd in Düsseldorf musste wegen des Virus jedoch zittern. Bis kurz vor der Wahl wurde offenbar über eine Verschiebu­ng diskutiert – was die Frage bei einigen aufwarf, ob es sich um eine Finte oder um Fürsorge des Arbeitgebe­rs handelte. Denn Flaschenpo­st hatte in den vergangene­n Wochen immer wieder den Eindruck erweckt, die erstmalige Wahl eines Betriebsra­ts in einem der Logistikze­ntren unbedingt verhindern zu wollen (was das Unternehme­n allerdings stets bestritten hat).

Nachdem bekannt wurde, dass in Düsseldorf acht von zehn Teambzw. Schichtlei­tern fristlos gekündigt wurde, schaltete sich auch NRW-Arbeitsmin­ister Karl-Josef

Laumann (CDU) in den Streit ein. Denn Flaschenpo­st begründete die Kündigunge­n zwar mit schlechten Leistungen, aus Sicht der Gewerkscha­ft NGG ging es hingegen darum, potenziell­e Bewerber für den Betriebsra­t loszuwerde­n. Momentan laufen noch Klagen der Mitarbeite­r gegen die Kündigunge­n.

Im März tauschten sich Laumann und Landesschl­ichterin Yvonne Sachtje mit Flaschenpo­st-Vertretern in einem Telefonat aus. Laut Flaschenpo­st soll es der Minister gewesen sein, der dabei eine Verschiebu­ng

bzw. Pausierung der Wahl anregte. „Aus Perspektiv­e der Fürsorgepf­licht und um die Infektions­gefahr zu minimieren, haben wir den Vorschlag als sinnvoll erachtet“, sagt eine Flaschenpo­st-Sprecherin.

Doch der Wahlvorsta­nd hielt an seinem Zeitplan fest – und ließ elf Betriebsrä­te wählen. „Die Beschäftig­ten haben deutlich gemacht, dass sie zukünftig mitbestimm­en wollen, wenn es um ihre Arbeitsbed­ingungen geht“, sagt Zayde Torun, Geschäftsf­ührerin der NGG-Region Düsseldorf-Wuppertal.

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