Bessere Luftwerte durch Corona-Krise
Die Zahl an Autofahrten innerhalb Düsseldorfs ist um etwa 40 Prozent gesunken. Die Luftqualität hat Werte wie sonst an Sonntagen.
DÜSSELDORF Das wegen des Coronavirus verordnete weitreichende Kontaktverbot schlägt sich auch auf den Straßenverkehr in der Landeshauptstadt nieder. Nicht nur in der Wahrnehmung ist auf den Straßen weniger los, auch die Datenauswertung des Navi-Anbieters TomTom aus den vergangenen Wochen zeigt dies. So gibt es in schwierigen Zeiten zumindest einen Profiteur der Pandemie: Es sind die Luftwerte, die sich in Düsseldorf verbessert haben.
An den Messstellen, an denen in den vergangenen Jahren Grenzwertüberschreitungen gemessen wurden, war fast ausschließlich der Kfz-Verkehr der maßgebliche Verursacher der Emissionen (Feinstaub und Stickstoffoxide). „Im Moment findet aber deutlich weniger Verkehr auf den Straßen statt, deshalb gibt es auch weniger verkehrsbedingte Emissionen. Wo wir sonst in den Hauptverkehrszeiten besonders hohe Belastungsspitzen im Tagesverlauf messen, fallen die Werte zurzeit niedriger aus“, sagt eine Sprecherin des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW. Die genommenen Werte seien im Vergleich etwa so wie an einem Sonntag. Aber: Es gibt trotz Pandemie weiterhin Zeiten, in denen die Grenzwerte überschritten werden.
Und dies hat Gründe. Denn welchen genauen Anteil nur der Verkehr an den besseren Luftwerten hat – Satellitenbildern zeigen, dass die Luftverschmutzung in Städten weltweit wegen der Quarantänemaßnahmen zurückging – ist derzeit gar nicht zu sagen. Zumindest möchte dazu niemand eine seriöse Aussage machen, weil die Messwerte von mehreren Faktoren wie den Windverhältnissen, der Luftfeuchtigkeit und von Niederschlägen beeinflusst werden. „Man kann zum Beispiel nicht den 30. März 2019 mit dem 30. März 2020 vergleichen und sagen, weil sich die Messwerte verbessert haben, dass das derzeit geringere Verkehrsaufkommen dafür verantwortlich sei. Das wäre reine Spekulation“, sagt Thomas Loosen, Leiter des Düsseldorfer Umweltamtes. Er will abwarten und später die Jahresmittelwerte vergleichen, um dann eine fundierte Aussage zu machen. „Aber wenn weniger Verkehr ist, sind natürlich auch weniger Schadstoffe in der Luft. Man kann das nur jetzt noch nicht in Zahlen ausdrücken“, sagt Loosen.
Der Verkehr wird sicherlich einen Anteil an der verbesserten Luftqualität haben, denn sein Aufkommen schrumpfte in der Corona-Krise im Vergleich zum Vorjahr drastisch. Tomtom ermittelte aus den Verkehrsdaten für die Auswertung ein „Stau-Level“, das während der Pandemie stark zurückging. Die Spitzen zu Rush-HourZeiten am Morgen und am frühen Abend im Düsseldorfer Berufsverkehr fallen weg, der Verkehr fließt somit meist ohne lange Staus über den Tag verteilt auf einem gleichmäßigen Niveau. Hinzu kommt, dass die Menschen zurzeit deutlich seltener ihr Auto benutzen. Fahrten innerhalb der Landeshauptstadt nahmen laut TomTom-Auswertung um etwa 40 Prozent ab. Auch war Düsseldorf nicht mehr so oft Start- und Zielort von Autofahrern – diese Kurven zeigen ebenfalls durchweg im mittleren zweistelligen Prozentbereich nach unten.
Dass jetzt nur wegen des Coronavirus die CO2- und Schadstoffemissionen sinken, erfreut Dirk Jansen, den NRW-Geschäftsleiter der Umweltorganisation BUND, keineswegs. „Wenn uns die aktuelle Krise aber eines lehrt, dann wie verletzlich wir Menschen und unsere Wirtschaftsund Sozialsysteme sind. Die Klimakrise, das Artensterben und der anhaltend verantwortungslose Umgang mit Natur und Umwelt sind langfristig eine ebenso große Bedrohung für uns“, sagt Jansen. Er schaut auf die Zeit nach der Pandemie und fordert eine konsequente Luftreinhalteplanung, die nicht nur in der Corona-Krise Menschenleben rette und die menschliche Gesundheit schütze. Eine Tatsache, die aus Jansens Sicht in der bisherigen Debatte kaum eine Rolle spielt: „Dabei sterben gemäß epidemiologischer Studien in Düsseldorf jedes Jahr Hunderte Menschen wegen der hohen verkehrsbedingten Stickstoffdioxid-Belastung. Auch hier tut konsequentes Handeln not. Die kleingeistige Debatte um Umweltspuren und Fahrbeschränkungen stimmt mich vor diesem Hintergrund sehr nachdenklich.“
Damit die Gesellschaft gestärkt aus der Corona-Krise hervorgeht, damit die Menschen, Unternehmen und Wirtschaft zukünftig und langfristig gut aufgestellt sind, benötige Deutschland laut BUND einen „Green Deal“. „Menschen sozial absichern, nachhaltige Arbeitsplätze schaffen, eine klimafreundliche Zukunft mit starken regionalen Kreisläufen aufbauen, eine umweltund menschengerechte Mobilität – all das sind Bausteine für eine sozial-ökologische Transformation. Sie einzuleiten, ist längst überfällig“, sagt Jansen.
„Den Anteil des Verkehrs an besseren Werten kann man noch nicht in Zahlen ausdrücken“
Thomas Loosen
Umweltamtsleiter