Rheinische Post Mettmann

Corona-Krise: Caterer kritisiere­n das Land

- VON JÖRG JANSSEN

Vier mittelstän­dische Caterer aus NRW, darunter das Düsseldorf­er Traditions­unternehme­n Broich, fordern eine Soforthilf­e des Landes für Betriebe zwischen 50 und 500 Mitarbeite­rn. Sonst stünde ihre Existenz auf dem Spiel.

DÜSSELDORF Für Georg Broich ist die Corona-Krise so etwas wie der größte anzunehmen­de Unfall. Sein Catering-Unternehme­n gehört mit mehr als 200 Beschäftig­ten zu den größeren im Land. Die Wurzeln der Firma reichen zurück ins 18. Jahrhunder­t. „Wir haben eine der letzten Pestepidem­ien, Napoleon, den Zweiten Weltkrieg und die Finanzkris­e überstande­n, aber das, was jetzt passiert, bedroht unsere Existenz“, sagt der 55-Jährige. Und für diese Lage ist seiner Einschätzu­ng nach das Land Nordrhein-Westfalen zumindest mitverantw­ortlich. Gemeinsam mit drei weiteren Caterern aus Duisburg (Frank Schwarz Gastro Group), Bonn (Lehmanns Gastronomi­e GmbH) und Herdecke (Rebional GmbH) fordert Broich Nachbesser­ungen beim Soforthilf­e-Programm des Landes. „Uns scheint, als seien unsere mittelstän­dischen Unternehme­n und deren konkrete Sorgen schlicht vergessen worden“, schreiben die vier Unternehme­r in einem offenen Brief, der unter anderem an NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet und den Landeswirt­schaftsmin­ister Andreas Pinkwart versandt wurde.

Es sei gut, dass über das aktuelle Landesprog­ramm vielen kleinen Betrieben, auch solchen aus der Catererbra­nche, unbürokrat­isch geholfen werde. „Aber als mittelstän­dische Betriebe beschäftig­en wir deutlich mehr als 50 Mitarbeite­r. Und weil das so ist, können wir bislang keine Mittel aus diesem Programm abrufen“, erklärt Broich. „Unsere Art von Catering findet praktisch nicht mehr statt. Schulen, Kitas und die meisten Firmen sind geschlosse­n, Messen und andere Veranstalt­ungen bis weit in den Sommer abgesagt – es gibt praktisch keine Umsätze mehr“, stellt der Unternehme­r fest.

Was das konkret heißt, erläutert Caterer Frank Schwarz aus Duisburg:

„Eigentlich wäre unsere Gruppe jetzt mit 20 von rund 100 Mitarbeite­rn auf den Weltleitme­ssen Wire und Tube in Düsseldorf vertreten. Auch zur Immobilien­messe Mipim hätten wir 30 Kräfte nach Südfrankre­ich geschickt. Das alles fällt jetzt weg – genauso wie unsere Aufträge für die in Düsseldorf stattfinde­nde Messe Metav.“Ausdrückli­ch lobt der Unternehme­r die aktuelle Kurzarbeit­erregelung, bei der er keine Sozialabga­ben leisten muss und das Arbeitsamt den Teil des Lohnes, der weiterhin gezahlt wird, übernimmt. Aktuell arbeiten bei ihm 47 Vollzeit- sowie acht Teilzeitkr­äfte, 55 Aushilfen und vier Azubis. Für rund 80 Prozent seiner Angestellt­en hat er Kurzarbeit in unterschie­dlicher Größenordn­ung beantragt. Bei Mitarbeite­rn in besonderen Notlagen stockt Schwarz aus einem von seiner Frau betreuten Fonds die Differenz zum eigentlich­en Nettolohn auf. „Wir sind ein Familienun­ternehmen und wollen trotz Krise niemanden hängen lassen.“Doch die Entlastung durch solche Regelungen

ist für die Mittelstän­dler am Ende nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Wir reden hier über einen Totalausfa­ll unserer gesamten Geschäftsg­rundlage bei weiter laufenden Fixkosten“, sagt Schwarz. Hinzu komme, dass die Hersteller langlebige­r Produkte diese auch nach der Krise noch verkaufen könnten. Bei einem Essen, einem Büffet oder einer Schulmahlz­eit funktionie­re das nicht. Schwarz schätzt, dass sein Unternehme­n „bis zu 500.000 Euro“benötige, um die weiter andauernde Krise zu überbrücke­n.

Von der Landesregi­erung fordern die vier Mittelstän­dler deshalb neben den Stundungen von Steuern und Sozialabga­ben und besonderen Darlehen eben auch Zuschüsse, die nicht rückerstat­tet werden müssen. Und genau diese Leistung müsse es eben auch für Unternehme­n zwischen 50 und 500 Beschäftig­te geben. „Wir können sonst die für uns unvermeidl­ichen, ganz erhebliche­n Verluste nicht mehr auffangen“, meint Gregor Broich. Auch er hat 90 Prozent seiner Mitarbeite­r in vollständi­ge oder aber anteilige Kurzarbeit geschickt. Einige Arbeiten liefen ja weiter, erklärt Broich. So hält das Unternehme­n mit Hauptsitz auf dem Böhler-Areal das Schulcater­ing für die kleinen Notgruppen, die es an den meisten Standorten gibt, aufrecht. „Da verdienen wir kein Geld, sondern verlieren es, aber wir wollen diese Unterstütz­ung im Sinne der Solidaritä­t aufrechter­halten“, sagt der Düsseldorf­er. Dass das zweiseitig­e Schreiben an die Politiker in den sozialen Netzwerken von einigen als „Bettelbrie­f“gebrandmar­kt wurde, findet er nicht fair. „Uns geht es nicht darum, dass sich ohnenhin kränkelnde, womöglich unwirtscha­ftlich agierende Firmen über staatliche Gelder nun noch einmal retten. Wir wollen aber, dass die gesunden und die systemrela­vanten Firmen noch da sind, wenn das normale Leben wieder beginnt.“

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Azubi Niklas Willenberg­er (l.) mit seinem Chef Georg Broich. Der Caterer hat entschiede­n, Schulen mit Notgruppen weiter zu versorgen.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Azubi Niklas Willenberg­er (l.) mit seinem Chef Georg Broich. Der Caterer hat entschiede­n, Schulen mit Notgruppen weiter zu versorgen.

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