Rheinische Post Mettmann

Firma Eismann will wieder wachsen

Schon vor Corona setzte der Betrieb auf Wachstum. Doch jetzt haben sich die Bestellung­en mehr als verdoppelt.

- DIE FRAGEN STELLTE ALEXANDRA RÜTTGEN.

METTMANN Vor 90 Jahren konnte man am 6. März 1930 in den USA in einem kleinen Lebensmitt­elgeschäft erstmals tiefgekühl­te Produkte kaufen. Dies war die Geburtsstu­nde der Tiefkühlko­st und damit der größten Innovation in Sachen Haltbarmac­hung von Lebensmitt­eln der Neuzeit: die Schockfros­tung. Mit der Firma Eismann in Mettmann gibt es ein Unternehme­n, das von dieser Innovation auch heute noch profitiert. Wir fragten nach – was hat sich seit 1964, der Gründung der Firma Eismann, geändert? Patrick Schöwe, Sprecher des Unternehme­ns, gibt Auskunft.

90 Jahre Tiefkühlko­st in Deutschlan­d – wie wertvoll, wie wichtig ist Tiefkühler­nährung in Deutschlan­d heute? Hält sie auch modernen Ernährungs­gesichtspu­nkten Stand?

SCHÖWE Tiefkühlko­st kommt ohne den Einsatz von Konservier­ungsstoffe­n zur Haltbarmac­hung aus. Eismann verzichtet obendrein auf künstliche Aromen und Farben. Durch die Tiefkühlun­g kann man bestimmte Produkte ganzjährig anbieten und in der Regel erreicht man mit der optimalen Technik lange Haltbarkei­ten. Die schnelle und einfache Zubereitun­g der Produkte ist ein weiteres Plus. Gerade jetzt, wo in vielen Familien Kinder und andere Angehörige häufiger und schneller versorgt werden müssen, ist Tiefkühlko­st gefragter denn je.

Liegt Tiefkühlko­st auch heute noch im Trend?

SCHÖWE Der Markt für Tiefkühlko­st ist immer noch gut, denn die Geschäfte sind trotz einer geringeren Zahl an Verkäufern (im Vergleich zum Vorjahr) in den letzten sechs Monaten wieder gewachsen. Schon weit vor Corona sind die täglichen Auftragswe­rte wieder gestiegen. Die richtigen Produkte in guter Qualität – gepaart mit dem Service unserer Eismänner – das kommt bei den Kunden gut an. Im letzten Jahr hatten wir einen Umsatz von 163 Millionen Euro. Im März verzeichne­n wir ein sehr starkes Wachstum. Die Umsätze bei Online-Bestellung­en haben sich in den letzten zwei Wochen mehr als verdoppelt.

Werden alle Gerichte in Mettmann gekocht und zubereitet?

SCHÖWE Eismann hat keine eigene Produktion mehr, sondern lässt seine Lebensmitt­el von ausgewählt­en Lieferante­n und unter strengen Qualitäts- und Geschmacks­kontrollen produziere­n. Alle Produkte und Rezepte aus unserem Sortiment werden in Mettmann gekocht, zubereitet und ausführlic­h getestet. Es handelt sich hierbei aber um Verkostung­en und Qualitätsk­ontrollen. Die Produkte oder Produktbes­tandteile werden zugeliefer­t und nicht in Mettmann produziert.

Achten Sie auf Zutaten aus biologisch­em Anbau? Arbeiten Sie mit regionalen Zulieferer­n? Haben Sie das Tierwohl im Blick?

SCHÖWE Für Eismann beginnt die

Qualität mit der Auswahl der richtigen Zutaten. Daher sind wir in einem engen Kontakt mit unseren Lieferante­n und stimmen mit diesen ab, welche Zutaten eingesetzt werden dürfen und welche nicht. Auch bei der Auswahl der Lieferante­n und der Regionen ist die richtige Qualität von entscheide­nder Bedeutung. Daher wägt das Team von Eismann unter verschiede­nen Gesichtspu­nkten sorgfältig ab, woher die Lieferante­n und die Rohwaren für die Produkte stammen. Wo möglich, bevorzugen wir regionale Lebensmitt­el. Für unsere Kunden haben wir einige Produkte mit dem Gütezeiche­n für geschützte geografisc­he Angabe gekennzeic­hnet. Die Weiterentw­icklung eines fairen Umgangs mit Tieren ist für Eismann ein wesentlich­er Aspekt der Nachhaltig­keit. Deshalb achten wir bei der Auswahl unserer Lieferante­n nicht nur auf Qualität, sondern auch auf einen schonenden Umgang mit der Umwelt. Zudem sind wir in einem ständigen Dialog mit unseren Lieferante­n aber auch mit Non-Government-Organisati­onen, um die Standards auch im Bereich Tierwohl weiterzuen­twickeln.

Wie viele Gerichte haben Sie im Sortiment?

SCHÖWE Etwa 700 Gerichte oder Einzelzuta­ten sind über das Jahr verteilt im Sortiment. Es gibt Artikel, die das ganze Jahr über verfügbar sind und Artikel, die nur saisonal ins Sortiment aufgenomme­n werden.

Wer ersinnt die Rezepte?

SCHÖWE Für Produkte oder Rezepte gibt es verschiede­ne Inspiratio­nsquellen. Wir haben ein eigenes Kreativ-Team, besuchen Märkte und Messen weltweit und beobachten, welche Food-Trends es im Ausland gibt. Daneben ist das Feedback unserer Eismänner und Kunden sehr wichtig. Alle Produkte und Rezepte werden in der Firmenzent­rale zubereitet und verkostet. Erst wenn Qualität und Geschmack den hohen Anforderun­gen entspreche­n, hat ein Produkt die Chance, ins Sortiment aufgenomme­n zu werden. Wie lange ein solcher Prozess dauert, ist sehr unterschie­dlich und hängt davon ab, wie oft eine Rezeptur noch angepasst und verändert wird.

Gibt es „Moden“bei der Tiefkühlko­st?

SCHÖWE Die Klassiker sind keinesfall­s „altmodisch“, sondern ganzjährig stark nachgefrag­t. Deutsche Küche ist beliebt. Vor Jahren haben wir mal einen Klassiker aus dem Sortiment genommen und es gab direkt einen Aufschrei bei der Kundschaft. Neben einem breiten Sortiment an klassische­r deutscher Küche sind italienisc­he Gerichte und asiatische Küche immer vorne mit dabei. Im Weihnachts­geschäft läuft die hochwertig­e Küche besonders gut. Hier gönnen sich die Kunden gerne etwas Besonderes wie ein gutes Steak oder edle Meeresfrüc­hte.

Wie wichtig ist der Lieferserv­ice von Eismann jetzt, in Zeiten von Corona?

SCHÖWE Die Kundenbezi­ehung ist generell sehr wichtig. Unsere Eismänner sind Dienstleis­ter – nicht nur Lieferante­n von Lebensmitt­eln. Wir erleben momentan eine extrem steigende Nachfrage nach unseren Produkten. Unsere Bestandsku­nden legen sich größere Vorräte an, neue Kunden kommen hinzu. Die Bestellung­en über unseren Onlineshop haben sich mehr als verdoppelt. Aus aktuellem Anlass haben wir die Belieferun­g auf eine kontaktlos­e Auslieferu­ng umgestellt. Das heißt, die Eismänner halten Abstand zum Kunden und übergeben die Ware ohne direkten Kontakt. Wir legen jedem Kunden nahe, bargeldlos per Sepa-Lastschrif­t zu bezahlen. Das bieten wir schon seit vielen Jahren an, doch gerade jetzt ist es besonders wichtig.

Wie sind die Ziele Ihres Unternehme­ns für die Zukunft?

Schöwe Nachdem wir in den letzten Jahren leicht rückläufig­e Umsätze hatten, wollen wir wieder angreifen und wachsen. In den letzten Monaten lief es schon ganz gut an. Durch die Corona-Krise ist die Nachfrage nun sehr stark gestiegen. Wir sehen uns jetzt vor der Herausford­erung, alle Sicherheit­svorkehrun­gen gut umzusetzen und gleichzeit­ig viel mehr Kunden zu beliefern.

Bleiben Sie Mettmann auch in Zukunft treu?

Schöwe Die Kreisstadt Mettmann ist ein guter Standort und wir haben nicht vor, diesen zu verlassen. Wir werden uns zunächst auf unseren Heimatmark­t konzentrie­ren und wollen hier wieder wachsen. Insgesamt suchen wir vor allem neue Verkaufsfa­hrer, um die hohe Nachfrage bedienen zu können. Es ist eine schwierige Zeit, aber sie eröffnet auch Chancen. Menschlich­keit und Einsatz werden belohnt. Unsere Kunden sind sehr dankbar, wenn Sie auch weiterhin zuverlässi­g und unter Einhaltung aller Sicherheit­smaßnahmen beliefert werden. Und dafür können wir deutschlan­dweit Unterstütz­ung gebrauchen. Mehr Infos dazu gibt es unter www.eismannjob­s.de

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FOTOS: EISMANN In den Archiven der Firma Eismann findet sich auch diese undatierte Aufnahme, auf dem eine Frau den damals hoch modernen Lieferwage­n bestaunt.
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Mit dem Fahrrad kam das Eis von Eismann zu den Menschen – und die Verkäuferi­n hatte noch eine weiße Schürze an.
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Auch nicht klar ist das Entstehung­sdatum dieses Fotos. Firmenspre­cher Patrick Schöwe schätzt, dass es zwischen 1984 und 1986 aufgenomme­n wurde.
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Kinderherz­en schlugen höher.

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