Chorsänger proben jetzt am Bildschirm
Die Frauen von „Miss Harmony“und ihr Chorleiter haben jetzt einen Weg gefunden, um aktiv und in Kontakt zu bleiben.
ERKRATH Donnerstagabend, 19 Uhr, das ist seit mehr als zwanzig Jahren ein fester Termin im Kalender der Sängerinnen von „Miss Harmony“, dem Erkrather Barbershop-Chor. Da treffen sie sich „unter dem Dach“, dem Versammlungsraum im Obergeschoss von Haus Bavier in der Bahnstraße.
Doch das ist in Zeiten, in denen der Corona-Virus das öffentliche und soziale Leben fest im Griff hat, tabu. „Deshalb haben wir nach Möglichkeiten gesucht, die Probe virtuell abzuhalten“, erzählt Assistenz-Chorleiterin Petra Schendekehl. Sie sitzt an ihrem Rechner im heimischen Wohnzimmer neben ihrem Klavier und wartet, dass es 19 Uhr wird.
Denn dann beginnt das 40-minütige Zeitfenster, das sie bei einem Streaming-Anbieter erstmal zur Probe gebucht haben. „Bevor wir ein Abo abschließen, müssen wir testen, ob die virtuelle Probe funktioniert“, berichtet Christel Juchniewicz, die an diesem Abend der Host ist.
Sie hat das Programm ausgesucht, daheim in Mettmann am Rechner aufgespielt und ihre Singschwestern eingewiesen. „Über die WhatsApp-Gruppe, in der wir uns austauschen,“erklärt sie. Nach und nach wählen sich die Frauen ein und die gegenseitige Begrüßung fällt überaus herzlich aus. Als auch Dirigent
Martin Falke in Bild und Ton erscheint, wird er vielstimmig begrüßt. Er sitzt zuhause am Klavier, bereit, den Ton vorzugeben. Aber erst muss noch das eine oder andere Hintergrund-Bild bestaunt werden. Oder ein Ehemann begrüßt werden, der im Hintergrund zu sehen ist.
Wie der von Beate: „Er möchte sehen, ob das auch für seinen Chor eine Alternative ist“, erklärt sie. Almut Schmidt sitzt vor der Düsseldorfer Skyline bei Nacht –Rheinschleife, Fernsehturm und Kniebrücke bilden ihren PC-Hintergrund. Erklärung: Ihre Firma benutzt diese Internet-Plattform, um Video-Konferenzen abzuhalten.
„Da haben wir natürlich schon mal alle probiert, was das Programm sonst so noch so alles kann.“Nach der Erklärung, was man machen muss, probieren es auch einige andere Frauen aus. Bei einer ist plötzlich der Hinter- in den Vordergrund getreten, so dass ihr Konterfei nur noch durchschneidend zu sehen ist. Das provoziert Kommentare. Der Dirigent unterbricht das Geplänkel, um an den offiziellen Zweck der Zusammenkunft zu erinnern.
Sofort sind alle Frauen, die sich gegenseitig und natürlich auch ihren Leiter in kleinen Fenstern auf ihren Bildschirmen sehen, bei der Sache. Dirigent Falke stimmt das erste Lied an, „Rose Red“, und die Frauen fallen nach und nach ein. Schnell unterbricht Petra Schendekehl, um festzustellen: „Ton- und Videospur kommen versetzt an, wir sind nicht synchron“.
Alle teilen die Enttäuschung und Erklärungsversuche und Vorschläge, wie man beides übereinbringen könnte, schwirren hin und her. Christel Juchniewicz als „Webmaster“schaltet schließlich bis auf die Tonspur von Chorleiterin und Dirigenten alle anderen stumm. Nun ist es an Petra Schendekehl, die einzelnen Stimmen „anzusingen“.
So gibt es zwar keine komplette Chorprobe, aber doch eine nach der Zugehörigkeit zu Sopran, Alt, Bariton und Bass. „Nicht ganz optimal, aber so bleiben wir doch in Übung und sehen uns wenigstens weiterhin. Ich habe Euch schon alle vermisst,“bringt die Assistenzchorleiterin das „Miss Harmony“-Feeling für alle auf den Punkt.