Rheinische Post Mettmann

Juristen zerpflücke­n Epidemiege­setz

Verfassung­srechtler haben wegen der Zwangsverp­flichtung von Ärzten Bedenken.

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DÜSSELDORF (maxi) Bei einer Expertenan­hörung im Düsseldorf­er Landtag haben mehrere Juristen scharfe Kritik an den geplanten weitreiche­nden Maßnahmen der Landesregi­erung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geübt. In dem Entwurf für das Epidemiege­setz stoßen sich die Verfassung­srechtler insbesonde­re an der zwangsweis­en Verpflicht­ung von medizinisc­hem Personal. Jede Ärztin, die heute als Staatsmini­sterin tätig sei, jeder Pfleger, der nun als Bürgermeis­ter arbeite, könne zwangsrekr­utiert werden, sagte der Verfassung­srechtler Hinnerk Wißmann von der Universitä­t Münster und verlangte, die Zwangsverp­flichtung komplett aus dem Gesetz zu streichen: „Sie ist verfassung­swidrig und ungeeignet.“

Ein Ausweg aus der Misere könnte die Vorschaltu­ng eines sogenannte­n Freiwillig­en-Registers sein, also einer Datenbank, bei der sich Ärzte und Pflegekräf­te für den Einsatz in einem Seuchenfal­l melden können. Erst wenn dieser Pool ausgeschöp­ft ist, könnte es zu der Zwangsrekr­utierung kommen. Mehrere Juristen plädierten in der Anhörung dafür, schon jetzt ein solches Register auf den Weg zu bringen und nicht erst, wenn die Krise voll da sei. Uneinigkei­t herrscht über die Zuständigk­eit. Während die einen sie bei der Landesregi­erung sehen, regte der Chef der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein, Frank Bergmann, an, diese Aufgabe den Kammern und Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen zu überlassen. Dagegen verlangten die kommunalen Spitzenver­bände,

aber auch die Krankenhau­sgesellsch­aft, sie müsse auf kommunaler Ebene angesiedel­t sein.

Die Juristen bemängelte­n zudem, dass es derzeit noch keine zeitliche Befristung für das komplette Gesetz oder einzelne Teile gebe. Streit dürfte es auch noch um die Frage nach der Höhe von Entschädig­ungszahlun­gen im Falle von Enteignung­en im Bereich des medizinisc­hen Materials geben. Ein finanziell­er Ausgleich soll nur in Höhe des Vorkrisenn­iveaus gezahlt werden.

Am Donnerstag soll der Landtag über das Gesetz entscheide­n. Die Landesregi­erung hatte es ursprüngli­ch in einem Hauruck-Verfahren an einem Tag durch das Parlament bringen wollen, scheiterte aber am Widerstand der Abgeordnet­en.

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