Rheinische Post Mettmann

Der Einmalhand­schuh als Keimschleu­der

Ärzte warnen: Wegwerf-Handschuhe sind als Schutz vor Coronavire­n absolut ungeeignet.

- VON SEBASTIAN KALENBERG

DÜSSELDORF Im Supermarkt, beim Bäcker, selbst beim Spaziergan­g: Viele Menschen greifen auf Einmalhand­schuhe zurück, um sich und andere vor dem Coronaviru­s zu schützen. Doch nun warnen Ärzte vor der falschen Nutzung von Einmalhand­schuhen in der Öffentlich­keit.

„Der Handschuh verleiht ein Gefühl von Sicherheit, vor dem die empfohlene­n Hygienereg­eln, insbesonde­re die Händehygie­ne – häufiges Waschen, nicht ins Gesicht fassen, in die Armbeuge oder Taschentuc­h niesen – weniger beachtet werden. Häufig ist zu beobachten, dass Menschen, die etwa beim Einkaufen Handschuhe tragen, sich mit der behandschu­hten Hand häufig auch ins Gesicht fassen“, teilte Susanne Kolbe-Busch, leitende Krankenhau­shygienike­rin des Universitä­tsklinikum Düsseldorf, mit.

Im Krankenhau­salltag würden diese Handschuhe genutzt, wenn das medizinisc­he Personal „mit Atemwegsse­kreten, Blut oder anderen Körperflüs­sigkeiten“in direkte Berührung kommen würde. „In der Bevölkerun­g ist bei sozialen Kontakten nicht damit zu rechnen, dass eine Erregerlas­t vergleichb­ar mit medizinisc­her Versorgung auftritt“, erklärt Kolbe-Busch. Ene gründliche Säuberung und Desinfekti­on der Hände sei trotzdem unabdingba­r. „Es besteht das Risiko, dass Handschuhe unerkannte Perforatio­nen aufweisen können oder dass eine Übertragun­g von Erregern auf die Hände beim Ausziehen vorkommt.“

Auf Twitter äußert sich Allgemeinm­ediziner Marc Hanefeld aus Bremervörd­e und appelliert: „Hört auf, medizinisc­he Handschuhe in der Öffentlich­keit zu tragen. Das ist eine hygienisch­e Sauerei großen Ausmaßes.“Ein Grund sei das poröse Material, das schnell löchrig und durchlässi­g werden: „Unter dem Handschuh vermehren sich Bakterien mit Freude in der feucht-warmen Kammer. Spätestens nach dem Ausziehen hat man ohne Desinfekti­on eine Kloake an den Händen.“

Auch der österreich­ische Mediziner Ojan Assadian, der als Facharzt und Professor für Hygiene und Infektiolo­gie das Institut für Infektions­prävention

an der University of Huddersfie­ld in Großbritan­nien geleitet hat, warnt seit Jahren vor dem falschen Gebrauch. „Medizinisc­h ungeschult­en Menschen würde ich das Tragen im Alltag gar nicht erst empfehlen. Es erfordert ein gewisses Know-how und Übung, sich Einmalhand­schuhe so auszuziehe­n, dass die etwaig darauf haftenden Mikroorgan­ismen auch darauf verbleiben und der Handschuht­räger sie sich nicht beim Ausziehen auf die Hände, das Handgelenk oder die Ärmel seiner Oberbeklei­dung schmiert“, erklärt er im Interview mit dem Onlineport­al pflegen-online.de. Es genügen die Schutz- und Hygienemaß­nahmen: „Abstand halten, zu Hause bleiben, in die Armbeuge husten, Hände waschen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany