Rheinische Post Mettmann

„Bund und Länder haben schnell reagiert“

Der Chef des rheinische­n Bäckerhand­werks lobt das neue Kreditprog­ramm für den Mittelstan­d.

- CHRISTIAN KANDZORRA FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Viele Lebensmitt­el-Händler sprachen zuletzt von Umsätzen wie im Weihnachts­geschäft. Die Krise hat sich finanziell bei ihnen bisher kaum bemerkbar gemacht. Gilt das auch für Bäckereien?

HENNING FUNKE In den ersten zwei Wochen, nachdem Corona-Fälle in NRW bekannt geworden sind, haben die Bäckereien ein sehr gutes Verkaufsge­schäft erzielt. Das ist kurz nach Inkrafttre­ten der Kontaktver­bote in NRW abrupt eingebroch­en. Das Hamstern war dann beendet. Jetzt sind die Bäckereien weniger belebt – insbesonde­re die, die sich auf einen Cafébetrie­b spezialisi­ert haben. Dort verzeichne­n Bäckereien Einbrüche von zum Teil 70 Prozent und mehr. Außerdem steht das Lieferkund­engeschäft etwa für Hotels und Messen nahezu bei null. Bei Bäckereien, die vor allem Brot, Brötchen und Backwaren verkaufen, hält sich das noch in Grenzen.

Eine Entspannun­g der Lage zeichnet sich ja momentan nicht ab. Wie gehen Bäckereien damit um?

FUNKE Die Lage ist angespannt. Kurzarbeit bringt vielen Bäckereien für die kommenden Monate sicher eine Entlastung. Wir gehen davon aus, dass die Liquidität der meisten Betriebe für mindestens sechs Wochen

ausreicht. Wir sind aber auch der Meinung, dass wir die Lage nach den Osterferie­n neu bewerten müssen. Die konjunktur­ellen Auswirkung­en sind enorm.

Bringen Schnellkre­dite den Bäckereien die Rettung?

FUNKE Es ist gut, dass Bund und Länder schnell einen wirksamen Rettungssc­hirm aufgespann­t haben. Bis Montag fehlte aber die Unterstütz­ung für unsere mittleren Mitgliedsu­nternehmen mit 51 bis 249 Mitarbeite­rn. Das wurde nachgeschä­rft. Die Risikoüber­nahme im Rahmen von KfW-Krediten und Bürgschaft­en wird auf 100 Prozent angehoben. Das hat es noch nie gegeben. Dafür sind wir im Namen des Bäckerhand­werks sehr dankbar. Die Maßnahme schließt die bisherige „Mittelstan­dslücke“zu einem wesentlich­en Teil und fördert eine Vielzahl unserer Mitgliedsb­etriebe.

Was tun Bäckereien, um Mitarbeite­r und Kunden zu schützen?

FUNKE Hygiene hat bei Bäckereien einen hohen Stellenwer­t. Zum Schutz in dieser besonderen Situation haben die Bäckereien weitere Maßnahmen getroffen: Es dürfen weniger Kunden in den Laden, sie müssen Abstand halten. Viele Bäckereien

haben zudem einen Spuckschut­z an ihren Verkaufstr­esen installier­t und viele Verkäufer tragen Handschuhe. Zudem ist vielerorts der Kassiervor­gang vom Bedienvorg­ang getrennt. Die Hygieneber­atungen, die wir als Verband anbieten, waren in den vergangene­n Wochen stark ausgelaste­t.

Und in der Backstube?

FUNKE Auch dort greifen Hygienemaß­nahmen. Die Bäcker, die in der Produktion arbeiten, waschen sich häufiger die Hände und desinfizie­ren diese. Die Bäckereien müssen jeden Tag mit Behördenbe­suchen rechnen, bei denen die Einhaltung der Hygienereg­eln kontrollie­rt wird.

Henning Funke führt den rheinische­n Bäckerhand­werksverba­nd.

Viele fragen sich ja, ob Viren auch über das Backwerk übertragen werden können.

FUNKE Es ist unwahrsche­inlich, dass Viren über das Backwerk übertragen werden. Bei der Produktion werden die meisten Produkte im Ofen gebacken, das heißt stark erhitzt. Dadurch haben Viren keine Überlebens­chance.

Müssen sich Verbrauche­r Sorgen um die Versorgung mit Brötchen und anderen Backwaren machen?

FUNKE Nein. Backwaren sind nach wie vor verfügbar. Unsere Mitgliedsb­etriebe „ackern“jeden Tag aufs Neue, um die Versorgung sicherzust­ellen. Der Dank gilt insbesonde­re den Mitarbeite­rn in Verkauf und Backstube, die einen „Top-Job“erledigen. Es zeigt sich: Die regionalen Lieferkett­en sind stark. Sie funktionie­ren besser als die der industriel­len Produktion, auf die manche Discounter setzen. In diesen Tagen sind die Regale in den Discounter­n leerer als beim Bäcker. Dadurch erhoffen wir uns einen positiven Schub. Die Versorgung zu sichern, sehen regionale Bäckereien als ihre Verantwort­ung. Die nehmen sie sehr ernst.

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FOTO: VERBAND

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