„Bund und Länder haben schnell reagiert“
Der Chef des rheinischen Bäckerhandwerks lobt das neue Kreditprogramm für den Mittelstand.
Viele Lebensmittel-Händler sprachen zuletzt von Umsätzen wie im Weihnachtsgeschäft. Die Krise hat sich finanziell bei ihnen bisher kaum bemerkbar gemacht. Gilt das auch für Bäckereien?
HENNING FUNKE In den ersten zwei Wochen, nachdem Corona-Fälle in NRW bekannt geworden sind, haben die Bäckereien ein sehr gutes Verkaufsgeschäft erzielt. Das ist kurz nach Inkrafttreten der Kontaktverbote in NRW abrupt eingebrochen. Das Hamstern war dann beendet. Jetzt sind die Bäckereien weniger belebt – insbesondere die, die sich auf einen Cafébetrieb spezialisiert haben. Dort verzeichnen Bäckereien Einbrüche von zum Teil 70 Prozent und mehr. Außerdem steht das Lieferkundengeschäft etwa für Hotels und Messen nahezu bei null. Bei Bäckereien, die vor allem Brot, Brötchen und Backwaren verkaufen, hält sich das noch in Grenzen.
Eine Entspannung der Lage zeichnet sich ja momentan nicht ab. Wie gehen Bäckereien damit um?
FUNKE Die Lage ist angespannt. Kurzarbeit bringt vielen Bäckereien für die kommenden Monate sicher eine Entlastung. Wir gehen davon aus, dass die Liquidität der meisten Betriebe für mindestens sechs Wochen
ausreicht. Wir sind aber auch der Meinung, dass wir die Lage nach den Osterferien neu bewerten müssen. Die konjunkturellen Auswirkungen sind enorm.
Bringen Schnellkredite den Bäckereien die Rettung?
FUNKE Es ist gut, dass Bund und Länder schnell einen wirksamen Rettungsschirm aufgespannt haben. Bis Montag fehlte aber die Unterstützung für unsere mittleren Mitgliedsunternehmen mit 51 bis 249 Mitarbeitern. Das wurde nachgeschärft. Die Risikoübernahme im Rahmen von KfW-Krediten und Bürgschaften wird auf 100 Prozent angehoben. Das hat es noch nie gegeben. Dafür sind wir im Namen des Bäckerhandwerks sehr dankbar. Die Maßnahme schließt die bisherige „Mittelstandslücke“zu einem wesentlichen Teil und fördert eine Vielzahl unserer Mitgliedsbetriebe.
Was tun Bäckereien, um Mitarbeiter und Kunden zu schützen?
FUNKE Hygiene hat bei Bäckereien einen hohen Stellenwert. Zum Schutz in dieser besonderen Situation haben die Bäckereien weitere Maßnahmen getroffen: Es dürfen weniger Kunden in den Laden, sie müssen Abstand halten. Viele Bäckereien
haben zudem einen Spuckschutz an ihren Verkaufstresen installiert und viele Verkäufer tragen Handschuhe. Zudem ist vielerorts der Kassiervorgang vom Bedienvorgang getrennt. Die Hygieneberatungen, die wir als Verband anbieten, waren in den vergangenen Wochen stark ausgelastet.
Und in der Backstube?
FUNKE Auch dort greifen Hygienemaßnahmen. Die Bäcker, die in der Produktion arbeiten, waschen sich häufiger die Hände und desinfizieren diese. Die Bäckereien müssen jeden Tag mit Behördenbesuchen rechnen, bei denen die Einhaltung der Hygieneregeln kontrolliert wird.
Henning Funke führt den rheinischen Bäckerhandwerksverband.
Viele fragen sich ja, ob Viren auch über das Backwerk übertragen werden können.
FUNKE Es ist unwahrscheinlich, dass Viren über das Backwerk übertragen werden. Bei der Produktion werden die meisten Produkte im Ofen gebacken, das heißt stark erhitzt. Dadurch haben Viren keine Überlebenschance.
Müssen sich Verbraucher Sorgen um die Versorgung mit Brötchen und anderen Backwaren machen?
FUNKE Nein. Backwaren sind nach wie vor verfügbar. Unsere Mitgliedsbetriebe „ackern“jeden Tag aufs Neue, um die Versorgung sicherzustellen. Der Dank gilt insbesondere den Mitarbeitern in Verkauf und Backstube, die einen „Top-Job“erledigen. Es zeigt sich: Die regionalen Lieferketten sind stark. Sie funktionieren besser als die der industriellen Produktion, auf die manche Discounter setzen. In diesen Tagen sind die Regale in den Discountern leerer als beim Bäcker. Dadurch erhoffen wir uns einen positiven Schub. Die Versorgung zu sichern, sehen regionale Bäckereien als ihre Verantwortung. Die nehmen sie sehr ernst.