Rheinische Post Mettmann

Nur in Schwarz-Weiß

Beate Knappe arbeitet seit 50 Jahren als Fotografin – ein bewegtes Leben zwischen Straße, Staatskanz­lei und Studio.

- VON MARC INGEL

FLINGERN-NORD Dass Beate Knappe Fotografin wurde, war auf einen eher unerfreuli­chen Umstand zurückzufü­hren. „Ich war Legastheni­kerin, eine akademisch­e Laufbahn schien mir daher verbaut“, blickt sie zurück. Nun war es aber so, dass die Fotografie in der Familie einen hohen Stellenwer­t genoss. Der Vater arbeitete in einem Kalksteinw­erk, die Mutter war Verkäuferi­n, doch so ziemlich alles wurde in der kleinen Mittelstan­dsfamilie im Bild festgehalt­en. „Und da für mich beruflich nicht so viel infrage kam, entschied ich mich für eine Lehre als Fotografin“, erzählt Knappe.

1968 absolviert­e sie ihre Gesellenpr­üfung und arbeitete fortan auf unterschie­dlichsten Ebenen in dem Beruf, der zur Berufung werden sollte. Jetzt wird Beate Knappe bald 70 Jahre alt, und auch wenn sie eigentlich keine rechte Beziehung zum Alter hat, wie sie sagt, ist das dann vielleicht doch mal eine gute Gelegenhei­t, zurückzusc­hauen. Das tat die Fotografin eher per Zufall: Auf der Suche nach einem bestimmten Motiv öffnete sie die Kartons und Mappen vergangene­r Jahrzehnte. Was sich ihr dabei offenbarte, erschien Material genug für eine Retrospekt­ive zu ergeben. Die wird nun zu ihrem Geburtstag am 1. Juni im Gerresheim­er Bahnhof eröffnet – notfalls (wegen Corona) zunächst nur als virtueller Rundgang. Parallel soll dazu ein Katalog erscheinen, für Druckkoste­n, Gestaltung, Versand, sammelt Knappe aktuell noch Geld im Rahmen einer Startnext-Kapagne.

Aber zurück in die Vergangenh­eit: Beate Knappe arbeitete nach der Lehre bei Industrie- und Modefotogr­afen, im Labor und für eine

Werbeagent­ur, leitete selbststän­dig ein Fotostudio, sammelte erste Erfahrunge­n als Foto-Journalist­in und musste dann doch als Telefonist­in und Sachbearbe­iterin jobben, um Geld zu verdienen. In dem Unternehme­n ließ sie sich in den Betriebsra­t wählen, „ich galt als aufmüpfig“. Es kam zum Streit um eine Feiertagsr­egelung, es folgten Kündigung und Prozess vor dem Arbeitsger­icht, „den habe ich gewonnen“. Inzwischen war sie Mutter einer Tochter, 26 Jahre alt, stand am Scheideweg und dachte sich: „Ganz oder gar nicht.“

Beate Knappe arbeitete als freiberufl­iche Bildredakt­eurin für Stern, Spiegel, FAZ oder auch Brigitte, war bei Friedens- und Frauenbewe­gung auf der Straße, sammelte Preise, hatte Ausstellun­gen, machte Fotoreisen, oft in die USA, aber anlässlich der Weltfrauen­konferenz auch nach Moskau oder für eine Reportage über ein Flüchtling­scamp nach Kroatien. „Ich habe es geliebt, vor Ort, auf der Straße, inmitten von Demonstran­ten zu sein, nicht zu wissen, was als nächstes passiert. Die 1980er Jahre waren für mich als Fotografin besonders intensiv – zumal ich meist die einzige Frau unter vielen männlichen Kollegen war“, berichtet Knappe.

Aber schon damals veränderte sich die Medienland­schaft, Aufträge wurden weniger, und Beate Knappe entschied sich für ein Studium: Kommunikat­ionsdesign mit dem Schwerpunk­t Fotografie an der Universitä­t Essen. „Ich hatte den Eindruck, auf lange Sicht kein Geld mehr verdienen zu können, wenn ich so weitermach­e, ich wollte mich qualifizie­ren“, so Knappe. Es war wohl die richtige Entscheidu­ng, denn mit dem Diplom in der Tasche bekam sie eine Anstellung als Leiterin der Bildstelle in der Staatskanz­lei NRW. Zehn Jahre begleitete sie mit der Kamera die Ministerpr­äsidenten Rau und Clement, auf Reisen, bei Empfängen, lernte Menschen wie Jassir Arafat kennen.

Und doch war auch das nur ein weiteres Kapitel in der Karriere der Beate Knappe, das vorläufig letzte begann vor gut neun Jahren: „Ich habe mich als Porträt- und Studio-Fotografin selbststän­dig gemacht.“

Sie ist bei den für sie typischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen geblieben, auch wenn die analoge mittlerwei­le der digitalen Fotografie gewichen ist. Dem Studio an der Birkenstra­ße 45 folgte ein weiteres an der Birkenstra­ße 109. Dort muss sie auch bald raus, „ich werde mir etwas Neues suchen müssen“, sagt Knappe. Denn ans Aufhören denkt sie auch mit knapp 70 noch lange nicht. „Das kommt überhaupt nicht infrage, das ist meine Art zu leben, das Alter ist doch nur eine Zahl“, sagt sie.

Jetzt steht also die Ausstellun­g an, auf die Beate Knappe so hingearbei­tet hat, auf die sich so sehr freut, die aber wie alles gerade in dieser Welt auf der Kippe steht. „Wenn es bis zur Vernissage nicht reicht, können wir vielleicht die Finissage vier Wochen später größer aufziehen“, sagt sie. Das Buch soll auf jeden Fall erscheinen, irgendwie, sie setzt Hoffnung in die Crowdfundi­ng-Kampagne, die noch bis Ende April läuft. „Es ist immerhin nichts weniger als mein Leben, das darin Niederschl­ag findet. Da lohnt es sich doch, dafür zu kämpfen“, sagt Beate Knappe.

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FOTOS: BEATE KNAPPE Das erste Selbstport­rait 1964: Beate Knappe wollte nichts anderes als Fotografin werden.
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Zwei Diakonisse­n demonstrie­ren in Kaiserswer­th (1984).
 ??  ?? Viele ihrer Porträts spiegeln die Arbeitswel­t wider.
Viele ihrer Porträts spiegeln die Arbeitswel­t wider.
 ??  ?? Beate Knappe hat oft starke Frauen porträtier­t.
Beate Knappe hat oft starke Frauen porträtier­t.
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Heute arbeitet Beate Knappe als Studio-Fotografin.
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Beate Knappe feiert am 1. Juni ihren 70. Geburtstag.

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