Nur in Schwarz-Weiß
Beate Knappe arbeitet seit 50 Jahren als Fotografin – ein bewegtes Leben zwischen Straße, Staatskanzlei und Studio.
FLINGERN-NORD Dass Beate Knappe Fotografin wurde, war auf einen eher unerfreulichen Umstand zurückzuführen. „Ich war Legasthenikerin, eine akademische Laufbahn schien mir daher verbaut“, blickt sie zurück. Nun war es aber so, dass die Fotografie in der Familie einen hohen Stellenwert genoss. Der Vater arbeitete in einem Kalksteinwerk, die Mutter war Verkäuferin, doch so ziemlich alles wurde in der kleinen Mittelstandsfamilie im Bild festgehalten. „Und da für mich beruflich nicht so viel infrage kam, entschied ich mich für eine Lehre als Fotografin“, erzählt Knappe.
1968 absolvierte sie ihre Gesellenprüfung und arbeitete fortan auf unterschiedlichsten Ebenen in dem Beruf, der zur Berufung werden sollte. Jetzt wird Beate Knappe bald 70 Jahre alt, und auch wenn sie eigentlich keine rechte Beziehung zum Alter hat, wie sie sagt, ist das dann vielleicht doch mal eine gute Gelegenheit, zurückzuschauen. Das tat die Fotografin eher per Zufall: Auf der Suche nach einem bestimmten Motiv öffnete sie die Kartons und Mappen vergangener Jahrzehnte. Was sich ihr dabei offenbarte, erschien Material genug für eine Retrospektive zu ergeben. Die wird nun zu ihrem Geburtstag am 1. Juni im Gerresheimer Bahnhof eröffnet – notfalls (wegen Corona) zunächst nur als virtueller Rundgang. Parallel soll dazu ein Katalog erscheinen, für Druckkosten, Gestaltung, Versand, sammelt Knappe aktuell noch Geld im Rahmen einer Startnext-Kapagne.
Aber zurück in die Vergangenheit: Beate Knappe arbeitete nach der Lehre bei Industrie- und Modefotografen, im Labor und für eine
Werbeagentur, leitete selbstständig ein Fotostudio, sammelte erste Erfahrungen als Foto-Journalistin und musste dann doch als Telefonistin und Sachbearbeiterin jobben, um Geld zu verdienen. In dem Unternehmen ließ sie sich in den Betriebsrat wählen, „ich galt als aufmüpfig“. Es kam zum Streit um eine Feiertagsregelung, es folgten Kündigung und Prozess vor dem Arbeitsgericht, „den habe ich gewonnen“. Inzwischen war sie Mutter einer Tochter, 26 Jahre alt, stand am Scheideweg und dachte sich: „Ganz oder gar nicht.“
Beate Knappe arbeitete als freiberufliche Bildredakteurin für Stern, Spiegel, FAZ oder auch Brigitte, war bei Friedens- und Frauenbewegung auf der Straße, sammelte Preise, hatte Ausstellungen, machte Fotoreisen, oft in die USA, aber anlässlich der Weltfrauenkonferenz auch nach Moskau oder für eine Reportage über ein Flüchtlingscamp nach Kroatien. „Ich habe es geliebt, vor Ort, auf der Straße, inmitten von Demonstranten zu sein, nicht zu wissen, was als nächstes passiert. Die 1980er Jahre waren für mich als Fotografin besonders intensiv – zumal ich meist die einzige Frau unter vielen männlichen Kollegen war“, berichtet Knappe.
Aber schon damals veränderte sich die Medienlandschaft, Aufträge wurden weniger, und Beate Knappe entschied sich für ein Studium: Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Fotografie an der Universität Essen. „Ich hatte den Eindruck, auf lange Sicht kein Geld mehr verdienen zu können, wenn ich so weitermache, ich wollte mich qualifizieren“, so Knappe. Es war wohl die richtige Entscheidung, denn mit dem Diplom in der Tasche bekam sie eine Anstellung als Leiterin der Bildstelle in der Staatskanzlei NRW. Zehn Jahre begleitete sie mit der Kamera die Ministerpräsidenten Rau und Clement, auf Reisen, bei Empfängen, lernte Menschen wie Jassir Arafat kennen.
Und doch war auch das nur ein weiteres Kapitel in der Karriere der Beate Knappe, das vorläufig letzte begann vor gut neun Jahren: „Ich habe mich als Porträt- und Studio-Fotografin selbstständig gemacht.“
Sie ist bei den für sie typischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen geblieben, auch wenn die analoge mittlerweile der digitalen Fotografie gewichen ist. Dem Studio an der Birkenstraße 45 folgte ein weiteres an der Birkenstraße 109. Dort muss sie auch bald raus, „ich werde mir etwas Neues suchen müssen“, sagt Knappe. Denn ans Aufhören denkt sie auch mit knapp 70 noch lange nicht. „Das kommt überhaupt nicht infrage, das ist meine Art zu leben, das Alter ist doch nur eine Zahl“, sagt sie.
Jetzt steht also die Ausstellung an, auf die Beate Knappe so hingearbeitet hat, auf die sich so sehr freut, die aber wie alles gerade in dieser Welt auf der Kippe steht. „Wenn es bis zur Vernissage nicht reicht, können wir vielleicht die Finissage vier Wochen später größer aufziehen“, sagt sie. Das Buch soll auf jeden Fall erscheinen, irgendwie, sie setzt Hoffnung in die Crowdfunding-Kampagne, die noch bis Ende April läuft. „Es ist immerhin nichts weniger als mein Leben, das darin Niederschlag findet. Da lohnt es sich doch, dafür zu kämpfen“, sagt Beate Knappe.