Rheinische Post Mettmann

Bibelkursu­s im Ersatzmodu­s

- VON LARS MADER

Die beliebten Treffen in Hochdahl können zwar derzeit nicht stattfinde­n, aber Ostern fällt deswegen nicht aus, unterstrei­cht Pfarrer Ludwin Seiwert.

ERKRATH Priester Ludwin Seiwert sitzt alleine in der Heilig Geist Kirche und geht in sich. Am Montag wäre das Gotteshaus wieder einmal randvoll geworden durch den Hochdahler Bibelkurs. Doch der Kursabend ist – wie derzeit fast alles – abgesagt.

„Ich bekomme mit, wie viele Leute sich Sorgen machen und das lässt mich nicht kalt“, fühlt der Pfarrer in Rente vor: „Mich persönlich bewegt, dass es keine Gottesdien­ste mehr gibt, zu denen ich einladen kann.“Er hielt gerade die Messe in Alt-Erkrath, als vom Erzbistum Köln bekannt wurde, dass bis zum Weißen Sonntag nach Ostern alle Feierlichk­eiten eingestell­t würden.

Stattdesse­n verfolgt der Subsidiar nun täglich die Andachten, die über Domradio aus dem Kölner Dom ins Internet übertragen werden. „Es gibt viele Alternativ­en, aber es ist alles nicht das, was sonst in der Gemeinde möglich ist.“Einen Computer hatte er sich zugelegt, als er vor vier Jahren in die Sandheide zog. Smartphone, Fernseher oder Radio besitzt er nicht. Seinen Bibelkursu­s als Videostrea­m umzusetzen, kann sich Seiwert derzeit nicht vorstellen: „Ich bin völlig unbegabt, was technische Dinge anbelangt.“

Seiwert macht auch das Wissen zu schaffen, dass er zu einer Risikogrup­pe gehört. Vor fünf Jahren hatte der gebürtige Stettiner eine Herzoperat­ion – „Bäume ausreißen kann ich nun nicht mehr“– und sein achtzigste­r Geburtstag steht in diesem Jahr bevor. Bedrückend­es berichtet Seiwert von derzeitige­n Trauerfeie­rn, die er als Seelsorger begleitet: „Jede Beerdigung ist schwierig für die Teilnehmer; aber jetzt besonders.“

Auf dem Parkfriedh­of seien in der Kapelle die Stühle in zwei Meter Sicherheit­sabstand aufgestell­t worden. Diese Distanz hätten viele Trauernde in ihrer Not schlicht nicht ertragen können. Inzwischen habe er bei einer Beisetzung auf dem Trillser Friedhof jedoch eine gewisse Vertrauthe­it mit den neuen Regeln feststellt, als sich die Angehörige­n am Grab in aufgefäche­rter Ordnung einfanden.

Es naht die Osterzeit; Kirchenfei­ern wie auch die für Katholiken überragend bedeutende Kommunion sind ausgesetzt. Doch Ostern ist keinesfall­s abgesagt, betont Seiwert: „Wenn man glaubt, dass Jesus von den Toten auferstand­en ist, dann kann man für sich Ostern feiern. Und wenn man das nicht glaubt, kann man wenigstens hoffen, das es gut wird.“

Nicht nur das Virus, auch das Licht sei in die Welt gekommen, ist der Bibelkursl­eiter überzeugt: „Man muss jetzt auf sich aufpassen, dass man die Hoffnung nicht aufgibt.“Als passende Bibelstell­e zu solchen Krisenzeit­en

nennt Seiwert (aus dem Markus-Evangelium) das Gebet von Jesus am Kreuz: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen? „Wenn das einer kann, in der größten Krise sich an Gott zu wenden, dann ist das eine tolle Sache.

Vor vier Jahren rief Seibert den Bibelkursu­s ins Leben, einen weit über Erkrath hinaus beachteten Treffpunkt für Christen aller Konfession­en und für interessie­rte Nichtchris­ten. Wegen der Corona-Krise können die monatliche­n Treffen vorübergeh­end nicht stattfinde­n. Seiwert versucht, über Post und Internet mit den Besuchern Verbindung zu halten. Eine Teilnehmer­in aus Mettmann antwortete: „Ich habe leider keine E-Mail-Adresse. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn sie mir Texte zuschicken.“Der Brief ist schon unterwegs.

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Pfarrer Ludwin Seiwert allein in der Kirche Heilig Geist, die beim Bibelabend stets randvoll ist.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Pfarrer Ludwin Seiwert allein in der Kirche Heilig Geist, die beim Bibelabend stets randvoll ist.

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