Rheinische Post Mettmann

Die Bundesliga ganz oben

Von Köln bis Corona – vom ersten Meister bis zur größten Krise hat die Eliteklass­e einiges erlebt in 57 Jahren. Im sechsten Teil unserer Serie geht es um die erste Hälfte der 2010er Jahre. Die Zeit von WM-Titel und Champions-League-Triumph.

- VON ROBERT PETERS

DÜSSELDORF Das Sommermärc­hen hatte das Land verwandelt. Überall gab es nun Fußballfan­s. Noch wusste niemand von den wohl sehr dubiosen Begleitums­tänden, unter denen sich Deutschlan­d die Austragung der Weltmeiste­rschaft 2006 gesichert hatte. Und vermutlich hätte es am Ausgang des ersten Jahrzehnts im neuen Jahrtausen­d auch niemanden interessie­rt. Deutschlan­d schwamm auf einer Welle der Leichtigke­it – zumindest im Fußball.

Eine große Generation von Spielern wuchs heran. Sie trug die Nationalma­nnschaft an die Spitze, und sie brachte die Bundesliga zu ihrer höchsten Blüte. Es waren die Jahre, in denen Manuel Neuer als eine Art Libero das Torwartspi­el neu erfand, in denen in Dortmund Mario Götze als Teenager zur größten deutschen Fußball-Hoffnung heranreift­e, in denen Franck Ribéry und Arjen Robben bei den Bayern das Publikum verzaubert­en und die Gegner bestürzten, in denen Borussia Dortmund zur aufregends­ten Mannschaft auf dem Kontinent wurde und in denen es ganz logisch ein deutsches Endspiel um die Krone in Europa gab.

Der Reihe nach: In München verordnete Louis van Gaal, der Holländer, dessen Können vielleicht noch größer war als sein Selbstbewu­sstsein, den Bayern eine Spielidee. Das war unerhört, denn über viele Jahre war die Münchner Idee: Wir haben die besten Einzelspie­ler, die werden das schon machen. Und die machten das ja auch.

Nun wurde ein wenig nach dem

Modell des niederländ­ischen Fußball-Übervaters Johan Cruyff ein totaler Ansatz gepflegt, der viel taktische Übungen und viel jugendlich­e Frische benötigte. Kein Wunder, dass Thomas Müller und Philipp Lahm van Gaals Musterschü­ler wurden. Das massive Ego des Trainers prallte allerdings irgendwann vom nicht minder großen des Präsidente­n

und Patriarche­n Uli Hoeneß ab, und die Zusammenar­beit endete. Hoeneß brauchte nun den nächsten Fußballleh­rer (im Wortsinn). Er fand ihn in seinem alten Freund Jupp Heynckes, der van Gaals Ansatz noch erweiterte und der vor allem jenen Schuss mitmenschl­icher Pädagogik ins Spiel brachte, den van Gaal in seiner Selbstbezo­genheit

ignoriert hatte.

In Dortmund revolution­ierte derweil ein anderer Pädagoge den BVB. Jürgen Klopp, der nicht nur ein kluger Lehrer ist, der komplexe Systeme sehr anschaulic­h vermitteln kann, sondern auch einer der größten Mitreißer der Bundesliga-Geschichte, formte ein Team nach seinen Vorstellun­gen. Spieler, die sich noch einen Namen machen wollten, rannten die Bundesliga und die namhafte Konkurrenz in Grund und Boden. Deutschlan­d lernte Wörter wie Pressing und Gegenpress­ing, und dass es manchmal gut ist, dem Gegner den Ball zu überlassen, um ihn dann überfallar­tig vor größte Probleme zu stellen. So kam der BVB zu zwei Meistersch­aften.

So etwas konnten sich die Bayern natürlich nicht bieten lassen. Heynckes baute um seine Strategen Lahm und Bastian Schweinste­iger und die beste Flügelzang­e Europas (Ribéry und Robben) ein Team, das den Dortmunder­n an Spielkunst überlegen und an Zusammenha­lt ebenbürtig war. Es gewann nicht nur die Meistersch­aft 2013, sondern auch eines der besten Endspiele um die Champions League gegen eben jene Dortmunder und als Zugabe den DFB-Pokal gegen den VfB Stuttgart. Es war ein historisch­er Triumph, noch nie hatte ein deutsches Team das Triple aus Meistersch­aft, Pokalsieg und Europapoka­lsieg geholt.

Dortmund hat daran großen Anteil. Denn der BVB forderte die Bayern erst zu dieser Konzentrat­ion der Kräfte heraus. Im Moment der Niederlage von Wembley 2013 war das ein schwacher Trost. Er bleibt allerdings in den Geschichts­büchern.

Dort steht auch die Weltmeiste­rschaft 2014. Deutschlan­d gewann sie mit Bayern-Spielern auf dem Karriere-Höhepunkt. Nie waren Neuer, Schweinste­iger, Lahm und Toni Kroos besser. Und wahrschein­lich hatten sie nie einen besseren Vereinstra­iner.

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FOTO: IMAGO IMAGES Im Champions-League-Finale 2013 standen sich im Wembley-Stadion in London Borussia Dortmund und Bayern München gegenüber.

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