„Die Absage des Japan-Tags war richtig“
Der neue japanische Generalkonsul hat noch nicht viel Zeit gehabt, um die Stadt kennenzulernen.
Der Wechsel an der Spitze des japanischen Generalkonsulats war in einem besonders festlichen Rahmen angekündigt worden. Beim Empfang zum Geburtstag des japanischen Kaisers im Februar hatte der bisherige Generalkonsul Masato Iso verkündet, dass er Düsseldorf zeitnah verlassen würde. Sein Nachfolger Kiminori Iwama ist seit kurzem im Amt – und muss in seinem ersten Jahr in der Landeshauptstadt auf das hier wohl wichtigste Ereignis für die japanische Gemeinde verzichten: Der Japan-Tag ist abgesagt worden.
Herr Iwama, Sie sind seit gut einem Monat in Düsseldorf. Ist die Stadt komplettes Neuland für Sie?
KIMINORI IWAMA Das kann man so nicht sagen. Vor mehr als 30 Jahren bin ich das erste Mal nach Deutschland gekommen, und inzwischen ist es das vierte Mal, dass ich in Deutschland tätig bin. Düsseldorf war schon damals, Ende der 80er Jahre, die deutsche Stadt, in der man Japan am meisten gespürt hat – und damit auch für mich als Japaner in Deutschland eine Art Sehnsuchtsort, den ich gelegentlich besucht habe. Als ich Ende der 90er Jahre wieder in Deutschland, in Berlin, tätig war, hatte ich ebenfalls manchmal die Gelegenheit, Düsseldorf zu besuchen. Inzwischen haben sich japanisches Essen und japanische Popkultur auch in anderen Städten viel weiter verbreitet, es gibt mehr japanische Gemeinden.
Aber Düsseldorf ist nach wie vor etwas Besonderes?
IWAMA Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor das Bundesland, in dem die meisten Japaner ansässig sind. Ich habe auch von meinem Vorgänger gehört, dass es keinen anderen Ort in Europa gibt, der einen so großen Wert auf das Zusammenleben mit der japanischen Gemeinde und die Beziehungen zu Japan legt.
Was sind Ihre wichtigsten Ziele für Ihre Tätigkeit hier in Düsseldorf?
IWAMA Als meine Hauptaufgabe sehe ich es an, die bereits guten
Beziehungen zwischen Düsseldorfer Bürgern und der japanischen Gemeinde weiter zu fördern, ebenso die Beziehungen zwischen japanischen Unternehmen und der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Vor allem geht es uns um einen ständigen Austausch, beispielsweise im Bereich der Kultur und der Schulen – im März mussten leider geplante Besuche von Schülern wegen der aktuellen Situation abgesagt werden. Im vergangenen Jahr wurde außerdem auch die offizielle Partnerschaft Düsseldorfs mit der Präfektur Chiba besiegelt. Diese Beziehung möchte ich gerne weiter vertiefen.
Symbol dieser guten Beziehungen ist auch der Japan-Tag, der nun ausgerechnet in Ihrem ersten Jahr abgesagt wurde. Was denken Sie darüber?
IWAMA Dass er ausfallen muss, ist für mich natürlich sehr bedauerlich – zumal ich bei meinen bisherigen Besuchen in Düsseldorf keine Gelegenheit hatte, dieses Fest mitzuerleben. Aber wir richten den Blick auf das kommende Jahr, in dem wir 160 Jahre deutsch-japanische Beziehungen feiern. Daher sollten wir die Absage nicht nur negativ sehen, sondern nun die lange Vorbereitungszeit für einen besonderen Japan-Tag nutzen. Wir sollten ihn zu einem großartigen Fest machen.
Sie finden also auch etwas Positives an der Absage.
IWAMA Uns ist sehr bewusst, dass wir gerade alle vor einer gemeinsamen Herausforderung stehen, nämlich, die Corona-Krise zu überwinden. Die Düsseldorfer Bürger und die Mitglieder der japanischen Gemeinde müssen gemeinsam alles tun, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass die Absage eine notwendige Maßnahme war und es leider keine Alternative dazu gab.
Die Corona-Krise bestimmt sicherlich auch aktuell Ihren Alltag in Düsseldorf?
IWAMA Eine meiner aktuell wichtigsten Aufgaben ist es, die japanische Gemeinde mit allen Informationen zur Bekämpfung der Krise zu versorgen. Es gibt außerdem auch Ein- und Ausreisebeschränkungen sowohl auf deutscher als auch auf japanischer Seite, über die wir alle Betroffenen informieren müssen – japanische Bürger, die in ihre Heimat reisen wollen, aber auch Deutsche, die ein Visum benötigen, wenn sie trotz der aktuellen Umstände nach Japan reisen müssen.
Was bedeutet die Corona-Krise gerade für die wirtschaftlichen Beziehungen?
IWAMA Zur grundsätzlichen Lage der Wirtschaft in Japan muss man sagen, dass die Unternehmen aufgrund des Coronavirus einen erheblichen Einbruch erleiden. Natürlich sind diese Auswirkungen auch in Deutschland zu spüren. Hier in Nordrhein-Westfalen sind mehr als 600 japanische Unternehmen ansässig, von denen rund zehn Prozent im Gast- und Hotelleriegewerbe tätig sind. Sie sind von den Einschränkungen unmittelbar betroffen. Auch das Transportgewerbe hat Probleme, und wenn sich die Maßnahmen in die Länge ziehen, werden sicher auch andere Branchen noch stärker betroffen sein.
Gibt es denn noch Dienstreisen japanischer Mitarbeiter?
IWAMA Alle Mitarbeiter, die in Nordrhein-Westfalen wohnen, folgen natürlich jeweils den von der Landesregierung vorgegebenen Maßnahmen. Viele japanische Firmen haben ihre Mitarbeiter zudem bereits weitgehend zum Arbeiten ins Homeoffice geschickt, einige Unternehmen haben ihre Büros in Deutschland aber auch geschlossen und die Beschäftigten sind zurück nach Japan geflogen. In vielen Unternehmen wird darüber nachgedacht, wie man sich nun am besten weiter verhalten soll.
In Deutschland wird bereits über eine Exit-Strategie und den richtigen Zeitpunkt diskutiert, die Maßnahmen wieder zu lockern. Gibt es da Forderungen von Ihrer Seite? IWAMA Wir beobachten die Diskussion innerhalb Deutschlands und Nordrhein-Westfalens natürlich sehr aufmerksam, das tun auch die Unternehmen. Uns ist aber bewusst, dass dies eine sehr schwierige Entscheidung für die Bundes- und Landesregierung ist.
Wir haben gerade viel über die momentane besondere Situation gesprochen. Konnten Sie Düsseldorf überhaupt schon ein wenig kennenlernen?
IWAMA Es ist wirklich eine Ausnahmesituation. Ich bin am 25. Februar hergekommen und habe vielleicht zehn Tage lang noch ein wenig das lebendige Düsseldorf erlebt und mich zum Beispiel an der Immermannstraße umgesehen. Danach kam leider vieles zum Erliegen. Ich freue mich aber schon sehr darauf, die Stadt näher kennenzulernen, wenn sie wieder so lebendig ist wie früher. Und natürlich freue ich mich auf meinen ersten Japan-Tag 2021.