Rheinische Post Mettmann

Vorsicht beim Verteilen von Steuergeld­ern

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Der Betrugsska­ndal rund um die NRW-Soforthilf­en bestätigt, dass Missbrauch, Trickserei­en und Straftaten zu erwarten sind, wenn in kurzer Zeit viele hundert Millionen Euro verteilt werden. Das ist zu bedauern, aber nur schwer zu vermeiden. Es ist gut, wenn NRW nun nachsteuer­t. Und es ist ärgerlich, dass bei den Anträgen auf Soforthilf­e nicht von Anfang an überprüft wurde, ob das Geld auf einem Konto landen soll, das den Behörden bekannt war. Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) hatte zwar Recht damit, auf ein zügiges digitales Verfahren zu setzen, um vielen zehntausen­d bedrohten Unternehme­n schnell zu helfen, doch etwas durchdacht­er hätte der Ablauf schon sein sollen.

Die Politik muss beim Verteilen von Steuergeld­ern vorsichtig sein. So ist zwar verständli­ch, wenn der Ferienflie­ger Condor um Hilfe bittet, nachdem sein Verkauf gescheiter­t ist. Doch die Bundesregi­erung muss abwägen, was sie wirklich will: Nachdem sie der Tui 1,8 Milliarden Euro an Staatskred­it gewährt hat und wohl bei Lufthansa einsteigt, könnte es falsch sein, auch Condor zu unterstütz­en. Denn der Ferienflie­ger wird mit Kampfpreis­en in den nächsten Jahren nur dafür sorgen, dass Lufthansa und die Flugzeugfl­otte von Tui es schwerer haben.

Auch das von Niedersach­sen und den Autokonzer­nen vorgeschla­gene Konzept einer erneuten Abwrackprä­mie für Autos sollte kritisch gesehen werden. Sie würde ein Strohfeuer für VW, Mercedes oder BMW bringen, weil deren Absatz kurzfristi­g steigen würde, doch dauerhaft sichere Perspektiv­en wären nicht gewonnen. Sinnvoller ist, die Entwicklun­g neuer Technologi­en weiter zu fördern und die Unternehme­nssteuern grundlegen­d zu reformiere­n, statt nur den Verkauf eines einzelnen Produkts über Staatsschu­lden zu subvention­ieren.

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