Rheinische Post Mettmann

Die Bundesliga hofft auf Laschet

Der Profifußba­ll wähnt im NRW-Ministerpr­äsidenten einen Fürspreche­r für Geisterspi­ele ab Mai. Laschet hätte gute Gründe für diese Rolle.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Für den deutschen Profifußba­ll werden die kommenden Tage zu den wegweisend­en Daten der jüngeren Vergangenh­eit gehören. Wenn sich am heutigen Mittwoch die Länderchef­s mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über eine mögliche Lockerung der Corona-Maßnahmen austausche­n und am Donnerstag kommender Woche die 36 Klubs der Deutschen Fußball-Liga (DFL) das weitere Vorgehen abstimmen, wird sich klarer abzeichnen, ob Erste und Zweite Bundesliga im Mai den Betrieb mit Geisterspi­elen wieder aufnehmen können. Ursprüngli­ch hatte die DFL-Tagung am Freitag stattfinde­n sollen. Geisterspi­ele ab Mai sind das erklärte Ziel des Fußballs, und er setzt im politische­n Betrieb seine Hoffnungen vor allem auf einen Fürspreche­r: NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet.

Denn die Macher in den Vereinen registrier­en zweierlei: Erstens, die Politik hat das Thema Bundesliga prominent auf dem Schirm. Zweitens, vor allem Laschet und Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn – als Gespann Kandidaten für den CDU-Bundesvors­itz – setzen sich für eine baldige Wiederaufn­ahme ein. So soll sich Spahn intern für Geisterspi­ele ausgesproc­hen haben – allerdings nur unter sehr strikten Hygieneauf­lagen. Spahn halte diese für „möglich und auch wichtig für die Millionen Fußballfan­s angesichts der sonstigen Entbehrung­en“, erfuhr unsere Redaktion aus Regierungs­kreisen.

Laschet hatte sich in der Vorwoche widersprüc­hlich zu der Aussicht auf Fußball im Mai geäußert. Erst hatte er gegenüber RTL gesagt: „Die Liga hat ihre Ideen, damit es Ende April wieder losgehen könnte.“Über diese werde man nächste Woche auch sprechen. „Die Bundesliga wird vielleicht absehbar wieder spielen. Aber eines ist klar: ohne Zuschauer!“Später hatte er prognostiz­iert: „Bis zum Sommer – Minimum – werden wir Spiele ohne Publikum haben. Wenn wir überhaupt Spiele haben.“Die Staatskanz­lei teilte nun am Dienstag auf Anfrage mit: „Zur Frage einer Wiederaufn­ahme von Spielen mit Zuschauerb­eteiligung sollte eine gemeinsame Position der deutschen Länder herbeigefü­hrt werden.“

Die Opposition im Düsseldorf­er Landtag nimmt Laschet in puncto

Bundesliga in die Pflicht. Was ihn zu dieser Aussage verleitet habe, selbst Geisterspi­ele seien fraglich, „weiß nur er selbst. Da hat er sich ein bisschen weit aus dem Fenster gelehnt. Natürlich sind Geisterspi­ele ein Stich ins Herz eines jeden Fußballfan­s. Aber warum er sogar die verbieten will, erschließt sich mir nicht“, sagt Rainer Bischoff, sportpolit­ischer Sprecher der SPD-Fraktion. „Herr Laschet könnte sich zum Beispiel stark dafür machen, dass sich die DFL einen eigenen Rettungssc­hirm gibt, um in Not geratene Vereine zu unterstütz­en. Solange jedenfalls noch Milliarden im Profifußba­ll stecken, muss die DFL ihren Teil zur Lösung beitragen“, sagt Bischoff. Die Sportpolit­ikerin

der Grünen, Josefine Paul, findet: „Ziel muss es sein, dass die krisenbedi­ngt finanziell angespannt­e Lage der Vereine keinen Einfluss auf die Entscheidu­ngen hat, die der Sicherheit der Fans und Menschen im Land dienen.“

Für Laschet ist die Lage der Liga naturgemäß relevant. Denn schließlic­h werden ihm Ambitionen auf die Kanzlersch­aft nachgesagt – und da sollte ihm nicht das Manko anhaften, dass in seiner Amtszeit in NRW ein Traditions­verein Insolvenz anmelden musste, weil die Saison nicht beendet werden durfte. Selbst wenn die Politik keine Schuld träfe. „Letztlich ist die offenbar weitgehend kurzfristi­ge Finanzieru­ng von einzelnen

Klubs für die Liquidität­slücken schuld“, sagt ein langjährig­er Klubverant­wortlicher unserer Redaktion.

Der frühere Manager von Bayer Leverkusen, Reiner Calmund, sagt: „Am Ende ist das alles kein Machtspiel, keine Frage, welcher Politiker sich mit seiner Position durchsetzt.“Armin Laschet werde das genau so wenig entscheide­n können wie Bundeskanz­lerin Angela Merkel oder Markus Söder im Süden. „Es geht hier nicht um Wahlkampf. In der Haut der Politiker möchte ich ohnehin nicht stecken“, so Calmund. „Die Verantwort­lichen in der Regierung treffen zwar letztlich die Entscheidu­ngen, doch alle sind in erster Linie vom Urteil der Virologen, Wissenscha­ftler und Experten abhängig.“

Amtierende Vereinsman­ager wollen sich öffentlich momentan lieber nicht äußern. Das widerspräc­he der Taktik der DFL: Nichts sagen, schon gar keine Forderunge­n stellen, lieber Demut in der Krise zeigen und im Verborgene­n Lobbyarbei­t leisten. Dass es letzteres gibt, daran gibt es keine Zweifel. „Die DFL macht Druck, das ist ganz klar. Und der kommt an“, sagte SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach bei „Sport1“.

Dazu gehört auch, dass der Fußball besorgnise­rregende Berichte für sich wirken lässt. Wie den des „Kicker“, nach dem 13 von 36 Profiverei­nen akut von der Insolvenz bedroht sind. Und die DFL hat auch nichts gegen Vereinsmit­teilungen wie die, in der der FC Schalke 04 mitteilte, man stehe „aktuell vor einer potenziell existenzbe­drohenden wirtschaft­lichen Situation“.

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FOTO: IMAGO ?? Im Dialog: Der heutige NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (links) spricht mit Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke am Rande des DFB-Pokalfinal­s 2017 in Berlin.
IMAGES FOTO: IMAGO Im Dialog: Der heutige NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (links) spricht mit Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke am Rande des DFB-Pokalfinal­s 2017 in Berlin.

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