Die Bundesliga hofft auf Laschet
Der Profifußball wähnt im NRW-Ministerpräsidenten einen Fürsprecher für Geisterspiele ab Mai. Laschet hätte gute Gründe für diese Rolle.
DÜSSELDORF Für den deutschen Profifußball werden die kommenden Tage zu den wegweisenden Daten der jüngeren Vergangenheit gehören. Wenn sich am heutigen Mittwoch die Länderchefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über eine mögliche Lockerung der Corona-Maßnahmen austauschen und am Donnerstag kommender Woche die 36 Klubs der Deutschen Fußball-Liga (DFL) das weitere Vorgehen abstimmen, wird sich klarer abzeichnen, ob Erste und Zweite Bundesliga im Mai den Betrieb mit Geisterspielen wieder aufnehmen können. Ursprünglich hatte die DFL-Tagung am Freitag stattfinden sollen. Geisterspiele ab Mai sind das erklärte Ziel des Fußballs, und er setzt im politischen Betrieb seine Hoffnungen vor allem auf einen Fürsprecher: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.
Denn die Macher in den Vereinen registrieren zweierlei: Erstens, die Politik hat das Thema Bundesliga prominent auf dem Schirm. Zweitens, vor allem Laschet und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn – als Gespann Kandidaten für den CDU-Bundesvorsitz – setzen sich für eine baldige Wiederaufnahme ein. So soll sich Spahn intern für Geisterspiele ausgesprochen haben – allerdings nur unter sehr strikten Hygieneauflagen. Spahn halte diese für „möglich und auch wichtig für die Millionen Fußballfans angesichts der sonstigen Entbehrungen“, erfuhr unsere Redaktion aus Regierungskreisen.
Laschet hatte sich in der Vorwoche widersprüchlich zu der Aussicht auf Fußball im Mai geäußert. Erst hatte er gegenüber RTL gesagt: „Die Liga hat ihre Ideen, damit es Ende April wieder losgehen könnte.“Über diese werde man nächste Woche auch sprechen. „Die Bundesliga wird vielleicht absehbar wieder spielen. Aber eines ist klar: ohne Zuschauer!“Später hatte er prognostiziert: „Bis zum Sommer – Minimum – werden wir Spiele ohne Publikum haben. Wenn wir überhaupt Spiele haben.“Die Staatskanzlei teilte nun am Dienstag auf Anfrage mit: „Zur Frage einer Wiederaufnahme von Spielen mit Zuschauerbeteiligung sollte eine gemeinsame Position der deutschen Länder herbeigeführt werden.“
Die Opposition im Düsseldorfer Landtag nimmt Laschet in puncto
Bundesliga in die Pflicht. Was ihn zu dieser Aussage verleitet habe, selbst Geisterspiele seien fraglich, „weiß nur er selbst. Da hat er sich ein bisschen weit aus dem Fenster gelehnt. Natürlich sind Geisterspiele ein Stich ins Herz eines jeden Fußballfans. Aber warum er sogar die verbieten will, erschließt sich mir nicht“, sagt Rainer Bischoff, sportpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. „Herr Laschet könnte sich zum Beispiel stark dafür machen, dass sich die DFL einen eigenen Rettungsschirm gibt, um in Not geratene Vereine zu unterstützen. Solange jedenfalls noch Milliarden im Profifußball stecken, muss die DFL ihren Teil zur Lösung beitragen“, sagt Bischoff. Die Sportpolitikerin
der Grünen, Josefine Paul, findet: „Ziel muss es sein, dass die krisenbedingt finanziell angespannte Lage der Vereine keinen Einfluss auf die Entscheidungen hat, die der Sicherheit der Fans und Menschen im Land dienen.“
Für Laschet ist die Lage der Liga naturgemäß relevant. Denn schließlich werden ihm Ambitionen auf die Kanzlerschaft nachgesagt – und da sollte ihm nicht das Manko anhaften, dass in seiner Amtszeit in NRW ein Traditionsverein Insolvenz anmelden musste, weil die Saison nicht beendet werden durfte. Selbst wenn die Politik keine Schuld träfe. „Letztlich ist die offenbar weitgehend kurzfristige Finanzierung von einzelnen
Klubs für die Liquiditätslücken schuld“, sagt ein langjähriger Klubverantwortlicher unserer Redaktion.
Der frühere Manager von Bayer Leverkusen, Reiner Calmund, sagt: „Am Ende ist das alles kein Machtspiel, keine Frage, welcher Politiker sich mit seiner Position durchsetzt.“Armin Laschet werde das genau so wenig entscheiden können wie Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Markus Söder im Süden. „Es geht hier nicht um Wahlkampf. In der Haut der Politiker möchte ich ohnehin nicht stecken“, so Calmund. „Die Verantwortlichen in der Regierung treffen zwar letztlich die Entscheidungen, doch alle sind in erster Linie vom Urteil der Virologen, Wissenschaftler und Experten abhängig.“
Amtierende Vereinsmanager wollen sich öffentlich momentan lieber nicht äußern. Das widerspräche der Taktik der DFL: Nichts sagen, schon gar keine Forderungen stellen, lieber Demut in der Krise zeigen und im Verborgenen Lobbyarbeit leisten. Dass es letzteres gibt, daran gibt es keine Zweifel. „Die DFL macht Druck, das ist ganz klar. Und der kommt an“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bei „Sport1“.
Dazu gehört auch, dass der Fußball besorgniserregende Berichte für sich wirken lässt. Wie den des „Kicker“, nach dem 13 von 36 Profivereinen akut von der Insolvenz bedroht sind. Und die DFL hat auch nichts gegen Vereinsmitteilungen wie die, in der der FC Schalke 04 mitteilte, man stehe „aktuell vor einer potenziell existenzbedrohenden wirtschaftlichen Situation“.