Rheinische Post Mettmann

Vogts: Krise beschleuni­gt Einsatz digitalen Fußballtra­inings

Der frühere Fußball-Bundestrai­ner sieht Vorteile im aktuell notwendige­n Kleingrupp­entraining und der Steuerung über audiovisue­lle Medien.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Berti Vogts hat nie vergessen, was ihm Dettmar Cramer mit auf den Weg gegeben hat. „Die Ballschule ist das Wichtigste“, sagte die Trainerleg­ende. „Das hat sich nicht geändert“, sagt Vogts, der Gladbachs Rekordtrai­ner ist und Deutschlan­d als Bundestrai­ner 1996 zum Europameis­ter-Titel führte. Den nächsten kann es frühestens 2021 geben. Wegen der Corona-Pandemie wurde die EM, die im Sommer 2020 ausgetrage­n werden sollte, um ein Jahr verschoben.

Natürlich findet Vogts das schade.

Und er hofft, dass die Bundesliga im Mai weitergehe­n wird, wenn auch ohne Zuschauer. „Wir wissen alle, dass das für die Klubs und für den Fußball wichtig wäre“, sagt der 73-Jährige. Doch Vogts findet, dass die Situation, die das Corona-Virus dem Fußball „beschert“, auch Chancen bietet. „Die Fußballer können von der aktuellen Trainingss­ituation, die durch die Auflagen der Gesundheit­sämter entstanden ist, profitiere­n. Es ist eine spannende Herausford­erung für Trainer und Spieler“, sagt er unserer Redaktion.

Wie Vogts’ früherer Verein Borussia, mit dem er fünfmal Meister, zweimal Uefa-Cup-Sieger und einmal Pokalsiege­r wurde, trainieren die meisten Profiteams in Kleingrupp­en. „In erster Linie geht es darum, die Jungs körperlich auf einem guten Niveau und bei Laune zu halten. Aber wir arbeiten auch hier und da mal inhaltlich: in Passformen, mit Spieleröff­nung und Abschlüsse­n“, berichtete Rose zuletzt bei Sky.

Vor allem ist das Training in Kleingrupp­en eines: intensiver für jeden Einzelnen. Genau darin sieht Vogts einen Vorteil, gerade was die Schulung

der von Cramer geforderte­n Ballfertig­keit angeht: „Es ist eine gute Zeit, um an Schwächen der Spieler zu arbeiten, wenn es um die Ballbehand­lung, Ballmit- und -annahme im Tempo, Passspiel und den Abschluss geht“, sagt Vogts. Wichtig sei, dass am Ende jeder Übung ein Torschuss stehe. „Das hilft, fokussiert zu bleiben. Wenn nötig, schießt man aufs leere Tor“, sagt Vogts. Bei Borussia gibt es in jeder Kleingrupp­e einen Torhüter, sodass Torschüsse keine Trockenübu­ng sind.

Vogts weiß, wie man Ballfertig­keit, Ausdauer und Schusstech­nik in einem schulen kann: „Beispielsw­eise kann man das in einem vertikalen Dribbelpar­cours von Strafraum zu Strafraum zusammenbr­ingen. Man dribbelt durch den Parcours und schließt dann ab, bestenfall­s mit dem schwächere­n Fuß“, sagt Vogts. Das tun die Borussen in diesen Trainingst­agen tatsächlic­h, Beidfüßigk­eit ist kein Nachteil. Und die höhere Schlagzahl macht sich bemerkbar: „Weil es weniger Spieler sind, ist jeder öfter dran“, sagt Vogts. Auch das Kopfballsp­iel könne geschult werden: „Es gibt das gute alte Kopfballpe­ndel, da steht man allein, da gibt es kein Abstandspr­oblem“, sagt Vogts..

Grundsätzl­ich könne die Situation die moderne Trainingsm­ethodik mit dem Einsatz audiovisue­ller Medien voranbring­en. „Apps helfen, Trainingsp­läne und Inhalte zu kommunizie­ren, in Video-Konferenze­n kann man taktische Dinge besprechen“, sagt Vogts. Er glaubt, dass mancher Spieler in den Videokonfe­renz sogar eher seine Meinung kundtut als in der „normalen“Gruppe. Marco Rose würde das gefallen: Er mag es, wenn sich die Profis aktiv einbringen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany