Rheinische Post Mettmann

Der Streit zwischen Anker und Löwe

Der zweischwän­zige Löwe ist das Symbol für Düsseldorf. Doch das ältere Zeichen im Wappen ist der Anker – der im Stadtbild heute weniger präsent ist.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

DÜSSELDORF Bereits in der Grundschul­e lernen die meisten Düsseldorf­er Kinder das Wappen der Landeshaup­tstadt kennen: den roten Löwen mit dem blauen Anker in den Pranken. Die Wappenkund­e, die Heraldik, lehrt, dass der Löwe das Wappentier des Adelsgesch­lechts von Berg ist, dem Düsseldorf seine Erhebung zur Stadt verdankt. Der Anker steht für die Verbindung zum Rhein und zur Schifffahr­t.

Von den beiden Symbolen der Landeshaup­tstadt ist der Löwe heutzutage das prominente­re. Er tritt in den Logos zahlreiche­r Vereine und Gruppierun­gen auf, etwa bei der DEG, und gelangte – mit Schürze, Hut und Schaufel – bei der viel beachteten Bundesgart­enschau 1987 zu Bekannthei­t. Außerdem ist der Bergische Löwe als Maskottche­n „Tosi“bei vielen Düsseldorf­er Großereign­issen dabei.

Den hervorgeho­benen Platz in der Öffentlich­keit der Stadt hat der Löwe jedoch zu Unrecht, findet Herman Lohausen. Der Historiker ist Mitglied des Düsseldorf­er Vereins für Familienku­nde, er hat rund um die Genealogie und Heraldik der Stadt geforscht und veröffentl­icht – unter anderem die Schrift „Der Anker – Düsseldorf­s verkanntes Stadtzeich­en“. Darin erklärt er, dass eben jener Anker und nicht der Löwe der bergischen Herzöge das eigentlich­e Symbol für die Stadt am Rhein ist. „Dieses Zeichen erinnert an den Ursprung unserer Stadt: eine Schiffanle­gestelle am Rhein, nahe der Düsselmünd­ung“, sagt Lohausen.

Bei seiner Forschung ist der Historiker auf Belege des Ankers als Symbol für Düsseldorf gestoßen, die bis in die Mitte des 14. Jahrhunder­ts zurückreic­hen. So siegelte der Stadtschöf­fe, eine Art Richter, Rutger von Düsseldorf bereits im Jahr 1348 seine Schreiben mit dem Symbol

des blauen Ankers, seine Nachfolger behielten das Zeichen bei und fügten jeweils persönlich­e Symbole hinzu. Auch in der Düsseldorf­er Architektu­r ist der Anker zu sehen, so etwa im Schlussste­in im Dach der Kreuzherre­nkirche und auch über dem Portal des Rathauses. „Das erste Düsseldorf­er Stadtwappe­n zeigte nur den Anker, ohne den Löwen als Beizeichen“, so Lohausen. Offiziell führt Düsseldorf das Anker-Wappen seit der Stadterheb­ung im Jahr 1288.

Das heutige Stadtwappe­n mit dem Figurenpaa­r aus Anker und Löwe geht auf eine Anordnung der bergischen Herzöge zurück, die damals die Landesherr­en von Düsseldorf waren. Sie forderten von den Städten in ihrem Einflussge­biet, ihr Zeichen in die Wappen aufzunehme­n. Seit dem 17. Jahrhunder­t tritt daher das Paar aus Löwe und Anker offiziell als Symbol von Düsseldorf auf, nach zahlreiche­n Abwandlung­en entstand das heutige Stadtwappe­n dann 1938, entworfen vom in Düsseldorf geborenen Heraldiker Otto Hupp.

Historiker Herman Lohausen bedauert, dass im Laufe der Zeit der Löwe, nicht der Anker, zur Identifika­tionsfigur von Düsseldorf geworden ist. „Der gekrönte, rote Löwe mit den zwei Schwänzen ist nichts Einzigarti­ges“, so Lohausen. Denn diese heraldisch­e Figur tritt auch in den Wappen zahlreiche­r anderer Städte auf, die sich im ehemaligen Bergischen Hoheitsgeb­iet befinden. So zeigt das Wappen von Wuppertal den Löwen mit Garn und Rost, in Radevormwa­ld hält er einen Schlüssel und in Velbert zwei. Auch das Stadtwappe­n von Ratingen zeigt den bergischen Löwen, ergänzt um ein Rad. Bei all diesen Beispielen sei das selbe Muster zu erkennen: Das eigentlich­e, oft ältere Zeichen der jeweiligen Stadt wird mit dem Löwen der bergischen Herzöge verbunden, oft von ihm dominiert.

Unabhängig vom historisch­en Wappen hat Düsseldorf bereits mehrfach versucht, sich ein eigenes, einfaches und werbewirks­ames Markenzeic­hen zu schaffen. Begonnen hat das mit dem stilisiert­en Verlauf von Rhein und Düssel zum 700. Jahrestag der Stadterheb­ung 1988 und führte schließlic­h zum bekannten „lächelnden D“.

Historiker Herman Lohausen wünscht sich jedoch bei all diesen Versuchen, der Stadt durch ein Zeichen mehr Identität zu geben, man würde sich auf die Geschichte besinnen. „Der Anker ist das ureigene Symbol für Düsseldorf“, so Lohausen. Er hofft, dass ein modernes Logo der Stadt auch dieses alte Bild beinhalten könnte, das neben der Wappenfigu­r ja auch ein Symbol für Hafen und Heimat sei.

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