Wirte wollen eigenes Rettungspaket
Die gebeutelte Gastro-Branche fordert dringend weitreichende Staatshilfen.
WESEL Für Ullrich Langhoff ist es schwer nachzuvollziehen, warum sein Restaurant Lippeschlösschen in Wesel weiter geschlossen bleiben muss. „Ich bin schwer davon ausgegangen, dass wir in abgespeckter Form öffnen dürfen“, sagt er. Er und sein Team seien gut vorbereitet gewesen, hätten etwa auch Mundschutz genäht, nun drohe wegen der andauernden Verdienstausfälle eine „ruinöse Situation“.
Langhoff steht nicht alleine da. Da die Regierung für die Branche noch keine Lockerung der Corona-Maßnahmen vorsieht, schwanke die Stimmung der Wirte zwischen Ohnmacht und Hilflosigkeit, sagt Thorsten Hellwig, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) NRW. „Wirtschaftlich ist die Situation schon jetzt maximal prekär“, erklärt Hellwig. „Wenn das Angebot von Hotellerie und Gastronomie in den Städten und auf dem Land aufrechterhalten werden soll, brauchen wir ein zusätzliches Rettungspaket für das Gastgewerbe.“
Denn auch eine potentielle Lockerung der Maßnahmen bedeute nicht, dass es sofort aufwärts gehe. Es gelte weiter, Hygieneregeln wie etwa den Mindestabstand einzuhalten. Das bedeute aber, dass Restaurants ihr Platzangebot um die Hälfte reduzieren müssen. „Ob sich das rentiert, ist ungewiss“, sagt Hellwig. Dazu komme ein möglicherweise verändertes Gästeverhalten, denn viele Menschen würden aus Angst vor einer Ansteckung vielleicht Lokale meiden. Eine Perspektive, die den Gastronomen große Sorgen bereitet. „Normale Umsätze werden wohl auf Monate hinaus nicht zu erreichen sein“, erklärt Hellwig.
Das befürchtet auch Thomas Demske, Inhaber des Brauereiausschanks am Zoo (B.A.Z.) in Düsseldorf. Im Außenbereich könne er vielleicht mit der Hälfte der Tische kostendeckend arbeiten, im Innenbereich nicht. Wie der Dehoga fordert Demske daher ein eigenes Rettungspaket, das über die bestehende Soforthilfe hinausgeht und Steuererleichterungen in Form eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes. Ansonsten würden tausende
Michael Schnitzler ist der Baas des „Uerige“in Düsseldorf. Pleiten drohen. „Machen wir uns nichts vor“, sagt Demske, „viele Betriebe werden das nicht schaffen.“
Auch Kerstin Schwan, die in Düsseldorf und Neuss fünf Restaurants betreibt, ist frustriert. „Es ist unerträglich, wie mit uns umgegangen wird“, sagt sie, „man gibt uns keine Perspektive.“Der Düsseldorfer Uerige-Baas Michael Schnitzler fragt sich, warum Friseure, die im Vollkontakt eine halbe Stunde an einem Kunden arbeiteten, bald wieder öffnen dürften, die Gastronomen jedoch nicht. „In der Corona-Krise zeigt sich erneut die übliche Geringschätzung der Gastronomie.“Nicht ernst genommen von der Regierung fühlen sich auch Langhoff und Demske – ihre Soforthilfen seien seit zwei Wochen bewilligt, das dringend benötigte Geld sei aber immer noch nicht überwiesen.
Momentan bleiben Restaurants nur Lieferservices, um minimale Einnahmen zu generieren. Etwa ein Viertel der Gastronomen bieten solche Dienste an. „Finanziell ist das zwar nebensächlich“, sagt Hellwig, „aber es hilft, die Passivität zu überwinden.“Deshalb hat der Dehoga auch die Internet-Plattform www.dein-lokal-nebenan.de ins Leben gerufen, auf der Gastronomen mit Lieferservice kostenlos ihre Angebote präsentieren können. Für „B.A.Z.“-Wirt Demske lohnt sich das nicht: Er fährt Blumen aus, um überhaupt etwas zu verdienen.