Rheinische Post Mettmann

Bürgermeis­ter wegen Infopoliti­k in Kritik

In einem offenen Brief bemängelt Ute Stöcker (CDU), nicht über die Lage im Flüchtling­sheim informiert worden zu sein.

- VON ALEXANDRA RÜTTGEN

METTMANN Die stellvertr­etende Bürgermeis­terin Ute Stöcker (CDU) übt in einem Offenen Brief an Bürgermeis­ter Thomas Dinkelmann harsche Kritik. „Mit großem Unverständ­nis muss ich als Vorsitzend­e des Familien- und Sozialauss­chusses feststelle­n, dass sämtliche Informatio­nen zu den Covid 19-Erkrankung­en in der Flüchtling­sunterkunf­t an der Seibelstra­ße an mich unterblieb­en sind“, schreibt sie. Erst aus der örtlichen Presse habe sie erfahren, wie die Stadt vorgehe, um die erkrankten Flüchtling­e zu betreuen. „Ein kurzer Sachstand über eine E-Mail, ein Telefonat oder einen Infobrief hätte hier sicherlich für Klarheit und weniger Unmut gesorgt“, wirft sie Dinkelmann vor.

Am Mittwoch, 1. April, war in dem Flüchtling­sheim an der Seibelstra­ße der erste Corona-Erkrankung­sfall bekannt geworden. Noch in der Nacht wurden der Erkrankte sowie drei Kontaktper­sonen in separaten Unterkünft­en untergebra­cht, erklärte Stadtsprec­herin Derya Can damals im Gespräch mit unserer Redaktion. In der Unterkunft verblieben 84 Menschen. Zwischenze­itlich sind insgesamt 33 Flüchtling­e infiziert. Ute Stöcker sieht sich von diesen Vorgängen jedoch nicht oder zu spät informiert. Auch auf Nachfragen habe sie „keine Antwort oder Reaktion erhalten. Das ist Krisenmana­gement schlechtes­ter Kategorie“, sagt Stöcker. Vielleicht sei dies aber auch der Tatsache geschuldet, dass sich der Bürgermeis­ter derzeit im „wohlverdie­nten Urlaub“befinde.

Thomas Dinkelmann verwahrt sich gegen diese Vorwürfe. „Persönlich­e Eitelkeite­n dürfen gerade in der jetzigen Situation keine Rolle spielen. Selbstvers­tändlich habe ich meinen ursprüngli­ch in den Osterferie­n geplanten Urlaub verschoben, bin also in Mettmann und arbeite derzeit im Home Office“, lässt er mitteilen. Unmittelba­r nach Bekanntwer­den der Infektion habe sein Krisenstab „die Vorsitzend­en der Ratsfrakti­onen informiert“. Auch bei Treffen der Verwaltung­sleitung mit den Fraktionsv­orsitzende­n habe er „ausführlic­h zur Situation rund um Covid-19 sowie speziell zur Flüchtling­sunterkunf­t informiert.“Sollte es in einer Fraktion Kommunikat­ionsproble­me geben, dann wären diese dort zu lösen: „Dies kann nicht Aufgabe einer

Stadtverwa­ltung sein.“

Während CDU-Fraktionsc­hef Richard Bley Ute Stöcker beispringt – „in der Stadtverwa­ltung herrscht Führungslo­sigkeit“– geben sich die Vorsitzend­en der anderen Fraktionen verhaltene­r. „Ich halte mich im Moment mit Kritik zurück“, sagt Nils Lessing von den Grünen. Schließlic­h herrsche derzeit eine schwierige Situation, „und wir müssen alle gut durch die Pandemie

kommen“. Da gelte es, die Verwaltung zu stärken sagt Lessing, der zugleich Bürgermeis­terkandida­t der Grünen ist.

Ähnlich sieht dies SPD-Fraktionsc­hef Florian Peters. Bei allen Kommunikat­ionsdefizi­ten des Bürgermeis­ters, die schon vor der Corona-Pandemie bemängelt wurden, „stehen jetzt erst mal alle Dinge hinten an. Und den Bürger interessie­rt es jetzt nicht wirklich, dass wir uns die Köpfe einhauen, sondern jetzt gilt es, erst mal an einem Strang zu ziehen.“Die Kritik von Ute Stöcker sei nachvollzi­ehbar, „aber die Frage ist, wann der richtige Zeitpunkt ist, darüber zu sprechen“.

Auch FDP-Fraktionsc­hef Klaus Müller erinnert daran, dass der Bürgermeis­ter „in seiner Informatio­nspolitik bezüglich der Mitglieder des Rates recht zurückhalt­end agiert“. Müller, zugleich Kreistagsm­itglied, bezeichnet im Vergleich dazu die Informatio­nspolitik von Landrat Thomas Hendele als „vorbildlic­h“, der „viel offensiver“vorgehe. Doch Dinkelmann habe in der Runde der Fraktionsv­orsitzende­n am vergangene­n Dienstag zur Lage im Flüchtling­sheim ausführlic­h Stellung genommen. Und schließlic­h sei der Erste Beigeordne­te der Stadt, Dietrich Stang, offizielle­r Verteter des Bürgermeis­ters – als solcher vorgeschla­gen und letztlich auch gewählt von der CDU. Stang ist zugleich Chef des Krisenstab­es: Kopflos sei die Verwaltung also damit nicht.

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ARCHIV:KÖHLEN Polizei und Ordnungsam­t halfen, Bewohner aus dem Flüchtling­sheim Seibelstra­ße auszuquart­ieren, nachdem dort ein Corona-Fall bekannt wurde.
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RP-ARCHIVFOTO: DJ Ute Stöcker (CDU) ist Vorsitzend­e des Sozialauss­chusses.
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ARCHIV: TEPH Bürgermeis­ter Thomas Dinkelmann weist die Vorwürfe zurück.

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