Bürgermeister wegen Infopolitik in Kritik
In einem offenen Brief bemängelt Ute Stöcker (CDU), nicht über die Lage im Flüchtlingsheim informiert worden zu sein.
METTMANN Die stellvertretende Bürgermeisterin Ute Stöcker (CDU) übt in einem Offenen Brief an Bürgermeister Thomas Dinkelmann harsche Kritik. „Mit großem Unverständnis muss ich als Vorsitzende des Familien- und Sozialausschusses feststellen, dass sämtliche Informationen zu den Covid 19-Erkrankungen in der Flüchtlingsunterkunft an der Seibelstraße an mich unterblieben sind“, schreibt sie. Erst aus der örtlichen Presse habe sie erfahren, wie die Stadt vorgehe, um die erkrankten Flüchtlinge zu betreuen. „Ein kurzer Sachstand über eine E-Mail, ein Telefonat oder einen Infobrief hätte hier sicherlich für Klarheit und weniger Unmut gesorgt“, wirft sie Dinkelmann vor.
Am Mittwoch, 1. April, war in dem Flüchtlingsheim an der Seibelstraße der erste Corona-Erkrankungsfall bekannt geworden. Noch in der Nacht wurden der Erkrankte sowie drei Kontaktpersonen in separaten Unterkünften untergebracht, erklärte Stadtsprecherin Derya Can damals im Gespräch mit unserer Redaktion. In der Unterkunft verblieben 84 Menschen. Zwischenzeitlich sind insgesamt 33 Flüchtlinge infiziert. Ute Stöcker sieht sich von diesen Vorgängen jedoch nicht oder zu spät informiert. Auch auf Nachfragen habe sie „keine Antwort oder Reaktion erhalten. Das ist Krisenmanagement schlechtester Kategorie“, sagt Stöcker. Vielleicht sei dies aber auch der Tatsache geschuldet, dass sich der Bürgermeister derzeit im „wohlverdienten Urlaub“befinde.
Thomas Dinkelmann verwahrt sich gegen diese Vorwürfe. „Persönliche Eitelkeiten dürfen gerade in der jetzigen Situation keine Rolle spielen. Selbstverständlich habe ich meinen ursprünglich in den Osterferien geplanten Urlaub verschoben, bin also in Mettmann und arbeite derzeit im Home Office“, lässt er mitteilen. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Infektion habe sein Krisenstab „die Vorsitzenden der Ratsfraktionen informiert“. Auch bei Treffen der Verwaltungsleitung mit den Fraktionsvorsitzenden habe er „ausführlich zur Situation rund um Covid-19 sowie speziell zur Flüchtlingsunterkunft informiert.“Sollte es in einer Fraktion Kommunikationsprobleme geben, dann wären diese dort zu lösen: „Dies kann nicht Aufgabe einer
Stadtverwaltung sein.“
Während CDU-Fraktionschef Richard Bley Ute Stöcker beispringt – „in der Stadtverwaltung herrscht Führungslosigkeit“– geben sich die Vorsitzenden der anderen Fraktionen verhaltener. „Ich halte mich im Moment mit Kritik zurück“, sagt Nils Lessing von den Grünen. Schließlich herrsche derzeit eine schwierige Situation, „und wir müssen alle gut durch die Pandemie
kommen“. Da gelte es, die Verwaltung zu stärken sagt Lessing, der zugleich Bürgermeisterkandidat der Grünen ist.
Ähnlich sieht dies SPD-Fraktionschef Florian Peters. Bei allen Kommunikationsdefiziten des Bürgermeisters, die schon vor der Corona-Pandemie bemängelt wurden, „stehen jetzt erst mal alle Dinge hinten an. Und den Bürger interessiert es jetzt nicht wirklich, dass wir uns die Köpfe einhauen, sondern jetzt gilt es, erst mal an einem Strang zu ziehen.“Die Kritik von Ute Stöcker sei nachvollziehbar, „aber die Frage ist, wann der richtige Zeitpunkt ist, darüber zu sprechen“.
Auch FDP-Fraktionschef Klaus Müller erinnert daran, dass der Bürgermeister „in seiner Informationspolitik bezüglich der Mitglieder des Rates recht zurückhaltend agiert“. Müller, zugleich Kreistagsmitglied, bezeichnet im Vergleich dazu die Informationspolitik von Landrat Thomas Hendele als „vorbildlich“, der „viel offensiver“vorgehe. Doch Dinkelmann habe in der Runde der Fraktionsvorsitzenden am vergangenen Dienstag zur Lage im Flüchtlingsheim ausführlich Stellung genommen. Und schließlich sei der Erste Beigeordnete der Stadt, Dietrich Stang, offizieller Verteter des Bürgermeisters – als solcher vorgeschlagen und letztlich auch gewählt von der CDU. Stang ist zugleich Chef des Krisenstabes: Kopflos sei die Verwaltung also damit nicht.