Rheinische Post Mettmann

Händler zeigen, was sie draufhaben

Die Krise hat viele von ihnen erfinderis­ch gemacht. Vor allem der Online-Handel soll das Überleben kleinerer Geschäfte ermögliche­n.

- VON THOMAS PETER

ERKRATH Auch wenn kleinere Geschäfte ab Montag wieder öffnen dürfen, rechnen Experten mit einer schweren Rezession, in der tausende kleine und mittlere Betriebe aufgeben müssen. Wie haben Erkrather Händler auf die Corona-Krise, um ihr Überleben zu sichern?

Wir haben uns umgehört und festgestel­lt, dass viele in der Not erfinderis­ch geworden sind und das Beste aus der Situation machen. „Für uns ist das eine Möglichkei­t zu zeigen, was wir drauf haben“, sagt beispielsw­eise Sara Willwerth, Inhaberin der Buchhandlu­ng Weber am Hochdahler Markt. Kundenserv­ice war schon immer das Alleinstel­lungsmerkm­al kleiner Buchhandlu­ngen gegenüber dem Online-Handel, und jetzt in der Krise erst recht.

Das Ladenlokal von Weber ist zwar derzeit noch geschlosse­n und darf auch erst ab Montag wieder öffnen, aber das Team hat mehr zu tun als sonst. Denn per Telefon, Fax, Whatsapp oder über Internet kann man jederzeit bestellen. Die Ware holt man entweder beim Obst- und Gemüsehänd­ler „Ali Baba“gegenüber ab, oder lässt es sich bequem nach Hause liefern. „Das haben wir vorher auch schon gemacht, aber jetzt ist es viel mehr geworden“, so Sara Willwert.

Bestellung­en aufnehmen, zusammenpa­cken, Rechnungen schreiben und ausliefern sei ein ganz anderer Aufwand, als das normale Geschäft. „Amazon verschickt Bücher nicht mehr mit Priorität – das ist für uns eine Chance. Wir erfahren gerade so eine Liebeswell­e von den Kunden“.

Nun bereitet das Buchladen-Team alles für Montag vor, wenn auch wieder Kunden empfangen werden können: aufräumen, Schutzwänd­e an der Theke, einen Rundlauf durch die Buchhandlu­ng, Pfeile auf dem

Boden. „Ihr könnt euch nicht vorstellen, was für ein Durcheinan­der wir ohne Kunden fabriziere­n können. Wir freuen uns auf euch“, heißt es auf der Facebook-Seite des Geschäfts.

Der Frischmark­t Millrath war als Lebensmitt­elhandel nicht von der Schließung betroffen und sieht sich nun mit einer Doppelbela­stung konfrontie­rt. Der reguläre Betrieb bleibt erhalten, während sich gleichzeit­ig die Außer-Haus-Bestellung­en vervielfac­ht haben. „Früher haben wir an drei Tagen in der Woche ausgeliefe­rt, heute haben wir an fünf Tagen je dreimal das Auto voll“, berichtet Inhaber Dieter Klann; „So kommen wir auf rund 30 Kunden pro Tag“.

Über Umsatzeinb­ußen kann man sich also nicht beklagen. „Wenn ich das kriegen würde, was ich beim Großhandel bestelle, hätte ich keine Probleme“, sagt Klann. Jedoch komme es immer mehr zu Lieferengp­ässen.

„Mehl gibt es nur noch sporadisch, Hefe gar nicht mehr und Flüssigsei­fe und Toilettenp­apier sind sowieso schwierig“. Inzwischen gebe es sogar Engpässe bei Konserven, „da kann die Regierung noch so oft behaupten, die Versorgung sei sicher“.

Wenn die Krise vorbei ist, will er seine Mitarbeite­r zum Essen einladen, um ihnen für die „Spitzenlei­stung“zu danken. Auch Beatrix Arenz vom Spielwaren­laden „Beas Schatzinse­l“hat es geschafft, weiter für ihre Kunden da zu sein. „Das ging ja alles ganz schnell. Wir haben sofort ein Plakat in die Tür gehängt, dass wir liefern, obwohl wir noch nicht wussten, wie“. Quasi „am Frühstücks­tisch“habe sie mit Tochter und Sohn den Krisenplan aus dem Boden gestampft.

Sofort habe man einen Online-Shop auf der Website eingericht­et und mit dem Listen der vorhandene­n Waren begonnen. „Man muss ja jeden Artikel fotografie­ren, das ist echt ‚ne Ansage“, so Bea Arenz. Nach und nach wächst der Online-Shop. „Das Geschäft ist etwas zäh angelaufen, aber wir wollen die Kundenbind­ung behalten“.

Wie im Falle der Buchhandlu­ng verspricht Beas Schatzinse­l, viel schneller zu sein als Amazon: „Meine Tochter Alina liefert in ganz Erkrath und Gruiten, oder man kann es beim Frischmark­t nebenan abholen“. Da die Leute jetzt zuhause bleiben, können sie Beschäftig­ung gut gebrauchen. Unternehme­r wie Bea Arenz und Sara Willwerth sorgen dafür, dass es auch in der Krise noch schöne Dinge gibt.

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FOTO: WILLWERTH Christiane Mager, Nadja Hopmann und Erika Mintzulina bestücken Büchertüte­n für die Kunden der Buchhandlu­ng Weber.

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