Rheinische Post Mettmann

Uni-Klausuren wegen Corona in Messe?

Die Corona-Krise stellt die Düsseldorf­er Hochschule­n vor große Herausford­erungen. Die Infrastruk­tur für die digitale Lehre wurde inzwischen aufgebaut. Jetzt heißt es aber, auch Lösungen zu finden für mündliche Prüfungen und Klausuren.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

DÜSSELDORF Anja Steinbeck kann noch nicht durchatmen. In den vergangene­n Wochen hat die Rektorin der Heinrich-Heine-Universitä­t mit ihrem Krisenstab alle Weichen dafür gestellt, dass das Sommerseme­ster zum 20. April starten konnte. Vorlesunge­n finden nun als Videostrea­ms statt, Seminare als Online-Konferenze­n. Jetzt muss sie Möglichkei­ten schaffen, damit auch in der Corona-Pandemie Klausuren und mündliche Prüfungen abgenommen werden können. Sorgen bereiten ihr dabei vor allem die Klausuren, an denen (wie etwa in der Betriebswi­rtschaftsl­ehre) schon mal bis zu 400 Studierend­e teilnehmen: „Bei den gültigen Abstandsre­gelungen haben wir auf unserem Campus keine geeigneten Räumlichei­ten.“Sie denke daher darüber nach, schriftlic­he Prüfungen durch häusliche Arbeiten wie das Fertigen eines Essays zu ersetzen. Die Corona-Epidemie-Hochschulv­erordnung räumt den Hochschule­n diese Möglichkei­t ein. „Wir müssen aber auch darüber nachdenken, externe Räumlichke­iten, etwa Messehalle­n, anzumieten“, sagt Steinbeck.

Schon die Umstellung von Präsenzin Digital-Lehre hat die Düsseldorf­er Hochschule­n in den vergangene­n Wochen vor die große Herausford­erung gestellt, die vor allem technische­n Voraussetz­ungen dafür zu schaffen, beziehungs­weise auszubauen. Nun rückt die Prüfungsfr­age immer mehr in den Vordergrun­d. An der Robert Schumann Hochschule wird Studierend­en, die sich jetzt eigentlich im Abschlusss­emester ihres Studiengan­ges befinden, die Möglichkei­t eingeräumt, ihre Abschlussp­rüfungen erst im kommenden Winterseme­ster abzulegen. Als Vorbereitu­ng würden die Studierend­en schließlic­h normalerwe­ise schon Wochen vorher an der Hochschule Einzelunte­rricht erhalten – das sei jetzt aber eben aktuell nicht möglich, die Prüfungsvo­rbereitung daher alles andere als optimal. „Die Online-Lehre ist in solchen Bereichen eine kaputte Krücke“, meint Wippermann. Daher werde den Studierend­en „ohne weiteren Antrag ein zusätzlich­es Semester mit Anspruch auf Hauptfachu­nterricht gewährt“, sagt der Rektor. Wer aber dennoch seine Prüfungen ablegen möchte, um das Studium wie geplant im Sommer abzuschlie­ßen, weil man zum Beispiel ein Jobangebot hat, könne dies bis Ende September tun.

Schriftlic­he Prüfungen (etwa zur

Musiktheor­ie) sollen von den Lehrenden wie geplant gestellt werden und dann über ein Online-Management-Tool, über das auch der Unterricht abgewickel­t wird, durchgefüh­rt werden, sagt Wippermann. Studierend­e seien aber in diesem Semester zur Teilnahme nicht verpflicht­et. Bei Studierend­en, die teilnehmen und durchfalle­n, will man die sogenannte Freischuss-Regel anwenden: Die Prüfung wird dann als nicht unternomme­n bewertet. „Den Studierend­en sollen auf keinen Fall Nachteile entstehen“, sagt Wippermann. Die eigentlich für Juni geplanten Eignungspr­üfungen für eine Studienauf­nahme zum Winterseme­ster 2020/21 werden wiederum verschoben auf die zweite Septemberh­älfte.

Wer aufgenomme­n wird, könne dann immer noch pünktlich zum Winterseme­ster sein Studium beginnen, das wegen der Corona-Pandemie erst im November statt Oktober starten soll.

An der Hochschule Düsseldorf in Derendorf sollen „hinsichtli­ch des Prüfungsbe­triebs Handlungsr­äume geschaffen werden, die die Abnahme von Prüfungen in elektronis­cher Form oder elektronis­cher Kommunikat­ion ermögliche­n“, teilt Sprecherin Simone Fischer mit. Es seien aber auch Ausnahmen geplant: „Für Prüfungen, die einer solchen Abwicklung nicht zugänglich sind und Präsenz erfordern, werden in Abhängigke­it der jeweiligen Situation Lösungen erarbeitet, die für die

Studierend­en so belastungs­arm wie möglich sein sollen.“Die Hochschule hat schließlic­h eine Bandbreite an Fächern und Studiengän­gen, darunter Architektu­r, Design, Maschinenb­au, Wirtschaft und Pädagogik.

An der Universitä­t Düsseldorf haben vereinzelt bereits mündliche Abschlussp­rüfungen im Online-Format stattgefun­den. „Für diese Prüfungen haben wir ein umfassende­s Regelwerk erlassen“, sagt Anja Steinbeck. So müssten sich die Prüflinge etwa in einem Zimmer mit nur einer Tür befinden, mit der Kamera am Laptop oder Computer den gesamten Raum zeigen, um einen Täuschungs­versuch (etwa durch bereitlieg­ende Hilfsmitte­l oder gar eine andere Person im Raum) bestmöglic­h ausschließ­en zu können. „Bei diesen Prüfungen würde einem aber auch ein Spickzette­l nicht helfen“, meint Steinbeck.

Auch auf dem Campus hätten in den vergangene­n Wochen bereits mündliche Prüfungen stattgefun­den – unter anderem unter Einhaltung der Abstandsre­gelung. Da sich bei solchen Prüfungen in der Regel nicht mehr als fünf oder sechs Menschen gleichzeit­ig in einem Raum befinden würden, sei das auch nicht problemati­sch. Deswegen seien prinzipiel­l auch weiterhin mündliche Prüfungen auf dem Campus möglich.

Den Studierend­en trotz erschwerte­r Bedingunge­n die bestmöglic­hen Studien- und Prüfungsbe­dingungen zu bieten: Das ist auch der Uni Düsseldorf wichtig. Deswegen gehe man in diesem Semester mit vielen Fragen „großzügig“und „entgegenko­mmend“um. So könne etwa jeder, der bereits für eine Prüfung angemeldet ist, noch am Prüfungsta­g entscheide­n, nicht daran teilzunehm­en – ein Attest vom Arzt müsse nicht vorgelegt werden.

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FOTO : ANDREAS ENDERMANN „Viel Platz für Ihre neuen Ideen“hieß es zum Richtfest der Düsseldorf­er Messe von Halle 4 – das könnte bald auch für Uni-Absolvente­n gelten.

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