Deutscher Filmpreis ohne Glanz verliehen
BERLIN Das Wichtigste an einer Preisverleihung ist nicht die Trophäe, die man überreicht bekommt. Auch nicht die Geldsumme, die man gewinnt. Das Wichtigste ist der Applaus. Denn in ihm spiegelt sich jene Anerkennung wieder, ohne die keine künstlerische Arbeit auskommt. Doch der Applaus musste ausbleiben bei dieser 70.Verleihung des Deutschen Filmpreises.
Ausgerechnet zum Jubiläum machte das Virus den Veranstaltern der Filmgala einen Strich durch die Rechnung. Smoking und Abendkleid blieben im Schrank, aber eine Absage kam für die Filmakademie nicht infrage. Und so tanzt Moderator Edin Hasanovic allein durch die RBB-Halle in Adlershof, moderiert über zwei Stunden lang um sein Leben. Auch die besseren unter den lauen Pointen verpuffen in der Leere des Raums. Die meisten Laudatoren von Anke Engelke bis Giovanni di Lorenzo werden per Video auf die Leinwand gebracht.
Die Nominierten sind im Konferenzmodus auf der Leinwand zu sehen. Wer hätte gedacht, dass sich eine Filmpreisgala mal wie Home-Office anfühlen würde? Bei der elfjährigen Helena Zengel spürt man dennoch die ganze Wucht der Freude, wenn sie für ihre Rolle in „Systemsprenger“als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wird. Sie ist die jüngste Preisträgerin in der Geschichte der Akademie, und ihr Film gehört in sieben weiteren Kategorien zum großen Sieger des denkwürdigen Abends. Die Goldene Lola für die beste Produktion ging ebenso an das Drama um ein schwererziehbares Kind wie die Preise für Regie, Drehbuch, männliche und weibliche Nebenrolle, Schnitt und Tongestaltung.
Auf dem zweiten Platz landete Burhan Qurbanis modernisierte Döblin Verfilmung „Berlin Alexanderplatz“mit der Silbernen Lola und vier weiteren Preisen. Als Bindeglied zwischen den beiden Siegerfilmen wurde Albrecht Schuch als bester Nebendarsteller für „Systemsprenger“und bester Hauptdarsteller in „Berlin Alexanderplatz“gefeiert. Vom engagierten Sozialarbeiter bis zum selbsternannten Unterweltkönig zeigt Schuch die Bandbreite seines Könnens, die gleichzeitig für die Vielfalt des deutschen Kinos im letzten Produktionsjahr steht.
„Systemsprenger“und „Berlin Alexanderplatz“– zwei großartige Kinoerlebnisse, die Standing Ovations verdient hätten.