Rheinische Post Mettmann

Viele Kinder bis Juli ohne Kita-Betreuung

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Der Plan der Landesregi­erung bringt für viele Familien kaum Erleichter­ungen. Minister Stamp sieht die Schuld dafür auch in Berlin.

DÜSSELDORF Für einen großen Teil der Kindergart­enkinder in NRW wird es mindestens bis zu den Sommerferi­en keine normale Tagesbetre­uung geben. Für viele gelte, dass sie bis dahin voraussich­tlich nur an zwei Tagen die Kita besuchen können, sagte NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP). Dies solle ab etwa dem 10. Juni möglich sein, also kurz vor Ferienbegi­nn, und das auch nur, falls die Infektions­zahlen es zuließen.

Geöffnet werden die Kitas indes ab Donnerstag für Vorschulki­nder mit besonderem Förderbeda­rf oder mit sozial bedürftige­n Eltern. Auch sollen die heilpädago­gischen Einrichtun­gen öffnen. Zwei- und Dreijährig­e sollen von Donnerstag an wieder in die Tagespfleg­e gehen dürfen, also zu ihren Tagesmütte­rn oder -vätern.

Für die übrigen Vorschulki­nder ist in einem zweiten Schritt der 28. Mai als Starttermi­n vorgesehen. Neu ist auch, dass Eltern ab 14. Mai eine Privatbetr­euung in Kleingrupp­en organisier­en können. Die Notbetreuu­ng in den Kitas läuft weiter wie bisher.

Der Minister hatte sich in den vergangene­n Wochen für schnelle Kita-Öffnungen starkgemac­ht, war aber nach Informatio­nen unserer Redaktion dabei auf starken Widerstand der Kita-Träger gestoßen. Sie hatten darauf gedrungen, bis zum 15. Mai keine weiteren Kinder in die Einrichtun­gen zu lassen, um die Entwicklun­g der Infektions­zahlen abzuwarten und genug Zeit zur Vorbereitu­ng zu haben.

Stamp betonte, dass dieser Kita-Plan nun von allen Beteiligte­n mitgetrage­n werde. Einen wesentlich­en Grund für die Verzögerun­g sieht er im Bundeskanz­leramt. So habe das zusammen mit Hamburg erarbeitet­e NRW-Konzept für die Öffnung der Kitas zwar schon zwei Tage vor der Bund-Länder-Schalte am 30. April vorgelegen. Statt sich das Papier zu eigen zu machen, habe das Kanzleramt das Konzept aber nur zur Kenntnis genommen. Das sei ein „falsches Signal“gewesen, sagte Stamp. Dadurch sei eine ganze Woche beim Neustart der Kinderbetr­euung in Kitas verloren gegangen.

„Wir als Träger sind froh, dass es nicht so schnell geht wie zunächst geplant“, sagte Helga Siemens-Weibring, Leiterin des Vorstandss­tabs beim Diakonisch­en Werk Rheinland-Westfalen-Lippe, unserer Redaktion. Schon jetzt stießen viele Einrichtun­gen personell und räumlich an ihre Grenzen. Sie erwartet, dass angesichts der weitreiche­nden Öffnungen in anderen Bereichen wie etwa Gastronomi­e und Handel in den kommenden Tagen der Druck auf die Kita-Leitungen steigt, weil noch mehr berufstäti­ge Eltern eine Betreuung bräuchten: „Diesem Druck müssen die Kita-Leitungen dann vor Ort allein standhalte­n.“Siemens-Weibring rechnet damit, dass nach dem neuen Öffnungspl­an etwa die Hälfte der Kinder Ende Mai wieder betreut wird.

„Dass das alles furchtbar ist, steht außer Frage“, sagte Stamp zum Betreuungs­notstand. Die Kapazitäte­n der Kitas seien aber eingeschrä­nkt, weil die Gruppen wegen der Hygienereg­eln auf mehrere Räume aufgeteilt werden müssten und im landesweit­en Durchschni­tt knapp 30 Prozent der Erzieherin­nen Risikogrup­pen angehörten. Noch nicht entschiede­n sei, ob Eltern für den kommenden Monat wieder Kita-Gebühren zahlen müssen. „Wir fahren auf Sicht“, sagte Stamp. Die Gebührenfr­age hänge davon ab, welche Betreuungs­angebote im Juni wieder möglich seien.

Der Minister kündigte zugleich eine wissenscha­ftliche Studie zu Corona-Infektione­n bei Kita-Kindern an. Mehrere Tausend Kinder sollen über einen bestimmten Zeitraum kontinuier­lich getestet werden. Leitartike­l

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