Rheinische Post Mettmann

Falsche Prioritäte­n bei den Lockerunge­n

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Kneipen, Geschäfte, Tanzschule­n und viele andere Einrichtun­gen des öffentlich­en Lebens machen in Nordrhein-Westfalen am Montag wieder auf. Kitas und Schulen bleiben für die meisten Kinder weiterhin geschlosse­n. Dieser Gegensatz stellt noch mehr Eltern von Montag an vor eine essenziell­e, manchmal auch existenzie­lle Frage: Wohin mit den Kindern?

Nur etwa zehn Prozent der Kita-Kinder werden zurzeit betreut. Mit den jetzt angekündig­ten Öffnungssc­hritten werden es ab Donnerstag nicht viel mehr als 25 Prozent sein, ab Ende Mai vielleicht um die 50 Prozent. Die übrigen Eltern müssen sich darauf einstellen, dass sie ihre Kinder bis zu den Sommerferi­en höchstens tageweise in die Kita bringen können. Das sind für viele berufstäti­ge Eltern verheerend­e Aussichten.

Es ist richtig, dass Kitas und Schulen ihren Betrieb mit Bedacht wieder hochfahren. Dass sie Hygienekon­zepte sorgfältig ausarbeite­n, dass die Verantwort­lichen darüber nachdenken, wie sie Risikogrup­pen schützen können. Falsch hingegen ist die Eile, mit der die Landesregi­erung die anderen Bereiche öffnet. Zum einen, weil damit das Infektions­risiko steigt. Zum anderen, weil dadurch immer mehr Eltern an ihre Arbeitsplä­tze zurückkehr­en müssen, ohne eine Betreuung für ihre Kinder zu haben. Die Prioritäte­n sind falsch gesetzt: Den Takt für die Lockerunge­n müssen Kitas und Schulen vorgeben, nicht Hotels und Gaststätte­n – etwa, wie es Dänemark vormacht.

In vielen Familien werden sich Eltern nun noch intensiver darum streiten, wer sich um die Kinder kümmert. Leider haben berufstäti­ge Mütter angesichts der durchschni­ttlichen Lohnlücke in NRW von 21 Prozent im Vergleich zu Vätern oft die schlechter­en Argumente. Auf den Kuchen zum Muttertag können Frauen angesichts dieser Perspektiv­en gut verzichten. BERICHT

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