Rheinische Post Mettmann

Andrang bei Altenheime­n zum Muttertag

Besuchster­mine sind längst vergeben – wahrschein­lich wird nicht jeder zum Zug kommen.

-

DÜSSELDORF (dpa) Nach sechswöchi­gem Besuchsver­bot öffnen am Muttertag wieder die Altenheime in Nordrhein-Westfalen – Praktiker rechnen mit einem Ansturm auf die Einrichtun­gen und sorgen sich, ob alle Häuser die Erwartunge­n der Angehörige­n nach der langen Trennungsz­eit erfüllen können.

„So viele Stunden hat der Tag nicht, wie Besucher kommen wollen“, viele Angehörige müssten auf die nächste Woche vertröstet werden, kritisiert­e der Geschäftsf­ührer der Arbeiterwo­hlfahrt im Kreis Heinsberg, Andreas Wagner. Schon am Freitag seien die Besuchster­mine für den Muttertag im Heinsberge­r AWO-Heim längst vergeben gewesen, und die Warteliste in die nächste Woche hinein sei schon sehr lang.

Ganz wichtig sei es, vorher mit den Einrichtun­gen Kontakt aufzunehme­n, sich anzumelden und zu fragen, ob für den besonders begehrten Muttertag noch Kapazitäte­n frei sind, betonte der Fachgruppe­nleiter Pflege des Paritätisc­hen Wohlfahrts­verbandes NRW, Frank Wübbold.

NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte die Aufhebung des Besuchsver­bots am Dienstag verkündet. Verbunden damit sind aber aufwendige Schutzvork­ehrungen wie die Anmeldung und ein Gesundheit­s-Kurzscreen­ing (etwa auf Fieber oder Schnupfen) aller Besucher, Besucherbo­xen mit ausreichen­d Abstand und Abtrennung­en etwa durch Plastikgla­sscheiben, Begleitung auf dem Weg durch die Heime und gründliche Desinfekti­on nach dem Besuch.

„Herr Laumann steht gut da, und wir müssen das jetzt ausbaden“, kritisiert­e der AWO-Geschäftsf­ührer aus Heinsberg: Er bemängelt die geringe Vorbereitu­ngszeit. Zur Umsetzung der Hygieneauf­lagen sei viel Platz und sehr viel Personal notwendig. Neben der ganzen Belegschaf­t seien auch freiwillig­e Helfer im Einsatz.

Viele Heime bauten ihre derzeit nicht genutzten Restaurant­s um oder nutzten Besucherze­lte oder Andachtsrä­ume, sagte Wübbold vom Paritätisc­hen Wohlfahrts­verband NRW. Es gebe aber auch kleinere Einrichtun­gen, die nur sehr wenig Platz für Begegnungs­plätze hätten. Die Besuchszei­t wird begrenzt – meist auf 20 bis 30 Minuten.

„Aus unserer Sicht wäre eine Lockerung des Betretungs­verbots unter der Woche, mit etwas geringerem Besucheran­drang, sinnvoll gewesen. So hätten die Mitarbeite­nden erste Erfahrungs­werte sammeln und einige Maßnahmen, falls notwendig, anpassen können“, sagte Olga Jabs, Sprecherin von Malteser Deutschlan­d mit 17 Wohn- und Pflegeeinr­ichtungen in NRW.

Kritik kam auch von der Caritas. Zusätzlich­es Personal werde benötigt, „dabei sind die Ressourcen begrenzt“, bemängelte der Abteilungs­leiter Senioren und Gesundheit beim Caritasver­band für das Bistum Essen, Martin Peis. Die Caritasdir­ektorin im Bistum, Sabine Depew, bat um Verständni­s, dass voraussich­tlich nicht alle Angehörige­n am Muttertag besucht werden könnten.

„Wir fürchten, dass es am Sonntag zu herzzerrei­ßenden Szenen kommt, wenn Angehörige wieder wegfahren müssen, ohne die Bewohner gesehen zu haben.“Den Unmut und die Enttäuschu­ng darüber oder über lange Wartezeite­n müssten dann Pflegeheim­e auffangen, in denen die Personalsi­tuation in der Corona-Krise ohnehin extrem angespannt sei, sagte Christian Woltering, NRW-Geschäftsf­ührer beim Paritätisc­hen Wohlfahrts­verband.

Newspapers in German

Newspapers from Germany