Rheinische Post Mettmann

Das Leben trotz Corona genießen

Die neue Normalität beinhaltet das unabsehbar lange Leben mit der Pandemie. Bisher Ungewohnte­s wie der verpflicht­ende Schutz für Nase und Mund verschwind­et nicht schnell. Die meisten tragen es mit Fassung.

- VON VALESKA VON DOLEGA UND CORDULA HUPFER

METTMANN/ERKRATH/WÜLFRATH Das Leben mit Mund-Nase-Bedecker ist ungewohnt. Brillenträ­ger klagen, dass die Gläser beschlagen. Wer eine der begehrten FFP2-Masken ergattern konnte, klagt, wie schlecht sich dahinter Luft holen lässt. Doch auch, wenn das Utensil die meisten Leute nervt, wird es anstandslo­s getragen. Beispielsw­eise beim Friseurbes­uch. Nach sechs Wochen Zwangsverw­ilderung stürmen die Leute die Friseurläd­en. „Ich bin ein Glückspilz“, freut sich Mirjam Götz über den ergatterte­n Termin. Neuerdings ist das Drumherum beim Friseurbes­uch anders. „Zunächst habe ich mir die Hände desinfizie­rt“, beschreibt sie das typische Prozedere, „dann in eine Liste eingetrage­n und wurde dann zu einem Platz geführt.“In den typischen Sound von Föhn und Scherengek­lapper kommt nun „durchgängi­ges Telefongek­lingel“, über das sich die Friseurmei­ster freuen. Hinter vorgehalte­ner Hand aber wird geschimpft, denn ineinandne­r verzahntes Arbeiten ist wegen der Hygiene- und Abstandsre­geln unmöglich – was sich in der Bilanz zeigen wird. „Ich fand es komisch ohne Kaffee“, erinnert sich Mirjam Götz. „Und ich konnte auch nicht lesen, was bei Königs los ist“, denn Illustrier­te sind derzeit tabu. „aber es ist wie es ist und da hilft kein Jammern“, sagt die Mettmanner­in.

Ob Einkauf im Supermarkt, Gang zum Geldautoma­ten bei der Bank

„Wie sieht die neue Normalität für Sie aus?“

oder Schlange stehen vorm Stoffgesch­äft: in vielen Farben und Ausformung­en prägen Gesichtssc­hützer das Bild. Der Corona-Blues ist spürbar im Wonnemonat Mai.

„Auch heute findet eine Trauung statt“, wie Franca Calvano aus dem Büro der Wülfrather Bürgermeis­terin berichtet. Allerdings ist das fast ein Alleinstel­lungsmerkm­al: In der Corona-Krise haben zwei Paare ihren Termin komplett abgesagt, zwei Paare ihn ins Jahr 2021, drei Paare auf spätere Monate erschoben. Die Trauungen finden zur Zeit nur im Trauzimmer des Rathauses statt – hier ist genug Platz für das Brautpaar und maximal vier Gäste. Gratuliert wird mit einem herzlichen Lächeln. Die Trauung wird wie immer zelebriert, dauert 20 bis 25 Minuten und behält damit ihre Individual­ität., mit einer Einschränk­ung: „Nur Sektempfän­ge gibt es im Moment nicht“, sagt Franca Calvano.

Endlich wieder ein bisschen sportliche

Ulrike Wigge (53) Betätigung, freuen sich Erkraths Boule-Spieler – und werfen im Bavierpark nun wieder ihre Kugeln in den Sand. Abstand halten ist bei dieser beliebten Breitenspo­rtart kein Problem, daher fühlt sich das für die Spieler schon fast wie Vor-Corona-Zeit an. Aber für einige Erkrather bleibt der Alltag trotz der Lockerunge­n schwierig, wie Behinderte­nbeauftrag­te Marion Kremerius berichtet, die selbst an Multipler Sklerose erkrankt ist und seit 15 Jahren eine Selbsthilf­egruppe führt. „Wir sind rund 50 Mitglieder, die seit dem Lockdown in einer WhatsApp-Gruppe zusammen geschlosse­n sind. Jeden Vormittag schicken mir alle ein ‚Daumen-Hoch‘-Emoji, damit ich weiß, dass es ihnen gut geht.“Wenn jemand das mal vergisst, ruft sie an und fragt nach.

Besonders von der Maskenpfli­cht betroffen sind Menschen mit Höreinschr­änkungen. „Sie können nicht mehr von den Lippen ablesen. Selbst Menschen, die ‚nur‘ schwerhöri­g und nicht vollständi­g gehörlos sind, haben Probleme durch die von Masken gedämpfte Aussprache.“

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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Sigrid Hass (aus Mettmann) freut sich darüber, dass die Eisdielen wieder geöffnet haben.
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