Das bunte Stück vom Kuchen
Bei der Gestaltung von Torten sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Oft ist die Dekoration zudem gar nicht kompliziert, sondern braucht vor allem viel Zeit und Geduld.
Buttercreme und Teig in allen Farben des Regenbogens, modellierte Schokoladenfiguren oder ein Überzug, der aussieht wie ein Sternenhimmel: Kuchen und Torten, die nicht nur schmecken, sondern auch toll aussehen, liegen im Trend. Unzählige Fotos auf Backblogs und bei Instagram zeugen davon, dass es kein professionelles Equipment braucht, um sich an den oft quietschbunten Kunstwerken zu versuchen. „Vieles funktioniert auch in der heimischen Küche“, sagt Julia Kübbeler, die seit sieben Jahren den Blog „Julias Torten & Törtchen“betreibt. Für die 24-Jährige ist das ein Ausgleich zum stressigen Medizinstudium. Das gilt besonders für aufwendige Motivtorten, mit denen sich gut mehrere Stunden herumkriegen lassen.
Der Trend der bunten Torten kommt eigentlich aus den USA und ist von dort erst nach England und dann auch in die hiesigen Backstuben gewandert. Viel Aufmerksamkeit bekommen sie vor allem im Internet, sagt Julia Kübbeler. „Gerade die Kuchen aus den USA sind oft so knallig wie Neonleuchtreklamen, das fällt auf und findet Nachahmer“, sagt sie. Wichtig ist ihr dabei aber: Der Geschmack darf nicht leiden. „Eine gute Basis ist entscheidend. Letztlich soll es ja schmecken, und eine schlechte Torte kann man auch nicht durch Farbe oder Buttercreme retten“, sagt Kübbeler.
Die bunten Torten gibt es in vielen verschiedenen Varianten, bei manchen ist lediglich der Teig eingefärbt und der Kuchen mit einer Buttercreme bestrichen, andere sind mit aufwendigen Modellierungen aus Fondant, einer Zuckermasse, oder Schokolade verziert. Die gibt es dann zum Beispiel zu einem runden Geburtstag oder einer Hochzeit, sagt die Konditormeisterin Evgenia Gordienko aus Ratingen. Vor acht Jahren hat sie die Tortenwerkstatt Elav Cakes gegründet, erfüllt dort mit einem sechsköpfigen Team jeden noch so verrückten Kundenwunsch: „Grundsätzlich ist alles als Torte machbar.“Dass farbenfrohe Backwaren derzeit so beliebt sind, hat für sie auch etwas mit der Renaissance der bunten Mode der 70er Jahre zu tun. Inspiration holt sich die 54-Jährige aus dem Internet und auf Tortenausstellungen.
Für Anfänger muss es aber nicht gleich eine mehrstöckige Torte sein: Ziemlich unkompliziert und deshalb sehr beliebt sind die sogenannten Layer Cakes, also Schichtkuchen. Diese bestehen aus mehreren eingefärbten Böden, die aus einem Rühr- oder Biskuitteig hergestellt werden. Zum Färben benutzt man Lebensmittelfarbe. Julia Kübbeler empfiehlt, diese im Internet und nicht im Supermarkt zu kaufen. „Sonst ist man am Ende enttäuscht, dass der Kuchen nicht so bunt geworden ist, wie man erwartet hat.“Sie selbst verwendet Farbpasten eines US-amerikanischen Herstellers. Die seien lange haltbar und mit um die zehn Euro für ein Set auch nicht zu teuer. Die Farbstoffe haben keinen Eigengeschmack und sind zwar künstlich, aber gut verträglich. Es gibt inzwischen aber auch Stoffe aus Pflanzenextrakt.
Färbt man den Teig nicht regenbogenbunt ein, sondern in verschiedenen Nuancen einer Grundfarbe, bezeichnet man den Kuchen als Ombre Cake. Der Teig wird dann sortiert geschichtet, von hell nach dunkel oder andersherum. So ergibt sich die Optik, die dem Kuchen seinen Namen gibt: Ombre kommt aus dem Französischen und bedeutet Schatten.
Unabhängig von der Farbe der Böden kommt dazwischen noch eine Füllung, die ganz nach Geschmack gestaltet werden kann. Gelee oder Marmelade eignen sich zum Beispiel, aber auch Sahne oder sogar Buttercreme. Umhüllt wird das Ganze von einem Überzug, der meistens ebenfalls aus Butter- oder Frischkäsecreme besteht. Auch hier gilt: einfach nach der eigenen Vorliebe entscheiden. „So unterschiedlich die Menschen, so unterschiedlich sind ihre Vorstellungen einer gelungenen Torte“, sagt Evgenia Gordienko, die ihre Kreationen schon bis nach Berlin und in die Niederlande ausgeliefert hat. Ihre Spezialität sind Torten, die mit der Zuckermasse Fondant verziert sind. Diese ist im Grundzustand weiß, lässt sich aber leicht färben und modellieren – zu Blüten, Zahlen oder ganzen Figuren.
Auch Julia Kübbeler arbeitet gerne mit Fondant – auch wenn sie zugibt: „Daran scheiden sich die Geister, ein bisschen wie beim Marzipan. Manchen schmeckt’s, anderen nicht.“
Fondant kommt als letztes auf die Torte, zunächst wird diese mit Buttercreme oder Ganache, einer Mischung aus Schokolade und Sahne, umhüllt. Damit der Fondant hinterher schön aussieht, ist es wichtig, dass die Oberfläche der Torte glatt ist. „Das ist am Anfang ein bisschen schwierig“, sagt Kübbeler, „aber reine Übungssache.“
Ihr Tipp: die Torte in drei Phasen einstreichen, erst einmal nur leicht, um Krümel zu binden, danach noch zweimal und zwischendurch jeweils kaltstellen. Außerdem sollte man eine sogenannte Winkelpalette oder eine Teigkarte verwenden. „Und ein Drehteller, wie es ihn in jedem Möbelhaus gibt, erleichtert die Arbeit enorm“, sagt die Hobbybäckerin. Erst danach legt man den Fondant auf – in welcher Form und Farbe man wünscht. In letzter Zeit hat Kübbeler das Bemalen der Zuckermasse für sich entdeckt. Dafür mischt sie Lebensmittelfarbe mit Schnaps, „dann kann man mit einem feinen Pinsel auf den Fondant zum Beispiel Blumen oder andere Motive aufmalen.“
Der Fantasie sind beim Verzieren von Torten und Kuchen in der heimischen Backstube also keine Grenzen gesetzt. Nur Zeit sollte man sich nehmen. „Wenn man sieben verschiedene Böden backt, die Torte hinterher noch abkühlen lässt und dann verziert, kann das durchaus mal den ganzen Tag in Anspruch nehmen“, sagt Kübbeler. Als Belohnung gibt’s dann aber ja zum Glück nicht nur ein schönes Foto für die Familien-Whatsapp-Gruppe oder den eigenen Instagram-Kanal, sondern auch ein leckeres Stück Torte.
Torte mit weißer Schokolade und Himbeeren nach Julia Kübbeler
Zutaten
Für drei Böden jeweils 3 Eier, 90 g Zucker, 2 Pck. Vanillezucker, 60 ml Pflanzenöl, 125 ml Milch, 125 g Mehl, 1/4 Pck. Backpulver, 1 Prise Salz
Für die Füllung 200 ml Sahne, 600 g weiße Schokolade, 200 g Mascarpone (kalt), 300 g TK-Himbeeren (aufgetaut, mit Gabel zerdrückt)
1 Pck. Vanillepuddingpulver, 300 ml Milch, 1 El Zucker, 700 g weiche Butter
Für die Dekoration 400 g Fondant, 20 g Speisestärke zum Ausrollen,
Lebensmittelfarben, hochprozentiger klarer Alkohol
Vorbereitung am Vortag Schokolade hacken, Sahne aufkochen und vom Herd nehmen. Währenddessen Schokolade im Wasserbad schmelzen, Sahne zugeben und verrühren. Über Nacht abgedeckt kühl stellen. Pudding zubereiten, Frischhaltefolie an der Oberfläche des Puddings andrücken und kaltstellen.
Zubereitung Ofen auf 175 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Eier mit Zucker, Vanillezucker und Salz so lange auf höchster Stufe schaumig schlagen, bis eine weißliche Masse entstanden ist. Abwechselnd Öl, Milch und die vermischten trockenen Zutaten unterrühren. Den Teig in eine mit Backpapier ausgelegte runde Form (ca. 20 cm) füllen und ca. 20 Min backen (Stäbchenprobe!). Zwei Mal wiederholen, damit drei Böden entstehen.
Für die Buttercreme weiche Butter zehn Minuten weiß und luftig aufschlagen, dann den zubereiteten Pudding unterrühren. Mit einem Teil der Creme und einer Lochtülle die Ränder des ersten Bodens entlangfahren und zehn Minuten im Kühlschrank aushärten lassen. Das stützt die weiche Schokocreme und verhindert Kontakt zwischen Füllung und Fondant.
Für die Füllung die Schokoladenganache durchrühren, bevor die Mascarpone kurz untergerührt wird. Schokoladencreme auf den Boden auftragen, dann die zerdrückten Himbeeren darüber geben und die Torte zusammensetzen. Fertige Torte mit Rest Buttercreme in drei Schichten einstreichen, die erste nur sehr dünn, um Krümel zu binden, die zwei folgenden für eine glatte Oberfläche. Zwischen jeder Schicht kühlen, bis die Creme fest ist.
Den Fondant gut durchkneten, wenn gewünscht mit Lebensmittelfarbe einfärben. Mit Stärke bemehlt auf drei Millimeter Dicke ausrollen und über die Torte legen. Fondantdecke überall andrücken, dabei von oben nach unten arbeiten. Überstehende Ränder abschneiden. Für die Dekoration Lebensmittelpastenfarben mit einigen Tropfen Alkohol anrühren. Ein Tipp: Damit sich die Farben nicht vermischen, Konturen zunächst antrocknen lassen, bevor weitere Farben aufgetragen werden.