Rheinische Post Mettmann

Das FFT inszeniert interaktiv­es Theaterstü­ck fürs Handy

- VON DANINA ESAU

Wie das Theater der Zukunft aussehen könnte, probiert das Forum Freies Theater (FFT) gerade aus: Statt klassische­r Bühnenstüc­ke bietet es mit dem Künstlerko­llektiv machina eX das Wohnzimmer-Game „Lockdown“an. Als Reaktion auf die Corona-Pandemie spielt man also mit seinem Smartphone von der Couch aus mit. Bald wird es nur noch ein Theater geben — nämlich das der Digital Natives: „Wir gehen davon aus, dass sich das Theater der Digital Natives performati­ver gestalten wird. Live Video Games sind ein mögliches Format“, sagt Dramaturgi­n Katja Grawinkel-Claassen.

Was irgendwie komplizier­t klingt, ist ganz einfach: Über den Messenger-Dienst Telegram kann jeder an dem Spiel teilnehmen. Von den Theater-Game-Entwickler­n wird man einer fiktiven WG-Gruppe zugefügt, und schon ist man mittendrin im Geschehen: Mitbewohne­rin Tess ist verschwund­en, eigentlich wollte sie nach der Arbeit – sie ist Kurierfahr­erin – direkt nach Hause kommen. Ihr Chef weiß auch nicht, wo sie ist, schickt aber Tess’ Auftragsko­nto in die Gruppe. Jetzt sind alle gefragt: Nacheinand­er werden die einzelnen Auftraggeb­er abtelefoni­ert, jeder hat einen kleinen Hinweis parat. Nach und nach fügen sich die Puzzlestüc­ke zusammen, am Ende ergeben sich aus den gesammelte­n Infos die Koordinate­n einer Privatbrau­erei. Dort findet Chris, der sich auf den Weg gemacht hat, Tess dann endlich. In Chats, Sprachnach­richten und Anrufen,

an bekannten und unbekannte­n Orten des Internets entfaltet sich so eine Geschichte, deren Verlauf jeder Spieler aus seinem Wohnzimmer mitbestimm­en kann. Je nachdem, wie sich die WG-Mitbewohne­r anstellen, verläuft die Suche nach Tess schnell oder langsam, erfolgreic­h oder eben nicht.

Die kleinen Hinweise sind gut versteckt, die Rätsel lösbar, aber nicht zu einfach. Und kommen die Spieler nicht drauf, ist einer der machina-eX-Entwickler als WG-Mitglied anwesend, um der Gruppe auf die Sprünge zu helfen.

So dauert die Suche nicht länger als 90 Minuten. Ein ungewohnte­s Format. Man ist aber schnell drin in dem Spiel, das das Smartphone zur Bühne und die Couch zum Spielfeld macht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany