Aus Fundstücken werden Kunstwerke
Die Künstlerin Erinna König zeigt Zeichnungen, Objekte und Malerei auf der Neusser Raketenstation.
Zwei Jahre ist es her, dass der Düsseldorfer Künstlerin Erinna König eine Ausstellung angetragen wurde, die in ihren Augen auch eine Auszeichnung ist: in der Skulpturenhalle der Thomas-Schütte-Stiftung auf der Raketenstation Neuss. „Ich bin einfach froh, dass die Kunststiftung NRW diese Ausstellung unterstützt“, sagt die Künstlerin, die zudem den Stiftungsgründer, Bildhauer Thomas Schütte, seit vielen Jahren kennt und weiß, dass er Werke von ihr angekauft hat. Eines davon, „Septemberbild“von 2002, gehört natürlich zu jenen Exponaten, die nun in der Skulpturenhalle zu sehen sind. Ausgesucht und kuratiert von der Künstlerin selbst und dem langjährigen Wegbegleiter Schüttes, Dieter Schwarz.
Dem Coronvirus zum Trotz ist die Ausstellung am Wochenende zu besichtigen, eröffnet wurde sie ohne die übliche Vernissage. Pfeile weisen auf den Ein- und den Ausgang hin: „Wir können die Besucher problemlos trennen“, sagt Thomas Schütte; auf einen ausgezeichneten Rundweg durch die Ausstellung hat er jedoch verzichtet, setzt dabei auf die Eigenverantwortung.
So ist jedem überlassen, die Werke Königs für sich zu entdecken. Sparsam sind sie verteilt, stehen oder hängen so, dass sie mit der ungewöhnlichen Architektur korrespondieren. So nehmen die „Schatten“von 1983 eine der halbrunden Wände fast ein: Holzstücke, auf die König damals Teer aufgetragen hat. Oder „Der Weg“(1985): eine leicht erhöhte und sich perspektivisch verjüngende Plattform, ist vor einer Tür nach draußen platziert.
Dass diese Arbeiten aus den 1980er Jahren stammen, heißt bei Erinna König wenig. „Die Ausstellung ist keine Retrospektive“, sagt sie entschieden, sie habe nur geschaut, was gut zu dem Raum passt. 38 Werke hat sie ausgewählt. Fundstücke sind oft genug die Grundlage, sie sammelt sie und bewahrt sie in ihrem Atelier: „Manches brauchte zehn Jahre, bis ich genau weiß, wie ich es verarbeiten kann“, sagt sie lachend. Die „Treppe“etwa gehört zu ihren neuen Arbeiten. Stufen, die ihre Größe verändern, umrunden einen Pfosten – der ein Original-Treppenpfosten ist: „Er war rot lackiert, und habe ich ihn bearbeitet“, sagt sie. Dass die kleinsten Stufen mit ihren Öffnungen einem Haus ähneln, ist natürlich gewollt: „Treppen gibt es nun mal in einem Haus...“, sagt die Künstlerin.
Viele Arbeiten Königs haben etwas mit dem Alltag zu tun. Das zeigen Werke wie „Nacht“(2020) oder die Tischchengruppe aus Holz, Marmor und Kunststoff von 2018. Ersteres wirkt in der Spiegelung des Materials Edelstahl und der drapierten Gardine wie ein Fenster in die Unendlichkeit, das zweite betont das Kabinett mitten im Ausstellungsraum. König sieht in den Fundstücken nur das Material, nicht schon ein Kunstwerk. Das werde es erst in der Verarbeitung, meint sie und weiß noch genau, wie schwierig es war, das rosa Frotteebadetuch hinter Glas zu bekommen: Mühsam habe sie die Falten nach ihren Vorstellungen zurechtgeschoben: „Lange habe ich nach einem Kleber gesucht, der mir die Zeit ließ.“
Im Kassenraum der Skulpturenhalle sind unter anderem neben eigenständigen Zeichnungen und anderen Objekten auch Dinge aus ihrem Atelier ausgestellt, die entweder mal wichtig waren oder noch wichtig sind: Modelle, Skizzen, Objekte. Wenn überhaupt von einer Erinnerung an vergangene Tage gesprochen werden kann, dann dort.
Info Skulpturenhalle Neuss, Lindenweg, bis 16. August, Fr. bis So., 10 bis 18 Uhr