Fortuna-Fans vor dem Neustart skeptisch
Am Samstag beginnt die Fußball-Bundesliga wieder, aber viele Anhänger sind gegen Geisterspiele.
DÜSSELDORF Am Samstag geht es nach fast zehn Wochen Pause in der Fußball-Bundesliga weiter. Doch Vorfreude, die ein Außenstehender nach so langer Zeit vielleicht erwarten könnte, sucht man zumindest in der Düsseldorfer Fanszene weitestgehend vergeblich. Der Grund: Fortunas Heimspiel gegen den SC Paderborn wird ein Geisterspiel sein, so wie alle Partien bis zum Saisonende und wahrscheinlich noch weit darüber hinaus. Und damit können sich die Anhänger in der Landeshauptstadt überhaupt nicht anfreunden.
„Ich denke, ich werde mir das Spiel nicht einmal im Fernsehen anschauen“, sagt Hansi Krug, dessen riesige Ratingen-Fahne durch Reisen mit Fortuna und der Nationalmannschaft schon in ungezählten Stadien der ganzen Welt gehangen hat. „Durch die Entscheidung, die Saison mit Geisterspielen durchzupeitschen, hat man uns allen auf drastischste Weise vor Augen geführt, dass man als Fan nur eine total untergeordnete Rolle spielt.“
Wie Krug sind auch Ulli Münsterberg und Hajo Kendelbacher seit Jahrzehnten mit Fortuna unterwegs, ihre Meinung hat in der Szene Gewicht. Alle fühlen sich im Stich gelassen. „Hier geht es nicht mehr um den Sport, sondern nur noch ums Geld“, sagt Münsterberg. „Die Spiele müssen weitergehen, damit die Unterhaltungs-Maschinerie am Laufen bleibt.“Der Hildener vermisst ein Statement der Spielergewerkschaft,
die er seit Beginn der Diskussion um die Bewältigung der Corona-Krise „komplett untergetaucht“sieht.
Kendelbacher hätte es am liebsten gesehen, wenn die Saison abgebrochen worden wäre. „Dann hätte man warten sollen, bis vor Zuschauern gespielt werden kann, und dann die erste Liga mit 22 Teams spielen“, berichtet er. „Die daraus resultierende Lücke in der Zweiten Liga hätte man leicht mit den besten Drittligisten füllen können.“Krug und Münsterberg sehen das ähnlich, und alle sind sich einig: Alles wäre besser gewesen als Geisterspiele.
Dass finanzielle Gründe hinter der Fortsetzung stehen, ist den Fans klar – doch deshalb tolerieren sie die Lösung noch lange nicht. „Alle in der Gesellschaft müssen sich zurücknehmen, nur für die DFL scheint
das nicht zu gelten“, kritisiert Münsterberg. „Die Verbände haben über Jahrzehnte unglaubliches Geld verdient. Da hätten sie längst einen Solidaritätsfonds gründen müssen, damit Vereine längere Einnahmeausfälle überstehen können.“
Dass es Klubs gibt, die schon jetzt in Finanzschwierigkeiten stecken, entzieht sich allerdings dem Verständnis der drei Fortunen. „Aber wenn es um finanzielle Ungereimtheiten geht, war Schalke ja stets gern mit dabei“, sagt Münsterberg, und Kendelbacher ergänzt: „Es ist nicht nachzuvollziehen, dass dieses Geschäft, in dem Unsummen generiert werden, sich schon nach kurzer Zeit Auswüchsen wie Geisterspielen hingibt. Das ist keine Solidarität, das ist eine in sich geschlossene Blase. Und ich fürchte, dass die Fernsehübertragungen dieser Partien Events mit viel Schnickschnack werden, die an die Playstation erinnern.“
Krug „fehlen geradezu die Worte“, wenn er das Gebaren von Schalke 04 sehe: „An einem Tag jammern sie, ihnen drohe die Insolvenz, am nächsten Tag wollen sie Kevin Stöger holen.“All das führe dazu, dass
Kendelbacher sagt: „Es ist erstaunlich, wie wenig ich den Fußball vermisse.“Eine bedenkliche Entwicklung, die Krug unterstreicht: „Ich hätte mir von Fortuna gewünscht, dass sie sagt: Ohne unsere Fans wollen wir nicht weiterspielen.“
Doch dazu kam es nicht. Wohl aber lässt der Vorstandsvorsitzende Thomas Röttgermann durchblicken, dass er kein Fan von Geisterspielen wird. „Aber sie sind momentan der einzige Weg aus der Krise“, betont er. „Daher müssen wir leider diese riesengroße Kröte schlucken. Aber die Fans können mit Recht von den Vereinen erwarten, dass sie nach der Krise nicht einfach so zur Tagesordnung zurückkehren. Wenn ein halbes Jahr ohne Fußballspiele die Existenz von zahlreichen Vereinen bedrohen kann, dann stimmt etwas nicht.“Die DFL und alle Klubs müssten „die erheblichen Fehlentwicklungen im Fußball insgesamt ansprechen und mutig und konsequent thematisieren“. Dafür sei jetzt der richtige Zeitpunkt.
Dass Fortuna die Saison – wenn auch mit großen Verlusten – überstanden hätte und sich lediglich der DFL-Solidarität beugte, mag man zwischen den Zeilen herauslesen oder nicht. Eine Sorge, die Ulli Münsterberg äußert, kann man indes kaum wegdiskutieren: „Es hat ja längst nicht jeder Sky, und im FreeTV sind nur die Konferenzen zu sehen. Wer sagt eigentlich, dass sich die Fans nicht privat treffen, um die Spiele zu sehen?“Gewünscht ist das nicht – aber kontrolliert werden kann es auch nicht.