Mehr Temposünder bei weniger Verkehr
In der Corona-Krise sank die Zahl der Verkehrsteilnehmer um rund 50 Prozent, doch die gravierenden Verstöße nahmen zu.
DÜSSELDORF In der Corona-Krise nahm die Verkehrsdichte auf den Straßen in Düsseldorf spürbar ab, Polizei und Ordnungsamt erwischten aber trotzdem mehr Temposünder – und dies, obwohl seit Ende April auch noch ein neuer Bußgeldkatalog gilt. Dieser führt bereits ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von innerorts 21 Kilometern pro Stunde zu einem Führerscheinentzug für einen Monat, einem Punkteeintrag ins Verkehrszentralregister in Flensburg und zieht zudem ein Bußgeld in Höhe von 80 Euro nach sich.
Düsseldorfs Ordnungsdezernent Christian Zaum kündigte weitere Kontrollen an: „Vor dem Hintergrund, dass die Hauptunfallursache in der Innenstadt nach wie vor nicht angepasste oder überhöhte Geschwindigkeit ist, wird die Verkehrsüberwachung des Ordnungsamtes weiter konsequent kontrollieren.“
Aus Sicht der Stadt laden offenbar die derzeit weniger befahrenen Straßen zum schnelleren Fahren ein. Vergleichsmessungen vor und nach der Corona-Krise an der Fischerstraße zeigten, dass die Anzahl der dort eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren in einem Wochenvergleich von 875 auf 1150 zunahmen. Dazu haben sich an dieser Stelle die Bußgeldverfahren, also gravierende Geschwindigkeitsverstöße, mehr als verdoppelt.
Eine ähnliche Entwicklung stellte die Stadt bei der Auswertung der Blitzer im Rheinufertunnel fest. Dort gingen zwar zwischenzeitlich im Wochenvergleich die Tempoverstöße
von 3701 auf 2309 zurück, allerdings war der Anteil der gravierenden Fälle nahezu identisch – obwohl die Verkehrsdichte um gut 50 Prozent abnahm.
Vor allem am späten Abend werde im Tunnel gerast, berichtet Michael Zimmermann, Leiter des Ordnungsamtes.
Die Gegebenheiten im dunklen Tunnel seien zu jeder Tageszeit gleich, „aber in der Nacht ist weniger Verkehr“. Im vergangenen Jahr wurde ein Fahrer mit 150 Kilometern pro Stunde statt der erlaubten 70 im Rheinufertunnel geblitzt. Während der Corona-Phase
fuhr ein Verkehrsteilnehmer 141 statt der nun geltenden 60 Kilometer pro Stunde. Auf dem Südring wurde in der Corona-Zeit ein Autofahrer in Fahrtrichtung Neuss mit 197 statt gestatteter 70 Kilometer pro Stunde erwischt, im vergangenen Jahr lag der Top-Wert noch bei 115 bei
erlaubten 60 Kilometer pro Stunde stadteinwärts. „197 km/h sind schon heftig“, sagt Zimmermann. 113 Kilometer pro Stunde auf der Dreherstraße waren in den vergangenen Wochen der Spitzenwert in einer 50er-Zone, im Vorjahr waren es 104 Auf‘m Hennekamp.
„Wir wollen die Autofahrer nicht abzocken, sondern für Verkehrssicherheit sorgen. Die Gesetze werden auch nicht von der Polizei gemacht. Wir können nur den Rat geben, mit dem Fuß runter vom Gas zu gehen“, sagt Polizeisprecher Andre Hartwich. Er denkt vor allem an diejenigen, „die bisher immer ein bisschen schneller als erlaubt unterwegs waren“. Hartwich sagt: „Für diese Verkehrsteilnehmer kann es mit dem neuen Bußgeldkatalog richtig teuer werden.“
Die klassischen Pendlerstrecken und Einfahrtsstraßen in die Stadt wie Kennedydamm, Südring und Münchener Straße verleiten nach Auskunft des Polizeisprechers besonders dazu, zu schnell zu fahren. Gleichzeitig ermahnt Hartwich Autofahrer, nun den Abstand von 1,5 Metern zu Radfahrern einzuhalten: „Natürlich kann es vorkommen, dass ich als Autofahrer nicht sofort vorbeikomme und hinter dem Radfahrer warten muss. Das kann nervig sein, aber die Gesetzeslage ist jetzt so.“
Die Verstöße gegen die Verkehrsregeln ließen auch ohne den neuen Bußgeld-Katalog in der Vergangenheit die Stadtkasse klingeln. 2019 erhielten 233.478 Autofahrer Post, weil sie im Stadtgebiet zu schnell gefahren waren (2018 waren es 243.415). Im Rheinufertunnel wurden mit 100.075 die meisten Verstöße registriert (2018: 84.407). Die Gesamtsumme der Geldbußen für das Jahr 2019 belief sich auf fast 16 Millionen Euro, 2018 waren es 16,4 Millionen Euro. Dem stehen im Haushaltsplan Ausgaben für Personal und Material in einer Höhe von rund 13,5 Millionen Euro gegenüber.