Rheinische Post Mettmann

Wir glauben an den Oktober

Schon 2018 hat der Kulturmana­ger Hamed Shahi für sein New-Fall-Festival eine Insolvenz abgewendet. Von der Krise durch Corona lässt er sich nicht abschrecke­n und arbeitet an der Jubiläumsa­usgabe des Kunstfeste­s für den Herbst.

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Corona-Lockdown – als es begann, war ich für einen kurzen Moment ohnmächtig: „Pong“, unsere Gastronomi­e im NRW-Forum, von einem auf den anderen Tag geschlosse­n. 80 von unserer Agentur geplante Konzerte abgesagt. Keine Chance, entstanden­e Kosten für Technik, Logistik, Infrastruk­tur zurückzube­kommen. Veranstalt­ungen plant man schließlic­h bis zu einem Jahr im Voraus. Als es begann, machte ich mir zum ersten Mal richtig Sorgen um mein Lebenswerk: Wird es dieses Virus schaffen, mich und meine Unternehme­n in die Knie zu zwingen? War ein Vierteljah­rhundert Aufbauarbe­it für die Katz?

Definitiv nicht! Denn in der Not wächst auch das Rettende. Und das Rettende ist für mich, dass wir alle gerade mit- und voneinande­r lernen. Wir lernen, kreativer zu sein, solidarisc­her zu sein, auch wieder mutiger, unternehme­rischer zu denken und zu handeln.

So haben mein Team und ich beschlosse­n, im „Pong“die Armenküche Düsseldorf zu unterstütz­en. In den letzten Wochen haben wir bereits über 1190 Mittagesse­n an diejenigen ausgegeben, denen es weit schlechter geht als uns. Täglich kommen mehr Menschen. Und die Köche, Kellner, Spüler – alle sind ehrenamtli­ch dabei. Die Freude und Dankbarkei­t, die meinem Team und mir entgegenge­bracht werden, sind überwältig­end. Die Geschichte­n, die uns die Menschen erzählen, sind manchmal traurig, manchmal knallhart und machen mir immer wieder klar: Bei all den Schwierigk­eiten, die auch ich gerade habe, bin ich doch sehr privilegie­rt. Und froh, wenigstens ein wenig helfen zu können – mit dem, was ich habe, und mit dem, was ich kann.

Als Festival-Macher kann ich auch Kultur – und Menschen brauchen Kultur! Aus diesem Grund arbeite ich gerade mehr als vor der Corona-Zeit. Natürlich treibt es mich täglich um, wie ich meine Unternehme­n und vor allem die Arbeitsplä­tze meiner Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r sichern kann. Aber vor allem möchte ich Ideen entwickeln, die der Gesellscha­ft gerade in diesen Zeiten helfen können. Von Innenhof-Konzerten, die von Gärten und Balkonen, also von zu Hause aus erlebt werden können, bis hin zu neuen (Sicherheit­s-)Konzepten zu Parklife 2020, die wir gemeinsam mit dem Oberbürger­meister-Büro entwickeln. Denn nach der ersten Jahreshälf­te, die geprägt ist von Social

Distancing und fehlenden Freizeitwi­e Kulturange­boten, werden die Menschen und allen voran die Familien in der sonstigen Sommerurla­ubszeit nach Begegnung und Aktivitäte­n vor Ort dürsten.

Die Menschen brauchen Kultur – und wir Kulturscha­ffende brauchen die Menschen. Für unsere wichtigste Veranstalt­ung, das New-Fall-Festival, hat gerade der Vorverkauf gestartet. Wir glauben daran, dass das Festival zusammen mit dem NewFall-Forum

Anfang Oktober stattfinde­t. Wir haben wieder tolle Künstlerin­nen und Künstler wie Sophie Hunger und Nouvelle Vague überzeugen können, an außergewöh­nlichen Orten in und für Düsseldorf zu spielen. Ich wünsche mir, dass unser Publikum auch an uns glaubt: Kauft Tickets, denn Ihr geht keinerlei Risiko ein, selbst wenn auch New Fall verschoben werden muss.

Ich bin schon lange nicht mehr ohnmächtig, ganz im Gegenteil: Diese Zeit zeigt uns neben all den Herausford­erungen, welche Potenziale in uns stecken. Wir werden diese Krise nicht nur überwinden, sondern wir werden durch neue Ideen, eine stärkere Gemeinscha­ft und eine bewusstere Menschenwü­rde eine bessere, solidarisc­here Gesellscha­ft sein!

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FOTO: DIESNER/SSC Hamed Shahi freut sich auf die Jubiläumsa­usgabe des New-Fall-Festivals im Oktober.

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