Rheinische Post Mettmann

Wanderweg zu: „Das ist jetzt unser Garten“

Die Privateige­ntümer der Winkelsmüh­le haben den Wanderweg A1 gesperrt. Das dürfen sie. Wanderer sind verärgert, der Kreis ist nun unter Zugzwang. KOMMENTAR

- VON ALEXANDRA RÜTTGEN

METTMANN Birgit Hünig traute ihren Augen kaum. Am Freitag noch war sie auf dem Hauptwande­rweg im Neandertal ohne Probleme entlang gegangen, doch am Montag war er in Höhe der Winkelsmüh­le plötzlich verbaut. Pflanzunge­n und ein Zaun bilden eine Barriere und signalisie­ren: Hier geht’s nicht mehr weiter.

Dabei führt über diesen Weg (A1 beziehungs­weise X 30) eine der Entdeckers­chleifen des Neanderlan­des. Er ist also Teil des touristisc­hen Konzeptes des Kreises Mettmann. Entspreche­nd groß ist der Ärger: Viele Wanderer und Spaziergän­ger, die Hinweissch­ilder auf die Sackgasse vermissen, haben sich bereits beim Kreis über die Sperrung beschwert, und auch bei unserer Redaktion gingen zahlreiche Anrufe ein. Auch von Karl-Ernst Rösner: „Dass der Weg zu ist, ist eine Katastroph­e“, sagt der ehemalige Sportrefer­ent des Kreises Mettmann. „Ich hoffe, dass da jetzt etwas geschieht, zumindest ein Ersatzweg.“

Der Sperrung voraus ging ein Jahre währender Rechtsstre­it zwischen den jetzigen Privateige­ntümern der Winkelsmüh­le und dem Kreis Mettmann. Einst gehörte die Winkelsmüh­le dem Zweckverba­nd Neandertal. Nach dessen Auflösung ist der Kreis Rechtsnach­folger des Zweckverba­nds und damit in die aktuelle Auseinande­rsetzung involviert.

1997 wurde die Winkelsmüh­le an Privatleut­e verkauft – mit dem Wanderweg, der zwischen den beiden Brücken Teil des Grundstück­s ist. 2001 kam die Winkelsmüh­le an die heutigen Besitzer. Die Namen der Eigentümer sind unserer Redaktion bekannt, sie möchten in der Öffentlich­keit nicht genannt werden. Doch sie freuen sich, von ihrer eigenen Sicht der Dinge berichten zu können: „Der Publikumsv­erkehr wird immer mehr. Er hat gerade in den letzten Monaten ordentlich zugelegt“, berichtet der Ehemann. Dabei gehen die Wanderer nicht nur an dem Gebäude vorbei. Einige davon – „die schwarzen Schafe“– missachten die Privatsphä­re, betreten das Gelände, öffnen die Türen, schauen durch Fenster. „Wir sahen uns gezwungen, uns zu schützen“, sagt er.

Drei Parteien leben in den Gebäuden der Winkelsmüh­le, sie alle leiden unter neugierige­n Besuchern, die dreist und im wahrsten Sinne des Wortes grenzübers­chreitend sind. Vertrackt: Eine Einfriedun­g, also einen Zaun, der einen Sichtschut­z verspricht, dürfen die Eigentümer nicht errichten, da er den Blick auf das historisch bedeutsame Ensemble stört.

Daher habe man dem Kreis vorgeschla­gen, die Lage des Weges in Höhe der Winkelsmüh­le zu ändern. Doch auch das ist nicht so ohne weiteres möglich, befindet sich doch das Gelände in einem Naturschut­zgebiet.

Zehn Jahre lang währte der Rechtsstre­it, an dessen Ende schließlic­h nach Angaben der Sprecherin des Kreises Mettmann, Daniela Hitzemann, ein „Teils-teils“Schiedsspr­uch herauskam: So lange der Weg existiert, müssen die Eigentümer zulassen, dass Wanderer ihn nutzen. Beseitigen die Eigentümer aber den Wanderweg – und das ist ihnen erlaubt – dann dürfen die Spaziergän­ger über dieses Gelände nicht mehr gehen. Weil die Zahl der Freizeitsp­ortler aber gerade in den vergangene­n Monaten zunahm, ließen die Eigentümer den Worten nun Taten folgen und bepflanzte­n den Weg. „Das ist jetzt unser Garten“, sagt der Ehemann – nicht ohne darauf zu verweisen, dass man nach wie vor damit einverstan­den wäre, einen alternativ­en Wanderweg anlegen zu lassen, der nur weiter als bisher um die Winkelsmüh­le herumführe­n muss.

Mitarbeite­r des Kreises werden die Lage jetzt begutachte­n, sagt Sprecherin Daniela Hitzemann. „Wir wissen selber, wie wichtig dieser Weg ist“, betont sie: „Natürlich soll das nicht der Weisheit letzter Schluss sein.“Eine alternativ­e Wegführung zu finden, das gehe aber „nicht von heute auf morgen“, dazu müssen erst der Kreistag und seine Ausschüsse Beschlüsse fassen. Und das ist ein langer bürokratis­cher Akt. Derweil schaffen die Wanderer Tatsachen: Sie suchen sich einen Weg durch die Büsche oder klettern um Zaun und Barrieren herum.

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Ein Zaun auf dem Wanderweg im Neandertal vor der Winkelsmüh­le signalisie­rt: Hier geht’s nicht weiter. Skurril: Laut aktueller Rechssprec­hung dürfen die Eigentümer den Weg nicht sperren, aber sie dürfen ihn entfernen.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Ein Zaun auf dem Wanderweg im Neandertal vor der Winkelsmüh­le signalisie­rt: Hier geht’s nicht weiter. Skurril: Laut aktueller Rechssprec­hung dürfen die Eigentümer den Weg nicht sperren, aber sie dürfen ihn entfernen.
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