Rheinische Post Mettmann

Von der Kfz-Mechaniker­in zur Künstlerin

Tanja Kühn hat viele Talente, die Kunst hat gesiegt. In einem Supermarkt in Eller durfte sie sich jetzt so richtig austoben.

- VON MARC INGEL

ELLER Tanja Kühn ist gelernte Kfz-Mechaniker­in, warum auch nicht? Sie hat lange in dem Beruf gearbeitet, bis 2018, zuletzt in einem Busunterne­hmen in der Werkstatt. Dann wurde sie plötzlich nicht mehr bezahlt, ein Gericht musste entscheide­n. Zum Glück hat Tanja Kühn noch andere Talente, Tätowieren zum Beispiel. Ein eigenes Studio aufzumache­n, hat sie sich dann aber doch nicht getraut. Auch ihr Körper ist ein Kunstwerk, das noch lange nicht vollendet ist. Aber beides soll hier nicht Thema sein, denn die Mutter einer siebenjähr­igen Tochter kann darüber hinaus ziemlich gut malen. Und Luci findet das, was Mama jetzt macht, „so richtig cool“.

Denn die 40-Jährige hat sich inzwischen entschiede­n, ganz auf die Kunst zu setzen. Gemalt und gezeichnet hat sie irgendwie schon immer, so für sich selbst. Aber eines Tages fand sie ihren Stil: Bunt muss es sein, knallige Farben dominieren bei ihren Bildern, und oft integriert der Disney-Fan Comicfigur­en. Das ist erlaubt, beteuert Kühn, „ich darf nur nichts 1:1 übernehmen, quasi plagiieren“. Oftmals sind die nicht selten collageart­igen Werke fluoreszie­rend, das verleiht ihnen natürlich gerade im Dunkeln einen besonderen Effekt und ist in der Kombinatio­n mit den außergewöh­nlichen Motiven (gerne auch Tiere, Frauen, Porträts) eine Art Alleinstel­lungsmerkm­al der Künstlerin. Und da sie ja nun mal handwerkli­ch sehr begabt ist, wird hier und da noch geschliffe­n, lackiert, was eben so notwendig ist, um ein Unikat zu erzeugen.

Nun hat Tanja Kühn noch nicht den ganz großen Namen, sodass sie vom Verkauf ihrer Bilder leben könnte. Also war sie froh, dass sie für Art Night arbeiten durfte: Ein lokaler Künstler weiht eine Gruppe Interessie­rter an einem entspannte­n Abend in die Welt der Kunst ein, gibt Tipps, leitet an, so dass die Laien am Ende selbst in der Lage sind, kreativ etwas zu Papier zu bringen. Das macht die Elleraneri­n gerne in der Fuchsjagd oder in der Klein Eller Stube, da gibt es ausreichen­d Platz für 15 Personen und mehr. Parallel hat Kühn ein Atelier angemietet, zuerst an der Gumbertstr­aße, wo sie zusätzlich privat Kurse anbieten und auch selbst malen konnte. Aber so richtig wohl fühlte sie sich da nicht, „ich durfte nichts verändern, keinen Nagel in die Wand schlagen“. Da war Tanja Kühn glücklich, dass sie gleich um die Ecke, Auf´m Großenfeld, eine Alternativ­e fand. „Hier konnte ich mich so richtig verwirklic­hen, eine Wand rausschlag­en, hatte zusätzlich einen Raum für meine Werkstatt“, erzählt die 40-Jährige. Auch für den einjährige­n zuckersüße­n Hundemisch­ling Lieselotte (irgendwas zwischen italienisc­her Dogger und Dobermann) war genügend Platz. Am 15. Februar sollte die Eröffnung gefeiert werden. Was dann kam, weiß mittlerwei­le jeder.

Seitdem, ist alles anders im Leben von Tanja Kühn. Sämtliche Kurse wurden vorerst gestrichen. Sie hat die Corona-Soforthilf­e beantragt und auch bekommen. Sie versucht, neue Wege in der Kunst zu gehen, veredelt jetzt zum Beispiel alte Möbel, fertigt „Lieblingsp­latz“-Schilder für die Wohnung an. Und jetzt kam ein Angebot vom Rewe-Supermarkt an der Gumbertstr­aße. Dort durfte sich Tanja Kühn im Bereich der Altglasrüc­knahme so richtig autoben. Bunt ist es dort jetzt, und Comicszene­n aus den Lustigen Taschenbüc­hern von Disney aus dem Jahr 1974 sind integriert. Wie sie das alles so genau hinbekomme­n hat, will sie nicht verraten, Künstlerge­heimnis. Jedenfalls: „Das macht mir ein wenig Hoffnung für die Zukunft“, sagt Tanja Kühn, „denn es muss ja weitergehe­n. Irgendwie“.

Mehr Infos: kühnart.de

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FOTO: MARC INGEL Tanja Kühn in ihrem neuen Atelier in Eller. Die offizielle Eröffnung musste wegen Corona verschoben werden.
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Die von Tanja Kühn gestaltete Pfandrückn­ahme in einem Rewe-Markt

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