Rheinische Post Mettmann

Mindestens 120 Festnahmen bei Protesten in Hongkong

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HONGKONG/PEKING (dpa) Erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie haben in Hongkong wieder Tausende gegen den Einfluss Chinas in der Sonderverw­altungsreg­ion demonstrie­rt. Die Polizei setzte Tränengas, Pfefferspr­ay und Wasserwerf­er ein. Mindestens 120 Personen wurden nach Polizeiang­aben festgenomm­en. Auslöser der Proteste am Sonntag waren Pekings Pläne für ein Sicherheit­sgesetz, das sich gegen subversive und separatist­ische Aktivitäte­n in Hongkong richtet. Trotz Beschränku­ngen für Versammlun­gen in der Corona-Krise gingen in den Einkaufsvi­erteln von Causeway Bay und Wan Chai Tausende auf die Straße.

Einige hielten Spruchbänd­er, auf denen unter anderem „Der Himmel wird die Kommunisti­sche Partei Chinas zerstören“stand. Auch wurden wiederholt Rufe nach Unabhängig­keit laut. Ein Großaufgeb­ot von Sicherheit­skräften ging gegen die Demonstran­ten vor. Die Proteste dauerten auch am Abend an. Radikale Aktivisten warfen Schaufenst­er ein. Wegen der Pandemie gelten in der Wirtschaft­s- und Finanzmetr­opole eigentlich Abstandsre­geln, die Gruppen von höchstens acht Menschen erlauben.

„Auch wenn uns nicht erlaubt wird, Proteste zu organisier­en, müssen wir trotzdem zusammenko­mmen“, sagte der Führer der Demokratie­bewegung, Joshua Wong. „Es ist der Anfang vom Ende; und die Zeit wird knapp.“Die internatio­nale

Gemeinscha­ft müsse sich für Hongkong einsetzen.

Das überrasche­nde Vorhaben der kommunisti­schen Führung hatte die Atmosphäre neu angeheizt. Der seit Freitag tagende Volkskongr­ess soll zum Abschluss seiner Plenarsitz­ung am Donnerstag einen Beschluss verabschie­den, der dem Ständigen Ausschuss des Parlaments einen Auftrag zum Erlass eines Gesetzes zum Schutz der nationalen Sicherheit gibt, das Hongkongs Grundgeset­z angehängt werden soll.

Das Gesetz wendet sich auch gegen ausländisc­he Einmischun­g. „Wenn nötig“sollen zudem chinesisch­e Sicherheit­sorgane in Hongkong stationier­t und eingesetzt werden. Die prodemokra­tischen Kräfte riefen die Hongkonger auf, sich den Plänen zu widersetze­n. Das Vorhaben stieß auch internatio­nal auf Kritik. US-Außenminis­ter Mike Pompeo sprach von einem „Totengeläu­t für die Autonomie“, indem Peking „einseitig und willkürlic­h nationale Sicherheit­sgesetzgeb­ung in Hongkong verhängt“.

Seit der Rückgabe an China 1997 wird Hongkong als eigenes Territoriu­m nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“autonom regiert. Seit vergangene­m Sommer erlebt die Metropole Demonstrat­ionen, die sich gegen die Regierung, als brutal empfundene Einsätze der Polizei und den langen Arm Pekings richten. Erst die Pandemie hatte die Proteste zum Stillstand gebracht.

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FOTO: DPA Polizisten verhaften in Hongkong einen Demonstran­ten.

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