„Der Lockdown war richtig“
Der neue CDU-Fraktionschef über Corona, Führungsstil, Thomas Geisel und die Stadtfinanzen
DÜSSELDORF Rolf Tups (64) ist seit März Fraktionschef der CDU im Stadtrat. Ob er es nach der Wahl wieder werden will, lässt er offen.
Herr Tups, Ihr Vorgänger Rüdiger Gutt hat Oberbürgermeister Thomas Geisel immer wieder hart attackiert. Sie halten sich öffentlich noch etwas zurück. Warum?
TUPS Nun, bislang hatte ich wegen der Corona-Krise dafür kaum eine Plattform. Das heißt nicht, dass ich den Oberbürgermeister nicht kritisiere. Dafür gibt er fast täglich Anlass.
Wie wollen Sie Ihre Rolle als Fraktionschef ausfüllen?
TUPS Wir haben eine Form gefunden, die Teamwork in den Vordergrund stellt. Wir haben in der Fraktion Menschen mit unterschiedlichen Qualifikationen, die sie auch in das politische Tagesgeschäft einbringen sollen. Das macht den Leuten auch Spaß.
Die Fraktion war bislang eher patriarchalisch strukturiert. Ihrem Vorgänger passte es nicht immer, wenn Mitglieder plötzlich in der Presse auftauchten. Wollen Sie das ändern?
TUPS Das ist so. Jeder hat andere Ansätze, die zum Erfolg führen können. Der Teamgedanke hat für die Fraktionsarbeit in meinen Augen eine besondere Wichtigkeit. Kein einzelner kann alle Sachthemen so tief durchdringen, dass er für alles sprechen kann. Deswegen sehe ich mich auch in einer koordinierenden Rolle.
Also sind Sie lieber Koordinator als einer, der die Linie vorgibt.
TUPS Ich bin Koordinator und Teamworker. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich stets klare Linien verfolgt habe. Ich denke, das wird auch positiv reflektiert.
Sie wurden bereits nach der Kommunalwahl 2014 als Fraktionschef gehandelt. Sie wollten dann lieber Bezirksbürgermeister im Linksrheinischen bleiben. Warum haben Sie jetzt Ihre Meinung geändert?
TUPS Es war damals bei mir noch nicht an der Zeit. 2014 war die Situation besonders, wir kamen aus 15 Jahren erfolgreicher schwarz-gelber Koalition. Nach der verlorenen Wahl mussten wir uns neu finden. Jetzt gab es eine besondere Situation, in der ich mich dazu veranlasst gesehen habe, Verantwortung zu übernehmen.
Für Rüdiger Gutt war es ein Schlag, von der CDU nicht wieder für den Stadtrat nominiert worden zu sein. Hatte er das verdient?
TUPS Nein. Er war ungeschickt, als es um seine Bewerbung um einen neuen Wahlkreis ging – aber seine Niederlage hat mir sehr leid getan, weil er eine sehr gute Arbeit geleistet hat. Wir möchten ihn weiter in die politische Arbeit integrieren. Politik macht man nicht nur im Rathaus. Ich habe ihn persönlich gebeten, der Partei treu zu bleiben und sein Wissen in Ausschüssen und an anderer Stelle einzubringen. Die Entscheidung liegt jetzt bei ihm.
Macht es Ihnen Spaß, Fraktionschef zu sein?
TUPS Es macht Freude. Natürlich muss man sich auch aneinander gewöhnen. Ich habe eine Art, die auch nicht jedem gefällt, weil ich sehr direkt bin. Aber insgesamt ist unsere Kommunikation sehr gut und wir arbeiten gut zusammen.
Können Sie sich vorstellen, die Fraktion auch nach der Wahl weiter zu führen?
TUPS Ich kann nichts ausschließen, aber das besprechen wir nach der Wahl.
Wo sehen Sie die größten Schwächen von Thomas Geisel?
TUPS Er geht manchmal sehr unstrukturiert an Fragestellungen heran, das war beispielsweise bei den Umweltspuren so. Er macht auch viele Alleingänge, etwa bei der Tour de France oder beim Ed-SheeranKonzert auf den Messe-Parkplätzen. Er versucht auch in der Ampel, seinen Kopf durchzusetzen. Er erleidet immer wieder Schiffbruch, weil er die Bürger und /oder die Politiker nicht mitnimmt. Geisel bietet Angriffsflächen, weil die Dinge nicht richtig koordiniert werden.
Welche Stärken hat Thomas Geisel?
TUPS Ich kann nicht leugnen, dass wir bei manchen Themen wie Flughafen oder Rheinbahn die Gesamtsituation ähnlich bewerten. Ich würde auch seine Wirtschaftskompetenz nicht gänzlich infrage stellen. Ich schätze den Menschen Thomas Geisel, beim Politiker bringe ich jedoch viele Fragezeichen an.
Wie managt der OB die Corona-Krise?
TUPS Das hätte ich mir strukturierter gewünscht. Es war ein permanentes
Hin und Her, getrieben von der Frage, was sagen Land und Bund. Nicht gut fand ich das Vorpreschen, die Gefahren durch das Virus als nicht so schlimm darzustellen, ohne das Fachwissen zu haben. Geisel hat Corona am Anfang auch nicht so ernst genommen. Anders als er halte ich es für richtig, dass es den Lockdown in dieser Weise gab.
Was würde Stephan Keller, der OB-Kandidat der CDU, anders machen?
TUPS Er hatte als Chef des Krisenstabes in Köln, gleich große Herausforderungen, die er sehr strukturiert angegangen ist. Ich stelle fest, dass einige Maßnahmen in Köln schneller und effizienter getroffen wurden.
Sollte es Reihentests in Altersheimen geben?
TUPS Ja. Mehr Tests sind eine richtige Entscheidung, auch wenn das Image einer Stadt von höheren Zahlen beeinträchtigt wird.
Die Stadt gibt 1,3 Milliarden Euro für Schulen aus. Hat die schwarz-gelbe Koalition in diesem Bereich in den Jahren 1999 bis 2014
zu wenig getan?
TUPS Nein. Wir haben 1999 eine gigantischen Renovierungsstau übernommen, die ersten Masterpläne zur Schulsanierung haben wir damals beschlossen. Die aktuellen Beschlüsse hat die CDU stets mitgetragen.
Wo muss Düsseldorf besser werden?
TUPS Wir sind eine Business-Metropole und haben einen hohen Wohlfühlfaktor sowie viel Grün. Wir sollten mehr auf Mischung achten und nicht einem Thema, etwa dem Wohnungsbau, alles andere unterordnen. Die CDU- Fraktion setzt auf eine gesunde Mischung von Wohnen, Gewerbe, auch produzierendem Gewerbe, und Grün. Die Stadt kann nicht immer weiter wachsen, sonst verlieren wir Lebensqualität. Leider passiert auch viel zu wenig in der regionalen Zusammenarbeit.
Düsseldorf steht vor finanziell schwierigen Zeiten. Hält die CDU an der Schuldenbremse fest?
TUPS Wenn es geht, ja.
Das ist eine Gummi-Antwort.
TUPS Die finanziellen Folgen der Corona-Krise erahnen wir erst jetzt langsam. Die Kämmerin erwartet 300 bis 500 Millionen Euro weniger an Gewerbesteuer-Einnahmen. Schon um liquide zu bleiben und Rechnungen bezahlen zu können, muss Frau Schneider jetzt Kredite aufnehmen. Ich bin langfristig für die Schuldenfreiheit, aber wir müssen wissen, was auf uns zukommt.
Würden Sie notfalls Schulden aufnehmen?
TUPS Ja, aber nur für Investitionen, wenn es zum Wohl der Stadt ist. Das Ziel muss dennoch wieder die Schuldenfreiheit sein, weil sie uns große Spielräume beschert.
Es gab mal eine Sparkommission. Von der hört man aber nichts mehr.
TUPS Wir haben mehrfach reklamiert, dass sie tagen soll. Wir haben davon nichts mehr gehört, vielleicht sieht Herr Geisel keinen Bedarf.
Glauben Sie, dass sich Düsseldorf in den nächsten Jahren eine neue Oper leisten kann?
TUPS Nur weil es eine Krise gibt, stellen wir das Denken und Planen nicht ein. Es kann sein, dass wegen Corona Projekte verschoben werden. Ich denke, wir sollten das Thema Oper angehen, aber es wird nur mit privater Beteiligung und einer intelligenten Finanzierung gehen.