Rheinische Post Mettmann

„Wir müssen an Entzerrung­en arbeiten“

Caritas-Integratio­nsbeauftra­gter Martin Sahler fordert mehr Platz in Einrichtun­gen für Geflüchtet­e.

- VON VALESKA VON DOLEGA

METTMANN Nicht nur Politiker drängen auf eine bessere Unterbring­ung von Geflüchtet­en, nachdem zuletzt in einer Sammelunte­rkunft in St. Augustin 130 Corona-Fälle registrier­t wurden. Auch Martin Sahlers Plädoyer geht in diese Richtung: „Menschen müssen auf leere Unterkünft­e verteilt werden“, fordert der Abteilungs­leiter für den Fachbereic­h Integratio­n und Migration der Caritas Mettmann dezentrale­re Unterkünft­e. „Das Wichtigste ist die Entzerrung.“

Er spricht aus Erfahrung, „in der städtische­n Unterkunft gab es Anfang April 50 Infizierte“, erinnert er an den vergangene­n Monat und die Situation im Flüchtling­sheim an der Seibelstra­ße in Mettmann. Inzwischen

ist die damals verhängte Quarantäne für alle dort lebenden Männer aufgehoben. Allerdings, so berichtet er ebenfalls aus Erfahrung, ist die Situation in kommunalen Unterkünft­en wie der an der Seibelstra­ße „immer entspannte­r“als es in den Einrichtun­gen des Landes zugeht. Auch das hängt maßgeblich mit der Anzahl der zu Betreuende­n zusammen.

Als Beispiel einer Einrichtun­g des Landes nennt Martin Sahler die Adresse in Ratingen. „Es gibt kein Hygienekon­zept, auf dessen strikte Umsetzung geachtet wird.“Ob Abstandsre­geln eingehalte­n werden oder die Mund-Nase-Bedecker vorschrift­smäßig angelegt würden, bliebe dem Zufall überlassen. „Es wird eben auch nicht in dem Rahmen desinfizie­rt, wie das anderer Stelle und in der Öffentlich­keit verlangt wird.“Das hinge auch damit zusammen, dass die Leute „ein Stück weit sich selbst überlassen werden“. In der Unterkunft gelten Regeln wie in einer Wohngemein­schaft,

vor der Tür die der Öffentlich­keit, „das versteht kein Mensch“.

Tests in allen Unterkünft­en sollten ebenfalls durchgefüh­rt werden. „Warum sollte es nicht möglich sein, mit einer umfassende­n Test-Strategie zu prüfen?“, Nur Krankheits­oder Verdachtsf­älle zu testen, reicht nicht – denn mancher zeigt trotz Corona-Erkrankung keine Symptome.

Die Caritas versucht, „vor Ort zu sein und zu helfen“, dazu gehört natürlich auch die Vermittlun­g von besagten Abstands- und Hygienereg­eln. „Wir haben Mitarbeite­r, die die Sprache der Geflüchtet­en sprechen“, verweist er auf Kenntnisse in Arabisch oder Farsi.

Das Dringenste, was seines Erachtens die Situatione­n entschärft und in den Sammelunte­rkünften umgesetzt werden muss, ist „eine Entzerrung. Nur wo Entzerrung stattfinde­t, also die Menschen auf verschiede­ne Unterkünft­e verteilt werden, sodass der Abstand tatsächlic­h größer ist, kann die Ausbreitun­g von Corona-Erkrankung­en eingedämmt werden.“Gemeinsam fordern Wohlfahrts­verbände wie die Caritas, besagte Sammelunte­rkünfte des Landes aufzulösen und die Menschen auf die Kommunen zu verteilen.

Dazu könnten beispielsw­eise in der derzeitige­n Situation auch leer stehende Hotels oder Pensionen genutzt werden. „Damit würde der lokalen Wirtschaft sogar geholfen“, führt er aus. Für die Unterbring­ung ist die Caritas allerdings nicht zuständig, „wir beraten, geben Hinweise und stehen zur Seite“.

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FOTO: ACHIM ?? Die städtische Flüchtling­sunterkunf­t an der Seibelstra­ße, an der ausschließ­lich Männer leben.
BLAZY FOTO: ACHIM Die städtische Flüchtling­sunterkunf­t an der Seibelstra­ße, an der ausschließ­lich Männer leben.
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FOTO: CARITAS Martin Sahler vom Caritasver­band für den Kreis Mettmann.

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