Merkels deutliches Zeichen an Putin
Besuche ausländischer Regierungschefs bei der Kanzlerin gibt es häufig. Oppositionsführer kommen dagegen seltener. Dass Angela Merkel die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja zu einem Gespräch trifft, ist ein deutliches Zeichen der Wertschätzung und der Unterstützung im Kampf gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko. Und es ist eine weitere klare Ansage an Russland und den Kreml.
Es hat sich viel getan im Verhältnis der Kanzlerin zu Russland und Präsident Wladimir Putin. Die deutsche Regierungschefin ist nicht bekannt dafür, kräftig auf den Tisch zu hauen. Doch mit Blick auf Russland hat Merkel ihre Faust zuletzt nicht nur in der Tasche geballt. Sie fand im Fall des vergifteten russischen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny klare und deutliche Worte.
Bereits mit dem Angebot, Nawalny in Deutschland behandeln zu lassen, hat die Kanzlerin Rücksichten gegenüber Putin fahren lassen. Der kolportierte Besuch der Kanzlerin am Krankenbett wertet Nawalny als politischen Akteur weltweit auf. Merkel pflegte immer ein zwar kühles, aber durchaus sachliches Verhältnis zu Putin. Ohne Russland geht es nun mal nicht, lautete das Credo der Arbeitsbeziehung.
Doch wichtig ist jetzt, die Ankündigungen nicht im Raum stehen zu lassen. Die Gaspipeline Nord Stream 2 darf für Deutschland nicht sakrosankt sein – über den Fortbestand muss notfalls verhandelt werden.
Der Mut der Menschen, insbesondere der Frauen, in Belarus ist beeindruckend. Es ist gut, dass das politische Berlin der Bürgerrechtsbewegung den roten Teppich ausrollt. Den letzten Diktator aus Europa zu vertreiben braucht einen langen Atem – und weitere unmissverständliche Signale aus Berlin in Richtung Minsk und Moskau.
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