Gesetze sind auch für die Exekutive
Das OVG weist die Landesregierung wegen Sonntagsöffnungen zurecht.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster genießt eigentlich hohes Ansehen – auch in der Landesregierung. Zu seinem 70. Bestehen im vergangenen Jahr brachte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) seinen Respekt deutlich zum Ausdruck: Die Verwaltungsgerichtsbarkeit habe sich in NRW zu einer „durchgängigen Erfolgsgeschichte“entwickelt. Sie biete Rechtsschutz, „wie es ihn zuvor in Deutschland nicht gegeben hat“. Anteil daran habe der Amtsermittlungsgrundsatz, der Bürgern zugutekomme, wenn sie Rechtsschutz suchten vor der manchmal „übermächtig wirkenden staatlichen Gewalt“.
KIRSTEN BIALDIGA
Zuletzt aber hat sich das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative deutlich abgekühlt. Streitpunkt sind Sonntagsöffnungen der Geschäfte, die die Landesregierung zu besonderen Gelegenheiten wie im Advent, erlauben will. Doch schon vor Coronazeiten hatte das OVG dieses Ansinnen mit schöner Regelmäßigkeit abgeschmettert. Gänzlich unbeeindruckt unternahm die Landesregierung trotzdem immer wieder neue Anläufe. Dies veranlasste das OVG nun zu einer Zurechtweisung, wie sie in dieser Form in Deutschland zum Glück selten ist: Es entspreche nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen, „wenn das zuständige Landesministerium an einem Erlass festhalte, der fortlaufend weitere Städte und Gemeinden zu verfassungswidrigen Entscheidungen verleite und viele davon abhalte, offenkundig rechtswidrige Verordnungen von sich aus aufzuheben.“Kurz darauf äußerte das OVG auch erhebliche Zweifel an der Gültigkeit der nun geplanten Sonntagsöffnungen in der Weihnachtszeit. Es stützt sich dabei auf das Bundesverfassungsgericht. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um die Frage, ob Sonntagsöffnungen in Coronazeiten ein gutes Mittel sind, um die Wirtschaft anzukurbeln, ohne gleichzeitig die Bevölkerung zu gefährden. Es geht um die Frage, ob sich eine Landesregierung an Gesetze hält.